Ich bin unschuldig
auf einen Schlummertrunk im Dorchester . Die meiste Zeit war ich unter Leuten. Doch es gibt ein Zeitfenster von vierzig Minuten, wo ich mit niemandem zusammen war. Bob dachte, ich würde telefonieren, doch das habe ich nicht. Ich habe das Nobu verlassen und bin zu ihrer Wohnung geradelt. Sie war nicht ans Telefon gegangen, und ich machte mir Sorgen.«
»Und du hattest Lust auf ’ne schnelle Nummer?«
»Nein. Gaby. Nicht.« Er wendet sich mir mit zorniger Miene zu. »Sie war nicht da, und ich wollte nicht nach Hause kommen, also bin ich zurückgeradelt. Ich dachte, ich müsste reinen Tisch machen. Ich dachte, die Polizei würde dahinterkommen, doch wie es schien, hatte niemand bemerkt, dass ich ein Weilchen fort war. Ich war damit durchgekommen. Und niemand hat was geahnt. Ich hatte ein Handy mit Prepaidkarte, das habe ich kaputt gemacht. Wir haben uns immer heimlich getroffen. Ich hatte niemandem etwas davon erzählt. Nicht einmal Pete. Ich hatte Angst. Gott. Es sah nicht gut aus, Gaby. Meine Freundin tot, und ich in der Nacht, in der sie starb, vor ihrer Wohnung. Ich hätte keine Chance gehabt.«
»Und da hast du gedacht, das Leben könnte weitergehen, als wäre nichts passiert?«
»Nein. Ich habe es versucht. Gott, dieses Wochenende in Brighton, so zu tun … es war die Hölle. Ich habe mir diese Dienstreise ausgedacht, um wegzukommen. Ich musste nachdenken.«
»Trauern?«
»Vermutlich. Ja. Ich hatte nur ein Meeting und hätte in sechsunddreißig Stunden zurück sein können. Stunde um Stunde habe ich in meinem Hotelzimmer gesessen, in Bars, und mich bis zur Bewusstlosigkeit betrunken. Ich hab versucht, mich zusammenzureißen, zu überlegen, was ich machen soll. Der Stress dieser Telefonate, so zu tun, als wäre alles okay, Bootsausflüge und Karaoke erfinden.«
Wir sehen einander an, bis ich schließlich sage: »Also, wenn du es nicht warst, wer hat sie dann umgebracht?«
Er stößt ein Bellen aus, wie bei der Entbindung. »Ich weiß es nicht. Ein Ex? Tolek? Er hat sie verrückt gemacht mit seiner Eifersucht. Oder jemand, den sie kennengelernt hat? Vor mir gab es noch einen anderen Engländer. Wo sie ging und stand, haben sich Männer in sie verliebt. Sie war nicht besonders hübsch, aber man konnte die Augen nicht von ihr nehmen. Sie hatte etwas, weißt du.« Er stößt einen schrecklichen Schluchzer aus. »Oder ein Irrer? Ich will nicht … Ich war es nicht, Gaby. Das schwöre ich dir: Ich war es nicht. Bitte, glaub mir.«
»Scht.«
»Sie hat mich da reingezogen, Gaby, umgarnt. Es war wie ein Traum. Ich konnte nicht klar denken.«
Ich streichele sein Haar. Ich wünschte, er würde das nicht sagen, würde nicht versuchen, sich freizusprechen. Es tut weh.
»Es ist okay«, sage ich.
Seine Glieder lösen sich ein wenig. Er schmiegt sich ins Kissen und zieht sich eine freie Ecke des Federbetts behutsam über die Schulter.
»Du hast ihr Blumen geschickt und teure Geschenke – Agent Provocateur . Du hast ihr Klamotten von mir gegeben.«
Er schlägt die Hände vors Gesicht. Ich kann nicht verstehen, was er sagt.
Diesmal ziehe ich seine Hände nicht weg. Ich sage nur: »Hast du sie wirklich geliebt?«
»Ja, aber es war …«
»Mehr körperlich?«
Ich souffliere ihm den Text. Er nickt.
»Selbst die Tätowierung? So geschmackvoll die Kirschen auch waren, betrachte ich dich doch nicht als einen Tattoo-Fan.«
»Sie war anders. Alles war anders. Wenn ich mit ihr zusammen war, war ich ein anderer.«
Er entfernt sich aus der Gleichung, schüttelt die Verantwortung ab. Er war nicht er selbst. Er war »ein anderer«.
Jetzt legt er die Hand an mein Gesicht, schmiegt sie um eine Wange. »Es tut mir leid, Gaby. Ich hatte nicht die Absicht, dir wehzutun.«
»Also …« Ich atme Seife und Kaffee und den salzigen Zitronenduft seines Körpers ein. Dann fällt mir nichts mehr ein.
Eine Pause. »Ich sollte zur Polizei gehen«, sagt er.
Ich lege meine Hand auf seine, um sie dort festzuhalten. Meine Tränen werden von seinen Fingern aufgefangen. »Millie kommt jeden Augenblick nach Hause«, sage ich in seine Haut. »Geh später. Vielleicht morgen. Was sind schon ein paar Stunden? Lass uns unseren Tag haben.«
Er stößt einen Seufzer aus wie ein Beben und sieht mich voller Hoffnung und Vertrauen an. Ich halte sein Leben, seinen Herzschlag, in meinen Händen. »Was wäre ich ohne dich?«, sagt er.
Wir bleiben noch eine Weile liegen. Ich weiß nicht, wie lange. Ich verliere jegliches Zeitgefühl. Vielleicht
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