Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
Vom Netzwerk:
begann mit den Worten: »Sehr geehrter Herr Sedaris, wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen . . .«
    Mir wird mitgeteilt, dass ich einfach zu dämlich bin, praktisch ein Idiot. Manche Katze bringt mehr Gewicht auf die Waage als ich IQ-Punkte. Würde mein IQ in Dollars ausbezahlt, bekäme ich dafür etwa drei Pappbecher mit Chicken Nuggets. Die Tatsache, dass ich darüber noch erstaunt bin, ist nur ein weiterer Beleg für meine bodenlose Dummheit.
    Der Test untersuchte meine Fähigkeit zu logischem Denken. Entweder man hat sie, oder man hat sie nicht. Wer sie hat, besitzt einen hohen IQ. Wer sie nicht hat, greift zur Mayonnaise, wenn er das Insektenspray nicht finden kann. Als Hugh meine Bestürzung über mein Testergebnis bemerkte, erklärte er, jeder Mensch denke anders - und ich tue es nun mal entschieden weniger als der durchschnittliche Erwachsene.
    »Mach dir nichts draus«, sagte er. »Und häng die ganze Geschichte einfach ein bisschen tiefer.«
    Wie sollte ich widersprechen. Mein Geist will mit Logik nichts zu tun haben. Das war schon immer so. Wenn man mir erklärte, ich müsste mein Apartment bis zur kommenden Woche räumen, würde ich mich nicht umhören oder die Wohnungsanzeigen studieren. Stattdessen würde ich davon träumen, in einem Schloss aus Zuckerwürfeln zu wohnen und auf einem extragroßen fliegenden Teppich von Gemach zu Gemach zu schweben. Wenn mich etwas gerettet hat, dann der glückliche Umstand, einen Menschen gefunden zu haben, der sich erbarmt, mir das schmutzige Geschäft der alltäglichen Notwendigkeiten aus der Hand zu nehmen.
    Hugh tröstete mich mit den Worten: »Nimm es dir nicht so zu Herzen. Es gibt so viele andere Dinge, die du gut kannst.«
    Gebeten, ein Beispiel zu nennen, führte er Staubsaugen und Ausgestopfte-Tiere-Bestimmen an. Er sagte, ihm fiele vermutlich noch mehr ein, ich müsse ihm nur etwas Zeit geben.
Nachtprogramm
    Ich erwäge, ein Mäntelchen für meinen Radiowecker anzufertigen. Nichts Extravagantes, nichts für die Ewigkeit, einfach was Bequemes zum Überziehen in den frühen Morgenstunden. Mir liegt nicht daran, das Gehäuse mit der Farbe der Vorhänge abzustimmen oder den Wecker nach etwas aussehen zu lassen, was er nicht ist. Das Problem ist nicht, dass mein Radiowecker sich irgendwie nackt fühlte, das Problem ist, dass ich die herzlose Art, in der bei dem Modell die Zahlen vorwärts springen, einfach nicht ertragen kann. Die Zeit fliegt nicht - sie flappt, wobei die Ziffern sich auf einem Rad drehen, das stark an das Getriebe einer Streckbank erinnert.
    Die ersten zwanzig Jahre meines Lebens schaukelte ich mich nachts in den Schlaf. Es war ein vergleichsweise harmloses Hobby, aber zuletzt musste ich doch Abschied davon nehmen. In den nächsten zweiundzwanzig Jahren blieb ich still liegen und stellte fest, dass ich binnen weniger Minuten problemlos einschlief. Es ist schon erstaunlich, wie der Schlaf fast von selbst kommt, wenn man sich zuvor sieben Biere, zwei Scotch und ein Fingerhutvoll gutes Marihuana genehmigt. Oft schaffte ich es nicht einmal mehr bis ins Bett. Ich hockte mich auf den Boden, um die Katze zu kraulen, und wachte acht Stunden später auf mit einem guten Grund weniger, mal die Wäsche zu wechseln. Heute sagt man mir, in dem Fall rede man nicht von »einschlafen«, sondern von »umkippen«, ein Ausdruck, in dem ein unüberhörbarer Anflug von Vorwurf mitschwingt.
    Im Zug eines perversen und unsäglich langweiligen Experiments versuche ich inzwischen zu beweisen, dass ich auch ohne Drogen und Alkohol auskommen kann. Die ersten Monate waren hart, aber dann stellte ich fest, dass man tatsächlich ohne diese Dinge leben kann. Es ist zwar nur der billige Abklatsch eines Lebens, aber rein technisch gesehen kann man nicht meckern. Mein Herz arbeitet weiterhin regelmäßig. Ich kann mir Socken überziehen und Eis machen; nur schlafen kann ich nicht.
    Ich bin nie früh zu Bett gegangen und habe auch nicht vor, meinen Lebensrhythmus zu ändern. Gegen elf habe ich immer einen kleinen Durchhänger, den ich gewöhnlich mit größeren Mengen Alkoholika überwunden habe. Ich bin es gewohnt, ständig ein Glas oder eine Dose in der Hand zu halten und etwa alle dreißig Sekunden an die Lippen zu führen. Dabei scheint es sich um eine Angewohnheit meiner rechten Hand zu handeln, die ihr einfach nicht auszutreiben ist.
    Nachdem ich zuvor entschieden hatte, das Wort »koffeinfrei« nie in den Mund zu nehmen, begann ich mich nach neuen Getränken umzusehen.

Weitere Kostenlose Bücher