Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...
Landes geplündert und geraubt haben«. Außerdem versprach er, seine eigenen Vermögenswerte und Steuererklärungen offenzulegen.
Er sagte auch, er würde nur für kurze Zeit an der Macht bleiben, aber das glaubte niemand. General Zia hatte damals versprochen, 90 Tage im Amt zu bleiben, und war dann elf Jahre geblieben, bis er bei dem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben kam.
Es ist immer wieder dasselbe, sagte mein Vater, und er hatte recht. Musharraf versicherte, mit dem alten Feudalsystem aufzuräumen, in dem seit jeher dieselben 22 Familien das ganze Land kontrollierten, und frische, junge Gesichter in die Politik zu bringen. Stattdessen bildete er sein Kabinett mit den gleichen alten Gesichtern.
Wieder einmal wurde unser Land aus dem Commonwealth ausgeschlossen und international zum schwarzen Schaf erklärt. Die Amerikaner hatten bereits im Vorjahr den Hauptteil der Hilfen gesperrt, weil wir Atomtests durchgeführt hatten. Aber jetzt wurden wir fast vollständig boykottiert.
Vor diesem Hintergrund kann man es verstehen, warum die Menschen im Swat es nicht immer für eine gute Idee hielten, Teil von Pakistan zu sein. Alle paar Jahre schickte die Regierung uns einen neuen Verwaltungschef, den Deputy Commissioner oder kurz DC , so wie es die Briten in Kolonialzeiten getan hatten. Er war der höchstrangige Regierungsvertreter im Swat. Uns erschien es immer, als kämen diese Bürokraten zu uns, um sich zu bereichern, und gingen dann wieder zurück. Sie zeigten keinerlei Interesse daran, das Swat voranzubringen. Unser Volk war gewohnt, sich unterzuordnen, weil unter dem
Wali
Kritik nicht toleriert worden war. Wer ihn beleidigte, konnte mitsamt der ganzen Familie aus dem Swat ausgewiesen werden. Als deshalb die DC s auftauchten, verhielten sie sich wie die neuen Könige, und keiner stellte sie in Frage. Die alten Leute sprachen oft nostalgisch von den Zeiten des letzten
Wali
. Damals, so sagten sie, hätten sämtliche Berge noch Bäume gehabt, alle fünf Kilometer hätte es eine Schule gegeben, und der
Wali
Sahib sei persönlich zu Besuch gekommen.
***
Nach der Sache mit Safina schwor ich, nie wieder eine Freundin schlecht zu behandeln. Mein Vater sagt immer, es ist wichtig, Freunde gut zu behandeln. Als er das College besuchte und kein Geld für Lebensmittel oder Bücher hatte, hatten viele seiner Freunde ihm geholfen, was er nie vergaß. Ich habe drei gute Freundinnen. Safina in meiner Nachbarschaft, Sumbul im Dorf und Moniba in der Schule. Moniba wurde meine beste Freundin, als wir noch Nachbarn waren und ich sie dazu überredete, auf unsere Schule zu gehen. Sie ist ein kluges Mädchen, auch wenn wir uns oft zerstritten, vor allem auf Schulausflügen. Sie kommt aus einer großen Familie und hat drei Schwestern und vier Brüder. Für mich ist sie meine große Schwester, auch wenn ich ein halbes Jahr älter bin als sie.
Moniba gibt Regeln vor, die ich versuche einzuhalten. Wir haben keine Geheimnisse voreinander – und teilen unsere eigenen mit niemandem. Moniba mag nicht, wenn ich mit anderen Mädchen spreche. Sie sagt, wir müssen uns davor in Acht nehmen, mit denen in Verbindung gebracht zu werden, die sich schlecht verhalten oder einen schlechten Ruf haben. Sie meinte einmal: »Ich habe vier Brüder, und wenn ich mir auch nur das Geringste zuschulden kommen lasse, können sie mir verbieten, zur Schule zu gehen.«
Mein Vater gab mir zu verstehen, es sei wichtig, Freunde gut zu behandeln. Als er auf dem College war und kein Geld für Essen und Bücher hatte, haben ihm viele seiner Freunde geholfen, was er nie vergaß.
Ich war so sehr darum bemüht, mir die Achtung meiner Eltern zurückzuerobern, dass ich für jedermann Botengänge erledigte. Eines Tages baten mich unsere Nachbarn, für sie Mais auf dem Basar zu kaufen. Auf dem Weg dorthin fuhr mich ein Junge mit seinem Fahrrad an. Mein Fuß schmerzte so, dass mir die Tränen in die Augen traten. Aber ich ging zum Basar und kaufte den Mais, brachte ihn den Nachbarn und machte mich anschließend auf den Weg nach Hause. Erst dort fing ich an zu weinen.
Bald darauf tat sich eine wunderbare Möglichkeit auf, den Respekt meines Vaters zurückzugewinnen. Als es an der Schule einen Aushang für einen öffentlichen Rednerwettbewerb gab, beschlossen Moniba und ich, daran teilzunehmen. Ich erinnerte mich an die Geschichte meines Vaters, wie er Großvater beeindruckt hatte, und wünschte mir sehnlichst dasselbe. Als wir das Thema für den Wettbewerb bekamen,
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