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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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lässt meine Haare los.
    Ich drehe mich um. Er ist nach hinten gerutscht, eine Hand an die Stirn gepresst. Blut quillt zwischen seinen Fingern hervor. Er sieht mich verwundert an.
    Später werde ich denken, dass ich ein zweites Mal hätte zuschlagen sollen. Mit dem Hocker oder mit den bloßen Händen. Mit irgendetwas. Ich hätte ihn außer Gefecht setzen sollen, um weglaufen zu können, nach unten, oder wenigstens bis zur Tür, um sie aufzureißen und um Hilfe zu schreien.
    Aber ich tue es nicht. Ich rappele mich in eine sitzende Position hoch und stehe dann auf, sehe ihn vor mir auf dem Boden. Egal, was ich jetzt auch mache, denke ich, er hat gewonnen. Er wird immer gewonnen haben. Er hat mir alles genommen, sogar die Fähigkeit, mich genau daran zu erinnern, was er mir angetan hat. Ich drehe mich um und mache einen Schritt zur Tür.
    Mit einem Knurren stürzt er sich auf mich. Sein ganzer Körper prallt gegen meinen. Gemeinsam fallen wir gegen die Kommode, stolpern in Richtung Tür. »Christine!«, sagt er. »Chris! Verlass mich nicht!«
    Ich greife nach der Tür. Wenn ich sie aufkriege, dann wird uns doch wohl irgendwer trotz des Lärms von nebenan hören und angelaufen kommen?
    Er hält meine Taille umklammert. Wie ein groteskes, zweiköpfiges Monster bewege ich mich Zentimeter für Zentimeter vorwärts, schleife ihn mit. »Chris! Ich liebe dich!«, sagt er. Er jammert jetzt, was mich ebenso weitertreibt wie die Absurdität seiner Worte. Ich bin fast da. Gleich bin ich an der Tür.
    Und da passiert es. Ich erinnere mich an die Nacht, damals. Ich, in diesem Zimmer, wie ich an derselben Stelle stehe. Ich strecke eine Hand nach derselben Tür aus. Ich bin glücklich, lächerlich glücklich. Die Wände schimmern in dem sanft orangegoldenen Schein der brennenden Kerzen, die im ganzen Raum verteilt waren, als ich ankam, der Strauß aus Rosen und Gerbera, der auf dem Bett lag, erfüllt die Luft mit einem süßen Duft.
Ich bin gegen sieben oben, mein Schatz
, stand auf dem Zettel, der an den Strauß geheftet war, und obwohl ich mich kurz frage, was Ben noch unten macht, bin ich froh, ein paar Minuten allein für mich zu haben, ehe er eintrifft. Das gibt mir Gelegenheit, meine Gedanken zu ordnen, mir klarzumachen, dass ich ihn um ein Haar verloren hätte, was für eine Erleichterung es ist, die Affäre mit Mike beendet zu haben, wie froh ich sein kann, dass Ben und ich jetzt einen Neuanfang gemacht haben. Wie konnte ich mir nur einbilden, dass ich Mike wollte? Mike wäre nie auf die Idee gekommen, mir so eine Überraschung zu bereiten, wie Ben sie für mich arrangiert hat: eine Nacht in einem Hotel an der Küste, um mir zu zeigen, wie sehr er mich liebt und mich immer lieben wird, trotz der Probleme, die wir in letzter Zeit hatten. Für so was war Mike zu ichbezogen, wie ich festgestellt habe. Bei ihm ist alles ein Test, Zuneigung wird gemessen, was man gibt, wird mit dem aufgewogen, was man gegeben hat, und meistens hat er das Gefühl, zu kurz zu kommen.
    Ich berühre den Türknauf, drehe ihn, ziehe ihn zu mir. Ben hat Adam zu den Großeltern gebracht. Wir haben das ganze Wochenende für uns, eine unbeschwerte Zeit. Bloß wir zwei.
    »Liebling«, setze ich an, doch das Wort erstirbt mir auf der Zunge. Nicht Ben steht da. Sondern Mike. Er schiebt sich an mir vorbei, kommt ins Zimmer, und noch während ich ihn frage, was ihm denn einfällt – mit welchem Recht er mich hergelockt hat, in dieses Zimmer, was er sich davon verspricht –, denke ich,
Du hinterhältiges Schwein. Wie kannst du es wagen, dich als meinen Mann auszugeben. Hast du denn keinen Funken Stolz mehr im Leib?
    Ich denke an Ben und Adam, zu Hause. Inzwischen wundert Ben sich bestimmt, wo ich bleibe. Womöglich verständigt er bald die Polizei. Wie konnte ich so blöd sein, in den Zug zu steigen und hierherzufahren, ohne irgendwem Bescheid zu geben? Wie konnte ich so blöd sein, zu glauben, ein getippter Brief, auch wenn er mit meinem Lieblingsparfüm besprüht war, wäre von meinem Mann?
    Mike sagt: »Wärst du gekommen, wenn du gewusst hättest, dass ich dich erwarte?«
    Ich lache. »Natürlich nicht! Es ist vorbei. Das hab ich dir doch wohl klipp und klar gesagt.«
    Ich blicke auf die Blumen, die Flasche Champagner in seiner Hand. Alles signalisiert Romantik, Verführung. »Mein Gott!«, sage ich. »Hast du im Ernst gedacht, du musst mich bloß herlocken, mir Blumen und Champagner bieten, und das wär’s schon? Dass ich dir in die Arme fallen würde

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