Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
Mann nicht, der meine Hand hält, aber ich weiß, er ist der Mann, den ich geheiratet habe. Er muss es sein. Er hat es mir gesagt.
»Mein Gott!«, sage ich jetzt. »Wie lange hast du dich als Ben ausgegeben?«
Er wirkt überrascht. »Ausgegeben?«
»Ja«, sage ich. »Als meinen Mann ausgegeben.«
Er blickt verwirrt. Ich frage mich, ob er vergessen hat, dass er nicht Ben ist. Dann verzieht sich sein Gesicht. Er ist aufgebracht.
»Meinst du etwa, ich hab das gern getan? Ich musste es tun. Das war die einzige Möglichkeit.«
Seine Arme entspannen sich leicht, und dann geschieht etwas Sonderbares. Mir dreht sich nicht mehr alles im Kopf, und obwohl ich noch immer Angst habe, erfüllt mich ein bizarres Gefühl von Seelenruhe. Aus dem Nichts kommt mir ein Gedanke.
Ich werde ihn bezwingen. Ich werde hier rauskommen. Ich muss einfach.
»Mike?«, sage ich. »Ich versteh das, weißt du? Es muss wirklich schwer gewesen sein.«
Er sieht mich an. »Du verstehst das?«
»Ja, natürlich. Ich bin froh, dass du mich da rausgeholt hast. Mir ein Zuhause gegeben hast. Dich um mich gekümmert hast.«
»Ehrlich?«
»Ja. Stell dir nur vor, wo ich wäre, wenn du das nicht für mich getan hättest! Ich könnte es nicht ertragen.« Ich spüre, wie er nachgibt. Der Druck auf meinen Armen und Schultern lässt nach, und gleichzeitig beginnt ein zartes, aber doch deutliches Streicheln, das ich fast noch unangenehmer finde, aber ich weiß, dass es meine Chancen auf Flucht erhöht. Denn Flucht ist alles, woran ich denken kann. Ich muss hier raus. Wie dumm von mir, denke ich jetzt, dass ich, während er unter der Dusche war, hier auf dem Boden sitzen geblieben bin, um den Teil zu lesen, den er aus meinem Tagebuch gestohlen hat. Wieso bin ich nicht einfach damit abgehauen? Dann fällt mir ein, dass ich erst ganz am Ende des Tagebuchs begriffen habe, in welcher Gefahr ich schwebe. Wieder meldet sich die leise Stimme.
Ich werde entkommen. Ich habe einen Sohn, an den ich mich nicht erinnern kann. Ich werde entkommen.
Ich bewege den Kopf so, dass ich ihm in die Augen sehe, und beginne, seine Hand zu streicheln, die auf meiner Schulter ruht.
»Lass mich doch los, dann können wir darüber reden, wie es mit uns weitergeht.«
»Aber was ist mit Claire?«, sagt er. »Sie weiß, dass ich nicht Ben bin. Du hast es ihr verraten.«
»Daran wird sie sich nicht erinnern«, sage ich verzweifelt.
Er lacht, ein hohler, erstickter Laut. »Du hast mich schon immer für blöd gehalten. Aber ich bin nicht blöd, weißt du? Ich weiß, was jetzt passieren wird! Du hast es ihr verraten. Du hast alles kaputtgemacht!«
»Nein«, sage ich rasch. »Ich kann sie doch anrufen. Ich kann ihr sagen, dass ich durcheinander war. Dass ich vergessen hatte, wer du bist. Ich kann ihr sagen, dass ich gedacht habe, du wärst Ben, aber dass ich mich geirrt habe.«
Ich denke schon fast, dass er das für machbar hält, doch dann sagt er: »Das würde sie dir niemals abkaufen.«
»Doch, würde sie«, beteure ich, obwohl ich weiß, dass sie das nicht tun würde. »Versprochen.«
»Warum musstest du sie auch anrufen?« Sein Gesicht verdunkelt sich vor Zorn, seine Hände packen mich fester. »Warum? Warum, Chris? Es ging uns doch gut, bis dahin. Richtig gut.« Er schüttelt mich wieder. »Warum?«, schreit er. »Warum?«
»Ben«, sage ich. »Du tust mir weh.«
Da schlägt er mich. Ich höre, wie seine Hand gegen mein Gesicht klatscht, ehe ich den brennenden Schmerz spüre. Mein Kopf schleudert herum, mein Unterkiefer fliegt hoch, meine Zähne prallen schmerzhaft aufeinander.
»Wage es ja nicht, mich je wieder so zu nennen, verdammt«, zischt er.
»Mike«, sage ich rasch, als könnte ich meinen Fehler ungeschehen machen. »Mike –«
Er überhört mich.
»Ich bin’s satt, Ben zu sein«, sagt er. »Von jetzt ab nennst du mich Mike. Okay? Ich heiße Mike. Deshalb sind wir noch mal hergekommen. Damit wir die ganze Sache hinter uns lassen können. Du hast in dein Tagebuch geschrieben, wenn du dich bloß erinnern könntest, was damals hier passiert ist, dann würdest du dein Gedächtnis wiederfinden. So, nun sind wir hier. Ich hab dich hierhergebracht, Chris. Also erinnere dich gefälligst!«
Ich bin fassungslos. »Du
willst
, dass ich mich erinnere?«
»Ja! Natürlich will ich das! Ich liebe dich, Christine. Ich will, dass du dich daran erinnerst, wie sehr du mich liebst. Ich will, dass wir wieder zusammen sind. Richtig. Wie wir es sein sollten.« Er stockt, seine Stimme
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