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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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mehr als eine einfache Sammlung von ungeraden Linien und Farben gewesen. Aber im Laufe der Jahre wurden Matties Werke komplexer und präziser. Ermutigt von ihrer Mutter lernte sie, mit Gefühl zu malen und ihre Hoffnungen, ihre Liebe und ihr Glück in alles zu legen, was sie auf dem Papier zum Leben erwecken wollte.
    Mattie blickte aus einem Fenster auf das Chaos unter ihnen, das man Tokio nannte. Die Stadt war eine unendliche Ansammlung von beweglichen Teilen. Sie sah Züge auf hohen Gleisen vorbeifahren, Tausende von Leuten in einem breiten Strom vorbeiziehen und Lichter in allen Farben, die blinkten, pulsierten und lebendig zu sein schienen. Plötzlich vermisste Mattie ihr Zimmer. Sie war desorientiert hier in Japan, und selbst mit ihrem Vater an ihrer Seite fühlte sie sich allein.
    »Papa?«, fragte sie.
    »Ja, Schatz?«
    »Glaubst du, dass Mami uns wirklich sehen kann? Obwohl hier so viele Leute sind?«
    Ian spitzte die Lippen, denn sie sprach seine eigenen Zweifel aus. »Deine Mutter hat dich immer gesehen, Ru. Sie hat immer über dich gewacht.« Er trank von seinem Wasser und versuchte, seine Stimme ruhig zu halten, während Erinnerungen an Kate ihn überfluteten. »Eines Abends, nur wenige Monate nach deiner Geburt, kam ich ziemlich spät von der Arbeit nach Hause. Du lagst in deinem Bettchen, und sie schlief auf dem Boden und hatte den Arm durch die Gitterstäbe des Betts geschoben, um deine Hand zu halten. Ihr beide saht aus wie zwei Engel.«
    »Wirklich?«
    »Ihr wart zwei Engel.«
    »Hast du ein Foto gemacht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich war schon an Tausenden von Abenden meines Lebens ein Idiot, und der gehörte dazu.« Als er sah, dass Mattie sich zusammenkauerte, so als wäre ihr kalt, rückte er seinen Stuhl näher an ihren heran. Sie trug ein T-Shirt mit einer ihrer frühen Zeichnungen darauf – ein Shirt, das Kate bestellt hatte –, und es war wunderschön, wärmte jedoch nicht wirklich. »Ich bin ganz sicher, dass deine Mutter dich auch jetzt gerade sieht«, sagte Ian und legte den Arm um sie.
    »Ich vermisse sie so sehr.«
    »Ich weiß. Ich vermisse sie auch.«
    Mattie griff nach seiner freien Hand, und eine Träne lief über ihre Wange. »Papa, werde ich … immer traurig sein?«
    Er wischte die Träne weg. »Nein, Schatz. Das wirst du nicht. Deshalb hat deine Mutter uns gebeten, diese Reise zu machen. Sie will, dass wir wieder so lachen wie früher. Du erinnerst dich doch daran, wie du gelacht hast, oder? Wir haben früher so viel gelacht.«
    »Ich erinnere mich.«
    Ian beugte sich vor und küsste eine Sommersprosse auf ihrer Nase, sah Teile seiner Frau in seiner Tochter. »Wirst du versuchen, mit mir zu lachen? So wie deine Mutter es wollte?«
    »Das hat sie wirklich gesagt? Dass sie will, dass ich lache?«
    »Das hat sie geschrieben. In ihrem Brief an mich.«
    Mattie versuchte, sich an das Lächeln ihrer Mutter zu erinnern. »Aye, aye, Captain, ich werde lachen.«
    Er drückte ihre Schulter. »Das ist mein Erster Maat. So ist es gut. Lass uns ganz viel Spaß zusammen haben, so wie früher, so wie wir es immer haben werden.«
    Sie griff nach einem Teller, auf dem dünne Gurkenscheiben lagen. »Kannst du mir eine Geschichte erzählen? Über dich und Mami in Japan?«
    »Etwas Lustiges?«
    »Nein. Erzähl mir von etwas Gutem, das sie getan hat. Wie sie jemandem geholfen hat.«
    Ian nickte und ging seine Erinnerungen durch. Er nahm sich einen Teller mit Thunfisch, rührte den perfekt geschnittenen Fisch jedoch nicht an. »Eines Tages, Schatz, sind deine Mutter und ich mittags in einer Unterrichtspause nach draußen gegangen, um etwas zu essen. Wir waren mitten in Kyoto, in der Nähe des Bahnhofs.«
    »Und was ist passiert?«
    »Das erzähle ich dir sofort, Ru. Aber zuerst probierst du diese Gurken.«
    »Erzähl es mir.«
    Er benutzte die Stäbchen, um ihr eine Gurkenscheibe in den Mund zu legen, und fand, dass ihre Lippen in den letzten Monaten voller geworden waren. »Du weißt ja, Schatz, dass deine Mutter immer gerne Leuten geholfen hat«, sagte er und tauchte ein Stück von seinem Thunfisch in Sojasauce. »Leuten, die sich nicht selbst helfen konnten. Und wir waren da draußen, an diesem wunderschönen Tag, und da war ein obdachloser Mann, und er war betrunken, so schlimm, dass er nicht mehr stehen konnte. Na ja, eine Menge Leute standen um ihn herum, und drei Geschäftsleute fingen an, den Mann zu drangsalieren. Die Idioten lachten über ihn, verhöhnten ihn, traten gegen seine Tasche.

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