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Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Titel: Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malala Yousafzai
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auch schon wieder bei meiner Familie. Ein paar Wochen später, als der Empfänger eingesetzt wurde, hörte ich mit meinem linken Ohr zum ersten Mal wieder etwas: ein Biep. Anfangs klang jedes Geräusch noch so, als käme es von einem Roboter. Doch bald ging es mir damit besser und besser.
    Wir Menschen machen uns selten klar, wie groß Gott ist. Er hat uns ein unglaubliches Gehirn gegeben und ein empfindsames, liebevolles Herz. Er hat uns mit zwei Lippen gesegnet, mit denen wir unsere Gefühle ausdrücken können; mit zwei Augen, die eine Welt voller Farbe und Schönheit sehen; mit zwei Füßen, die uns die Straße des Lebens entlangtragen; mit zwei Händen, die für uns arbeiten; mit einer Nase, die das Wunder des Dufts erlebt; und mit zwei Ohren, um Worte der Liebe zu hören. Die Geschichte mit meinem Ohr hat mir gezeigt, dass man kaum begreift, welcher Segen mit jedem unserer Organe verbunden ist – bis man eines davon verliert.
    Ich danke Allah für die hart arbeitenden Ärzte, für meine Genesung und dafür, dass er uns in diese Welt geschickt hat, wo wir unseren Kampf ums Überleben führen können. Manche Menschen gehen den guten Weg, andere den schlechten. Die Kugel eines Mannes traf mich und ließ von einer Sekunde auf die nächste mein Gehirn anschwellen, mein Gehör aussetzen und meinen linken Gesichtsnerv reißen. Nach dieser einen Sekunde beteten Millionen Menschen um mein Leben – und talentierte Mediziner gaben mir meinen Körper zurück.
    Ich war ein gutes Mädchen. Ich hatte immer nur einen Herzenswunsch: den Menschen zu helfen. Die Preise, das Geld, all das bedeutete mir nichts. Ich betete zu Gott: »Ich möchte Menschen helfen. Bitte hilf mir dabei.«
    Die Menschen sagen, meine Gesundung sei ein Wunder. Dass einer von den Taliban aus kürzester Distanz drei Schüsse auf drei Mädchen in einem Van abfeuert und keine davon tötet, ist wirklich nicht sehr wahrscheinlich. Die Leute sagen, meine Heilung sei ein Wunder. Meine Freundin Shazia, die zwei Schüsse abbekommen hat, hat ein Stipendium am Atlantic College in Wales erhalten. Sie wird also auch hier zur Schule gehen. Ich hoffe, Kainat wird das auch tun.
    Gott hat mich vor dem Grab gerettet. Ich habe immer noch das Gefühl, dass dieses Leben nicht meines ist, sondern ein zweites, das mir geschenkt wurde. Die Menschen haben zu Gott gebetet, damit er mich verschont. Und ich wurde aus einem einzigen Grund verschont: Damit ich mein Leben einsetze, um Menschen zu helfen. Wenn die Menschen über die gefallenen Schüsse reden und über das, was danach geschah, habe ich den Eindruck, sie reden von Malala, »dem Mädchen, das von den Taliban angeschossen wurde«. Ich habe nicht das Gefühl, dass es dabei um mich geht.
    (Copyright © Antonio Olmos)
Im Garten unseres neuen Zuhauses in Birmingham.

Epilog
    Ein Kind, ein Lehrer, ein Buch, ein Stift
    Birmingham, August 2013
    I m März sind wir aus dem Appartement in ein Haus in einer Straße mit viel Grün umgezogen, aber es fühlt sich an, als würden wir darin campen. Alle unsere Sachen sind immer noch im Swat. Überall stehen Kisten voll mit den wunderbaren Briefen und Karten herum, die die Leute schicken, und in einem Zimmer befindet sich ein Klavier, auf dem keiner von uns spielen kann.
    Meine Mutter beklagt sich über die vielen Männer, die sie ständig anstarren – die Wände sind mit griechischen Göttern bemalt. Und die Decken sind mit geschnitzten Engeln verziert.
    Unser Haus, das wir gemietet haben, fühlt sich riesig und leer an. Es verbirgt sich hinter einem Eisentor, das per Fernbedienung geöffnet wird. Manchmal kommt es uns so vor, als würden wir in einem Privatgefängnis sitzen, unter einer Art Luxushausarrest stehen, wie wir das in Pakistan nennen. Hinter dem Gebäude ist ein großer Garten mit vielen Bäumen und einem Rasen, auf dem meine Brüder und ich Kricket spielen können. Nirgendwo gibt es Hausdächer, auf denen man spielen kann, es gibt keine Kinder, die auf der Straße um die Wette ihre Drachen steigen lassen, keine Nachbarn, die vorbeischauen, um sich einen Teller Reis zu borgen, oder zu denen wir wegen drei Tomaten hinüberlaufen. Uns trennt nur eine Mauer vom nächsten Haus, aber es fühlt sich an, als wäre es kilometerweit weg.
    Wenn ich durch die Fenster hinausschaue, sehe ich meine Mutter durch den Garten spazieren. Ihr Kopf ist von einem Schal verhüllt, und sie füttert die Vögel. Es scheint, als würde sie singen – vielleicht den Tapa, den sie so gern hat:

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