Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)
Türrahmen.
Soeben war Burgmester dabei, Öl zu erhitzen, es zischte, als er Speck anbriet , was Oliver sofort roch. Speck! Das geheime Gewürz. Das Mädchen hing völlig bewegungslos in ihren Seilen. Den Kopf von Franco hatte man weggeschafft, auch seinen Körper. Eben wischte der Hüne die Blutreste von den Fliesen, eine vergebliche Bemühung, denn die roten Flecken waren überall. Er stellte den Wischer weg, kam zu Oliver und legte eine Pranke auf dessen Schulter. »Alles klar, Kurzer?«
Oliver nickte wie ein mechanisches Spielzeug.
»Dann bring’s zu Ende. Der Maître wartet. In vierzig Minuten ist die Show beendet und in einer Stunde erwarten die Gäste erste kulinarische Ergebnisse. Wir beginnen mit einem Salat. Du musst das Kind unbedingt jetzt schlachten.«
Erneut nickte Oliver.
Alles war zu spät. Es gab keinen Ausweg. Und vermutlich würde man ihn töten, nachdem er das Mädchen umgebracht hatte. Würde ihn zerstückeln und irgendwo vergraben oder in einer Tiefkühltruhe aufbewahren für ein weiteres Menü, für das die Gäste dann weniger bezahlen mussten. Sein Leben war vorbei. Die Türen waren groß, schwer und aus Stahl. Feuerschutztüren nannte man die. Draußen wurde das Gebäude bewacht. Er war die Maus in der Falle.
Er würde Mama und Papa nie mehr wiedersehen.
Wie schön wäre es gewesen, er hätte weinen können.
50
Will war betrunken.
Nach langer Zeit wieder, obwohl er sich geschworen hatte, nie wieder Alkohol anzufassen.
Nun, er war nicht sehr betrunken, lediglich angeheitert. Er saß auf dem Küchenstuhl und starrte vor sich hin. Er stand auf und checkte seine Mails. In diesem Monat schon der dritte Verlag, der ihm ein Angebot über die Vertonung seines Buches machte. Vergeblich, denn das Hörbuch war schon produziert und würde in einer Woche auf den Markt kommen. Eigentlich zu spät, aber niemand hatte mit dem Erfolg von Die Augen der Dunkelheit gerechnet.
Er legte die Finger auf die Computert astatur.
Wie gut sich das anfühlte.
So fernab von Mord und Tod.
Zärtlich fuhren seine Fingerspitzen über die Tasten.
Schreiben war ein einsamer Beruf. Niemand ahnte, wie viel Arbeit und Herzblut ein Schriftsteller in sein Werk legte, sollte es den Leser berühren. Stundenlang alleine. Die Welt draußen ignorierend. Hineinfallen in die Sätze, die Zusammenhänge, was schmerzhaft sein konnte. Bei einem Sachbuch war das nicht anders als bei Belletristik. Es ging stets um den Einsatz, den zu leisten ein Autor bereit war.
Würden die Leser ihn auslachen, in der Luft zerreißen?
Oder würden sie ihn lieben, sein neues Buch gutheißen?
Seitdem es die E-Book - und Printmedienportale gab, bekam ein Autor umgehend Resonanz. Sogenannte Leserrezensionen. Manchmal handelte es sich um ausgefeilte Texte, viel öfters, um kurz gefasste, nicht selten hämische Meinungen. Hin und wieder wurde Will die Ahnung nicht los, manche Rezensenten arbeiteten sich an Autoren ab, ließen Alltagsfrust und Wut auf sie prasseln, viele von ihnen, ohne das Buch jemals gelesen zu haben.
Es gab so viele Bücher. Gefällt mir dieses nicht, nehme ich eben ein anderes. Was machte so viel Spaß daran, den unnützen Unmut zu zeigen?
War es nicht viel schöner, Begeisterung zu äußern?
Will lehnte sich zurück.
Das war ein Abbild der heutigen Welt, die voller Gewalt und Tod war, voller Frust und Depression. Es machte mehr Spaß, mit üblen Worten um sich zu werfen, als zu loben. Es bereitete mehr Vergnügen, Tag für Tag auf beliebten Privatsendern mit Totschlag, Skandalen und Irritationen verklebt zu werden, als sich gemütlich hinzusetzen, ein schönes Buch zu lesen, den Horizont zu erweitern und sich nicht erdrücken zu lassen.
Er dachte misanthropisch. Na und? Er hatte jeden Grund dazu.
Er war zurückgekehrt in die Welt der Polizei.
Das war nicht mehr seine Welt.
Sie gehörte zu einem anderen, früheren Will Prenker.
Eines allerdings schwor er sich. Uwe Caffé würde seinen iPod bekommen. Wenn Will Prenker etwas versprach, hielt er es auch, und wenn es Wochen brauchte, um den MP3-Player mit Musik zu füllen, egal, was Elvira dazu sagte.
Wenn die Sache mit Oliver und Rieger vorbei war, würde er ein Buch darüber schreiben und er würde nie wieder als Ermittler arbeiten. Vielleicht fand er eine gute Frau, vielleicht auch nicht.
Er begann, die Einsamkeit und die Stille zu mögen.
Denn die Stille stellte keine Fragen, aber sie konnte auf alles eine Antwort geben.
51
Oliver stolperte zu Antje. Er
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