Ich bin an deiner Seite
nicht aufhören zu weinen, die Tränen liefen ihr über die Wangen und fielen neben einen Fleck auf ihrem Fußball-T-Shirt. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, als würde ihre Mutter sie umarmen. Sie schaukelte vor und zurück und weinte, während sie immer noch versuchte, sich ihre Mutter in glücklicheren Zeiten vorzustellen.
Plötzlich kniete ihr Vater vor ihr, zog sie an sich und küsste die Tränen von ihren Wangen. »Schsch«, sagte er leise. »Schon gut.«
»Nein.«
»Lass mich dich halten.«
»Es ist nicht gut.«
»Ich bin da.«
»Aber, Papa … ich kann mich nicht erinnern. Ich will mich nicht erinnern.«
»An was erinnern?«
»An ihr Gesicht. Ich sehe nur die Schläuche. Am Ende.«
Ian küsste ihre Stirn, ihre Augen. Er machte sich Vorwürfe, weil er Mattie Kate an ihrem letzten Tag hatte sehen lassen. Das war ein Fehler gewesen. Mattie hatte sich verabschieden wollen, war jedoch in Tränen ausgebrochen, als sie Kates fast leblosen Körper sah. Es war kein Abschied gewesen, sondern ein schreckliches Erlebnis für alle Beteiligten. Die Schläuche und Nadeln waren Folterinstrumente.
»Ich will sie nicht immer so vor mir sehen«, fügte Mattie hinzu und klammerte sich an ihrem Bild fest.
»Ganz ruhig, Schatz«, sagte Ian. »Ganz ruhig.«
»Ich will das nicht mehr denken!«
»Und das musst du auch nicht«, erwiderte er und wischte ihr die Tränen weg, zog sie auf seinen Schoß.
»Aber das ist alles, was ich sehe! Wie sie im Bett liegt, mit den Schläuchen und ganz roten und müden Augen.«
Ian drückte sie gegen seine Brust und versuchte, seine eigene Trauer zu unterdrücken. Der Anblick seiner weinenden Tochter schmerzte ihn. Nichts tat ihm mehr weh, als Mattie in Tränen aufgelöst zu sehen. Ein junges Herz, dachte er oft, sollte nicht so viel Schmerzen aushalten müssen – besser, er nahm diese Schmerzen auf sich. Aber er wusste nicht, wie er ihr das Unglück abnehmen konnte, deshalb hielt er sie einfach fest und tröstete sie.
»Komm, ich zeige dir was«, sagte er, hob sie hoch und trat zum Tisch, wo seine Brieftasche lag. Er setzte sie auf einen der Stahlstühle, öffnete die Brieftasche und suchte darin, bis er ein Foto mit Eselsohren herauszog, auf dem Kate in ihrer Hängematte lag. Er hatte das Bild nur wenige Wochen vor Matties Geburt gemacht, und Kates Bauch wölbte sich unter ihrem Sommerkleid. Auf ihrem Gesicht, das Matties auf so viele Arten ähnlich war, lag ein breites Lächeln. Ihre Augen waren auf Ian gerichtet, und ihre Hand lag auf ihrem Bauch.
Ian gab Mattie das Foto. »Deine Mami hat es geliebt, mit dir schwanger zu sein. Die meisten ihrer Freundinnen waren, um ehrlich zu sein, nicht so wild auf die Erfahrung. Aber sie liebte es.«
»Wirklich?«
»Sie fand deine Tritte toll, weil sie so kräftig waren. Deshalb habe ich dir den Spitznamen ›Ru‹ gegeben. Ich hatte so viele Kängurus unten in Australien gesehen. Und du hast mich an sie erinnert.«
»Aber, Papa, ich kann mich nicht erinnern, wie Mami so ausgesehen hat. So glücklich. Ich sehe nur die Schläuche.«
»Du musst es versuchen und …«
»Ich versuche es.«
Ian küsste ihre Stirn, und sein Daumen machte die Tippbewegungen auf einem Blackberry, das er nicht länger besaß. Er wünschte, er hätte gewusst, was er sagen sollte, so wie Kate es irgendwie immer gewusst hatte. »Manchmal passiert mir das auch«, sagte er und küsste Mattie erneut. »Dann sehe ich die Schläuche. Aber dann hole ich dieses Foto heraus und sehe es mir an, und so erinnere ich mich dann an sie.«
»Ja?«
»Ich erinnere mich noch, wie müde sie an dem Tag war und dass sie sich ausruhen musste. Es war ein warmer Frühlingstag. Es war wirklich schön. Ich holte die Hängematte raus, stellte sie auf unsere kleine Terrasse, und sie legte sich hinein, um ein bisschen zu lesen. Ich überraschte sie mit der Kamera, und als sie lächelte und ihre Arme um dich schlang, machte ich das Bild. Und wann immer ich mich daran erinnern will, wie sie wirklich war, nehme ich das Foto raus und sehe es mir ganz genau an.«
»Aber ich habe kein …«
»Nimm dieses, Schatz. Wir kleben es hinten auf deine Zeichnung. So kannst du dir immer beide ansehen.«
Mattie schüttelte den Kopf. »Aber dann hast du es doch nicht mehr.«
»Wir teilen es uns, Ru. Du und ich. Wie alles andere.«
»Es macht dir nichts aus?«
»Kein bisschen.«
Sie umarmte ihn und legte ihr Kinn auf seine Schulter. »Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Mir war kalt. Und
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