Ich bin an deiner Seite

hatte, sprang er darauf zu und schlag die Arme darum. Seine Haut riss an verschiedenen Stellen auf, aber er war fest entschlossen. Stöhnend zog er sich hoch und schwang ein Bein über den Ast, drehte sich, sodass er daraufsaß. Dann robbte er vorwärts, bis er den Stamm erreichte, und kletterte nach oben. Es machte ihn glücklich, als würde er Kate immer näher kommen. Und er stieg höher und höher, bis der Baum unter ihm schwankte und entfernte Lichter auf dem Roten Meer wie Glühwürmchen leuchteten.
    Wind kam auf und bewegte die Blätter, ließ sie flüstern, den Baum lebendig werden. Er beobachtete die Sterne, das Entstehen von Welten. Er dachte daran, dass Mattie unter ihm schlief, daran, dass sie noch mehr Gipfel und Täler, Meere und Bilder erforschen würden. Sein Leben war nicht vorbei, das wusste er, obwohl er das lange befürchtet hatte. Auf so viele Arten war er wie dieser Baum, dessen Vorfahren vielleicht Moses beschattet hatten. Der Baum war an vielen Stellen verletzt, hatte Stümpfe dort, wo Äste gewesen waren, und Risse in dem früher glatten Holz. Doch der Baum war zweifellos am Leben, und er gab dem Leben Raum. Insekten krabbelten über ihn. Ein Vogelnest war in der Nähe. Der Baum wusste immer noch, wie man im Wind singt.
    Ian fand einen Spalt im Stamm, in dem alte Blätter und eine feine Sandschicht lagen. Der Sand musste hineingelangt sein, bevor das Hotel gebaut wurde, als Stürme die Wüste zum Roten Meer getrieben hatten. Vorsichtig, um den Sand nicht zu stören, schob Ian seine Nachricht in den Spalt. Den alten Sand zu sehen und Kate eine Nachricht zu hinterlassen fühlte sich heilig an. Zu keinem Zeitpunkt seit ihrem Tod hatte er sich Kate näher gefühlt als jetzt. Er glaubte an den Wunschbaum. Er glaubte, dass sie ihn sehen konnte und dass sie die Worte, die er geschrieben hatte, lesen oder hören oder irgendwie spüren konnte. Sie hatte von den Toten zu ihm gesprochen – ihn hierher geführt, an einen Ort, wo er neu auferstehen konnte, wo der Nil floss, Jahrtausend nach Jahrtausend, und Schlick und Nässe in Erde trug, die Leben in die Wüste brachte, an einen Ort der Erinnerungen, der Geschichten, der Dynastien, die weiter entdeckt und gefeiert werden würden.
    Der Fluss floss noch immer, sein Wasser noch nicht versiegt, seine Geschichten noch nicht ganz erzählt.

Hongkong
    Das Lächeln von Fremden
    Ein Vogel singt nicht, weil er eine Antwort hat.
Ein Vogel singt, weil er ein Lied kennt.
Chinesisches Sprichwort
    Ein alter Mann nahm seine dicke Brille ab, rieb sie an seinem Hemd und lehnte sich dann auf der Bank zurück. Er kam seit seiner Kindheit in den Park, und obwohl die Stadt darunter sich verändert hatte, war der Park derselbe geblieben. Die Felsen waren dieselben, genauso wie die breite Wiese, das Lachen der Kinder, das Gefühl der Sonne auf seiner Haut.
    Genau wie so oft während der vergangenen anderthalb Jahre beobachtete der alte Mann eine westliche Familie, deren Sprache er nicht verstand, aber deren Gesichter ihm vertraut waren und die er gerne ansah. Die Familie saß auf einer Picknickdecke und genoss den Tag. Ein Mädchen mit hellbraunen Haaren lag auf dem Bauch und malte in einem Skizzenblock. Ein anderes Mädchen, ungefähr genauso alt, lachte mit einem dunkelhäutigen Jungen, der erst seit kurzem dabei war.
    Der alte Mann verstand das Auftauchen des Jungen nicht, der so anders aussah als die Mädchen und der Mann und die Frau, die oft Hand in Hand gingen. Der Junge saß immer nah bei den Mädchen und spielte mit ihnen, als wären sie Geschwister, obwohl sie nicht miteinander verwandt sein konnten.
    Während die Sonne höher stieg, beobachtete der alte Mann weiter die Familie, hatte Teil an ihrem Glück und genoss es, ihnen zuzusehen, und er erinnerte sich an seine eigenen Brüder und Schwestern.
    Der Vater holte einen Fußball aus seinem Rucksack, und bald liefen er und die Frau hinter dem Ball her und die Kinder rannten und lachten, traten gegen den Ball, fielen hin und kicherten und brachten den alten Mann zum Lächeln, immer wieder.

Nachbemerkung
    Liebe Leser,
    ich möchte mir einen Moment Zeit nehmen und Ihnen dafür danken, dass Sie Ich bin an Deiner Seite gelesen haben. Es gibt unzählige wundervolle Bücher, die Beachtung verdienen, und Sie haben sich die Zeit genommen, mein Buch zu lesen. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen.
    Ich bin an Deiner Seite tritt in die Fußstapfen meines dritten Buchs, Dragon House, und ich möchte Sie gerne über die