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Ich bin total spontan - wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt

Titel: Ich bin total spontan - wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schmitt , Torsten Voller
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Eis essen wollten, dann gehen Sie Kuchen essen. Wenn Sie sich eine neue Hose kaufen wollten, gehen Sie in einen Fahrradladen. Wenn Sie einen Freund oder eine Freundin anrufen wollten, rufen Sie Ihre Mutter an. Wenn Sie gerade E-Mails lesen wollten, schreiben Sie einen Brief. Einige kennen dieses Verhalten vielleicht unter einem anderen Namen, nämlich »Etwas Wichtiges erledigen«. Man müsste eigentlich am Computer sitzen, dabei fallen
einem aber viel wichtigere Dinge ein, wie z.B. Wohnung putzen, bügeln etc.

    Was soll das?
    In dieser Übung trainieren Sie, dass sich manches, was geplant war, eben nicht durchführen lässt. Den Plan selbst über den Haufen zu schmeißen, ist der erste Schritt, um in Situationen, in denen von Ihnen verlangt wird, spontan zu sein und Ihren Plan zu vergessen, locker zu bleiben.

    Sie haben es selbst in der Hand. Unsere Erwartungen an andere und vor allem an uns selbst sind auch nichts Anderes als Pläne, die wir nicht loslassen können, obwohl wir uns manchmal lieber davon verabschieden sollten. Es ist schwer, einen Plan aufzugeben und mit einer neuen Situation klarzukommen, wenn etwas nicht so eintritt, wie wir es erwartet haben. Gerne schieben wir dann die Schuld auf Andere.
    Zu welch absurden Situationen es führen kann, wenn man seinen Plan, seine Erwartungen nicht loslassen kann, hat eine Freundin von uns mal in Norwegen erlebt. Sie war als Reiseleiterin auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs, das Nordeuropa bereiste: u.a. Island, Dänemark und eben auch Norwegen. Als das Schiff in Norwegen in der Stadt Bergen anlegte - laut Reiseprospekt die regenreichste Stadt Europas - schien die Sonne, der Himmel war blau, kurz, traumhaftes Wetter. Daraufhin beschwerte sich eine der Reisenden, dass es nicht regnete. Sie hätte im Reiseprospekt gelesen, dass Bergen die regenreichste Stadt Europas sei, und nun regnete es gar nicht. Eine absolute Frechheit, die Reisenden so zu belügen …

    In den letzten Jahren machte ich warm-ups für verschiedene Formate bei ARD, ZDF, Sat.1 und ProSieben. Warm-upper sind die Menschen, die sich vor und während der Sendung um eine entspannte Stimmung kümmern, um den Zuschauern die Nervosität vor der Aufzeichnung zu nehmen. Beim Warm-up arbeitete ich mit Navituition und war stets im Moment. Ich bekam einen Ablaufplan, der detailgenau den Verlauf der Sendung wiedergab und an den ich mich halten musste. Der Ablaufplan einer Fernseh-Kochshow enthielt übrigens einmal den Punkt »Ungeplantes«, gedacht als Zeitpuffer. Eine hervorragende Möglichkeit, Moment-Entscheidungen bereits im Voraus zu berücksichtigen. Zurück zum Warm-up: Zu meinen Aufgaben gehörte es, die Zuschauer auf die Sendung einzustimmen, die Flutwege zu erklären, den Ablauf der Sendung zu besprechen und schließlich den Moderator anzukündigen. Das sind die »Navi-Aufgaben«. Und dann gab es noch die »Tuition-Aufgaben«, bei denen ich mich auf meine Intuition, auf den Bauch, verlassen musste. Jedes Publikum ist anders. Jedes Mal musste mich aufs Neue auf die Stimmung im Studio einstellen. Ich halte mich an den Plan und muss ihn durchziehen, bleibe aber offen für neue Entwicklungen. In jeder Sendung, ob Live-Übertragung oder Aufzeichnung, gab es Pannen und unerwartete Ereignisse. Bei einem solchen Warm-up beispielsweise reagierte immer nur die eine Hälfte des Publikums, lachte, klatschte, hatte Spaß, die andere Hälfte hingegen ezigte keine Regung. Ich schwitzte, bekam einen roten Kopf und dachte: Was geht hier gerade schief? Warum funktioniert mein Plan nicht? Eine gefühlte Ewigkeit habe ich gelitten und an mir selber gezweifeit, um dann endlich meinen Plan beiseitezulegen. Ich sprach meine Zweifel aus, indem ich den stillen Teil des Publikum direkt fragte: »Verstehen Sie meine Sprache?« Die andere Hälfte der Zuschauer brach in schallendes Gelächter aus. Sie hatten nur darauf gewartet, bis ich endlich bamerkte, dass es sich um eine gemischte Reisegruppe handelte, in der nur eine Hälfte deutschsprachig war. Ich
suchte sofort den Dolmetscher der Reisegruppe und wiederholte das ganze Warm-up zusammen mit ihm, er entpuppte sich als genialer Warm-up-Partner. Das war das erste Warm-up, bei dem mir mal so richtig warm geworden ist und ich Angst bekam, meinen Job an den Dolmetscher zu verlieren.

    Die meisten Menschen merken gar nicht, dass sie in vielen Bereichen ihres Lebens schon im Moment sind. Ein in den Genen vorinstallierter Masterplan ist zum Beispiel: »Ich will nicht verhungern.«

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