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Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hape Kerkeling
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Schlimmste haben Sie geschafft! Der Gipfel ist nicht mehr weit.« Ich bedanke mich von Herzen und kann es mir nicht verkneifen, dem Widder gute Besserung zu wünschen. So braust das Auto weiter, während ich im Nebel erfolgreich nach Wegweisern fahnde. Durch die Verschnaufpause fühle ich mich wieder halbwegs gewappnet für den Weg nach Spanien und will mir daraufhin einen Schluck Wasser gönnen. Beim Griff nach meiner Wasserflasche muss ich jedoch feststellen, dass mir diese im Auto aus dem Rucksack gerutscht sein muss. Großartig! Es regnet in Strömen und ich hab das Gefühl zu verdursten.
    Nach unzähligen weiteren kleinen Aufstiegen – die Luft wird da oben schon etwas dünner – komme ich an die berühmte Rolandsquelle, ganz in der Nähe der offenen spanischen Landesgrenze, dorthin, wo Ritter Roland sich so wacker, aber erfolglos gegen die Basken – oder waren es die Mauren? – geschlagen hat. Schon Karl der Große soll aus der Quelle getrunken haben. Für solche historischen Spitzfindigkeiten habe ich jetzt allerdings wenig Sinn – ich habe Durst. Frei nach Brecht kommt erst das Trinken, dann die Bildung. Im Lauftempo hoppele ich zu dem Brunnen, während mein Rucksack fröhlich auf und ab schunkelt und noch viel stärker an meinen armen Schultern zerrt. Schon sehe ich mich meinen Durst stillen und drücke beinahe feierlich den schicken goldenen Hahn der Rolandsquelle und – nichts passiert! Kein Wasser!
    Ich versuche es mehrmals, aber die Quelle scheint versiegt.
    Sturzbäche fließen links und rechts an mir vorbei. Rot, matschig und modderig. Aber kein Wasser in der Quelle.
    Mein Reiseführer weiß indes zu berichten, dass dies die einzige Trinkwasserquelle auf der gesamten Etappe ist, dass Roland, der Paladin Karls des Großen, hier von den Sarazenen – ah, den Sarazenen! – brutal gemeuchelt wurde und dass mich auf Grund der schlechten Witterung noch mindestens viereinhalb Stunden Fußmarsch erwarten. Fantastisch! Heute ist definitiv mein Tag! Ich bin wütend. Kann mir nicht verdammt noch mal jemand ’n Klempner schicken?
    Da höre ich plötzlich ein allmählich sich näherndes Motorengeräusch. Und aus dem Nebel taucht am Berghang oberhalb der Quelle ein kleines Feuerwehrauto auf. Keine Halluzination!
    Zwei gut gelaunte Feuerwehrmänner steigen aus und tapern durch den Nebel langsam zu mir herunter. »C’est tout bien, monsieur?« Sie erkundigen sich netterweise nach meinem Befinden. Meine Antwort kommt prompt und wer so großen Durst hat, der kann auch gut Französisch: »Mir geht es bestens, aber der Wasserhahn der historisch bedeutsamen Rolandsquelle ist defekt. Sie werden es kaum glauben, aber da ist kein Wasser mehr drin!« In Nullkommanix, wie halt die Feuerwehr so ist, bringen sie zwar den Hahn nicht dazu, Wasser zu spucken, aber durch eine gemeinsame Kraftanstrengung gelingt es ihnen, hinter der Quelle einen Schlauch aus dem Erdboden zu reißen und ich kann endlich saufen!
    Mindestens zwei Liter lasse ich in mich hineinlaufen. Danach reparieren die Jungs alles wieder beziehungsweise sie machen den Brunnen wieder funktionsuntüchtig; so wie er halt vorher war!
    Heute war ich sicher der Einzige, der hier getränkt wurde. Und dann sprudelt die Frage förmlich aus mir heraus: »Was um Himmels willen machen Sie denn bei diesem Sauwetter hier oben?«
    Der kräftigere der Feuerwehrmänner erklärt mir mit einem Lächeln: »Gar nichts. Meinem Kumpel ist bloß schlecht geworden. Gestern hatten wir den großen Feuerwehrball in Saint-Jean-Pied-de-Port und er hat zu viel getrunken und nun müssen wir alle zehn Minuten anhalten, weil der Kollege sich übergeben muss.« So schnell wie die Feuerwehr-Fata-Morgana gekommen ist, verschwindet sie auch wieder in der Nebelwand.
    Mensch und Tier scheint es hier wohl öfter schlecht zu gehen und mir kommt es auf mysteriöse Art zugute. Zum zweiten Mal bin ich heute dankbar.
    Die Feuerwehrmänner waren Franzosen, was bedeutet, dass ich also noch nicht mal in Spanien bin und der längste Teil des Wegs noch vor mir liegt. Beschwingt marschiere ich weiter durch den immer dichter werdenden Wald und über Berge, von denen ich nur vermuten kann, dass es sie gibt. Der Himmel will und will nicht aufreißen.
    Nach drei weiteren quälenden Stunden Fußmarsch werde ich endgültig lauffaul, habe aber noch locker zwei Stunden auf den Beinen vor mir, denn der Regen wird immer stärker und ich immer schwächer. Mittlerweile bin ich so langsam geworden, dass

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