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Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hape Kerkeling
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hoffe nicht, dass es sich um Geier handelt, die in mir fette Beute sehen. Schön, dass ich ornithologisch nicht ganz auf der Höhe bin, so kriege ich auch mal zwölf Adler zu sehen!
    Tja, und nach dem dritten Höhenweg mit schier unbeschreiblicher Fernsicht sind auch, grüß Gott, meine Knieschmerzen wieder da. Hölle! Tut das weh!
     
     
    Ein Hauch von Mosel und Ostsee im Baskenland  
     
    Und mich befallen wieder Zweifel, ob ich als pummelige Couch potato wirklich gut daran tue, mal eben in Badelatschen die Pyrenäen zu überqueren. Dreißig Kilometer am Tag zu marschieren ist eben keine Kaffeefahrt. Mal geht’s besser mit dem Knie, dann wieder schlechter. Gepeinigt von stechenden Knieschmerzen muss ich mein Lauftempo notgedrungen drastisch reduzieren. Zumal ich statt in ordentlichem Schuhwerk in Gummipuschen herumlatsche. Da guckt dann schon mal der eine oder andere baskische Bauer belustigt aus der Wäsche, wohl wissend, dass das Meer schlappe zweihundert Kilometer entfernt liegt.
    Irgendwann komme ich dann endlich wieder in ein Örtchen, dessen Herz aus einer kleinen Kneipe besteht. Ich genehmige mir Speis und Trank und kann ein paar Vorräte bunkern. Bananen, Wasser und Brot.
    Gestärkt wandere ich weiter und wundere mich nach einer guten halben Stunde über die Leichtigkeit meines Schritts. Irgendetwas fehlt. Ein Geräusch! Das schürfende Klackern meines Pilgerstabes auf dem Asphalt ist verschwunden. Na prima. Ich habe ihn in der Kneipe stehen lassen. Sofort trabe ich im Eilschritt zurück, um ihn zu holen, denn ohne meinen Stock ist jeder Abstieg unmöglich und... irgendwie fehlt mir der Knüppel auch.
    Unter sengender Hitze verlassen mich dann kurz darauf wieder die Kräfte und ich bin drauf und dran, den soeben wiedergefundenen Pilgerstab ins Korn zu werfen. Was tue ich hier? Bin ich noch gescheit? Wenn mein Hausarzt wüss te, wie ich mich vollends übernehme! Badelatschen habe ich schon an, also wieso fahr ich nicht ans Meer?
    Aber ich zwinge mich, anders zu denken, und so rede ich mir gut zu: »Lauf einfach weiter, Dicker! Es wird schon gehen.«
    Nach einiger Zeit erreiche ich einen alten Weiler mit einer riesigen hölzernen Viehtränke, die im Schatten eines großen Baumes vor sich hin plätschert. Ständig fließt frisches, eiskaltes Quellwasser nach. Ich stecke meinen Kopf in das Wasser und fühle mich um Jahrzehnte verjüngt. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass weit und breit niemand zu sehen ist, ziehe ich mich flott aus und nehme ein Ganzkörperwannenbad. Doch gut, dass ich Badelatschen dabei habe! Langsam schrumpfen meine geschwollenen Knöchel und Knie wieder auf Normalgröße zurück.
    Natürlich kommen ausgerechnet jetzt doch Pilger vorbei. Zwei deutsche Damen im gesetzten Alter, ich vermute pensionierte Studienrätinnen, deren Wasserflaschen glücklicherweise noch bis zum Anschlag gefüllt sind, sodass sie nicht auf mein Badewasser angewiesen sind. Etwas pikiert setzen sie sich neben mich und können sich dann aber doch ein breites Grinsen nicht verkneifen. Ich tue so, als wäre ich Franzose, und hüpfe mit einem: »Ça va?« aus der Tränke. Die Damen ziehen weiter und ich gönne mir eine Zigarette und eine Banane mit Brot. Teile des Badewassers gieße ich in meine Wasserflasche, auf die ich jetzt besonders gut aufpasse. Die ist genau so wichtig wie der Wanderstab.
     
     
    In dieser hölzernen Viehtränke saß der »Franzose« und rief den Damen »Ça va?« zu.  
     
    Meinen elf Kilo schweren Rucksack könnte ich eigentlich getrost mal vergessen! Elf Kilo!! Dabei ist gar nicht so viel drin. Eine lange Hose, die kurze trage ich heute, zwei Hemden, zwei T-Shirts, mein feucht-fröhliches Regencape, ein Pullover und je zwei Unterhosen und zwei Paar Socken, ein Reisenessesär, Rei in der Tube – denn ich habe ja jetzt täglich auch noch Waschtag –, Blasenpflaster,Wundspray, Sonnencreme, mein Handy, Geld, eine Isomatte, ein Schlafsack, ein Handtuch, ein etwas dickeres Buch, mein klammer Reiseführer und mein Powermüsliriegel für Notfälle. Und alles das wiegt zusammen mit dem Trinkwasser eben elf Kilo.
    Meine Wanderschuhe sind inzwischen sonnengetrocknet, also bin ich bereit und mache mich auf zu dem auf über 800 Meter Höhe gelegenen Erro-Pass. Zweieinhalb Stunden geht es fast nur bergauf. Das findet mein Körper gar nicht witzig, aber die Schmerzen sind erträglich. Zwischendurch gönne ich mir immer wieder ein Päuschen und ein Zigarettchen.
    Mein Wanderbuch hat eine deutliche

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