Ich glaub, ich lieb euch alle
Football spielen, schwimmen, büffeln, auf Partys gehen, arbeiten usw. Daher bin ich der Meinung, dass, wenn man schon auf etwas stößt, das man wirklich tun will, man dafür kämpfen muss, und wenn es gegen einen selbst ist. Ich habe gerade meinen ärgsten Feind besiegt, und es fühlt sich an, als wäre ich in diesem Moment, da ich den Flur runtergehe, ein neuer Mensch. Nur noch eine Woche und sechs Tage bis zum Schuljahresende, und erst jetzt fühle ich mich wie ein richtiger Freshman– ein neugeborener Mann. Mit jedem Schritt und mit jedem Fehltritt, den ich in diesem Jahr begangen habe, bin ich meinem neuen Ich näher gekommen. Und für dieses Gefühl habe ich härter gearbeitet, als ich mir jemals erträumen hätte können, aber diese letzten Schritte mache ich jetzt völlig entspannt.
Als ich einen kurzen Blick auf die Bühne werfe, gehen die Lichter an, die Musik erklingt und die Show beginnt. Und die Sache läuft weit besser als bei den Proben. Ich denke zurück an den Anfang und wie schlecht wir damals waren– alle waren noch ganz unsicher und es lief zäh. Ich hätte nie gedacht, dass wir es so weit bringen würden. Der fette Typ und sein mickriger kleiner Kumpan bringen alle zum Lachen. Bis jetzt läuft die Show echt noch besser als perfekt und es macht mich echt sprachlos zuzusehen. Es gibt mir schon ein gutes Gefühl zu wissen, dass jeder mal versagt, aber wenn man nicht aufgibt, kann man wirklich alles schaffen, und vielleicht bringt man es sogar zu wahrer Größe. Ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Jahr überhaupt schaffen würde, und jetzt schaut mich an, ich bin der Star der Frühjahrsvorstellung! Wahrscheinlich werde ich mir mein Leben lang Gedanken machen, was die Leute wohl von mir denken, wahrscheinlich werde ich die Leute immer beeindrucken wollen, aber in dem Moment, in dem ich mich von meinen Jungs abgewandt habe, um im Musical den singenden und tanzenden Gangster zu spielen, da habe ich erkannt, dass das nicht das Wichtigste in meinem Leben ist. Irgendwie habe ich eine Veränderung gespürt und das fühlt sich richtig geil an. Irgendwie so, als wäre ich ein paar Meter tief unter Wasser und würde von da nach oben in einen absolut perfekten blauen Himmel gegen Ende Juni sehen. Das fühlt sich an wie echte Freiheit.
» CARTER, du bringst mich noch um! Sieh zu, dass du auf die Bühne kommst«, zischt Miss McDougle mir ins Ohr.
Sie kann ja nichts von der Offenbarung mitbekommen haben, die mir gerade widerfahren ist. Alles, was sie mitbekommt, ist, dass Jeremy soeben die Worte gesprochen hat, die meinen Einsatz bedeuten, und dass ich nichts tue, als debil grinsend ins Licht zu starren. Mit rasendem Herzen, so als wäre ich gerade hundert Meter auf Crack gesprintet, betrete ich die Bühne, aber ich bin überzeugt, dass ich es schaffe.
Das ist so ziemlich alles, woran ich mich erinnere. Plötzlich stiere ich auf die Rückseite des Vorhangs, und dahinter vernehme ich das Klatschen und Johlen des Publikums, das völlig aus dem Häuschen ist. Ich schnappe nach Luft und überlege, was hier vor sich geht. Ich kann mich erinnern, dass ich da rausgegangen bin und meine ersten paar Sätze gesprochen habe. Ich kann mich erinnern, dass ich ziemlich viel gesungen habe, wann immer ich das sollte, und ich weiß, dass ich wie wild getanzt habe, denn ich bin schweißgebadet. Gerade haben wir die Hochzeitsszene gespielt und eine grandiose Version der Abschlussnummer hingelegt.
Wir begeben uns hinter dem Vorhang in Position und ich ergreife Abbys Hand. In dem Moment, wo der Vorhang hochgeht, lächelt sie mich an. Das Publikum springt auf die Beine, und jetzt wird mir klar, dass die Vorstellung tatsächlich vorüber ist und dass wir wirklich spitzenmäßig waren, denn selbst EJ und der Rest meiner Jungs (sogar Andre) klatschen wie blöd! Zwei Reihen hinter Dad steht Pam und jubelt. Mom weint und Brock springt auf und ab wie ein Mädchen. Meine Schwester hält Brock an den Schultern fest und unterbindet so mit brutaler Gewalt das Auf- und Abgehüpfe.
Schließlich ist es mit den Verbeugungen vorbei, der Vorhang schließt sich, und Abby versucht, meine Hand loszulassen. Doch ich drück sie ganz fest und seh zu ihr rüber. Ich will nicht loslassen. Ich will nicht, dass dieses Gefühl jemals vorübergeht. Als sie mir endlich in die Augen sieht, sind Tränen darin zu erkennen. Sie lächelt mich an und ich lasse locker. Abby wendet sich ab, um zu gehen, doch plötzlich kehrt sie um und wirft sich mir in die
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