Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
Freundin nervt, wenn du ihr von deinem Job erzählst, kann ich schon verstehen. Warum du dich allerdings über das Wickeln im Café-Klo aufregst, erschließt sich mir nicht. Sei doch froh, dass sie es nicht neben deinem Latte Macchiato tut!
Ach, ich bin ja selbst manchmal so eine Klischeemutti. Da hab ich mal Ausgang ohne Kinder und fahre zum Friseur und rege mich in der Bahn über eine Mutter auf, die mit zwei kleinen Jungs einsteigt. Sie redet sehr laut. Zu laut. Sie betont je-de Silbe. »Janni, wenn dir waaarm ist, dann zieh dir deine Kapuuuze vom Kopf.« Sie redet ununterbrochen sehr laut. Von den Kindern ist kaum etwas zu hören.
Diese Mutter will ganz korrekt mit ihren Sprösslingen umgehen, schießt es mir zynisch durch den Kopf, ihnen gutes Dinkel statt bösen Weizen andrehen, sie möchte sie betont ernst nehmen, obwohl ihre Kinder vielleicht gerade mal zwei und drei Jahre alt sind. Sie wird nicht müde, ihnen jedes einzelne Detail in dieser Straßenbahn zu erklären. In lautem Ton, damit bloß auch die anderen Fahrgäste hören, wie pädagogisch wertvoll sie ihren Nachwuchs erzieht. So weit die Vorurteile, die durch meinen kurzfristig kinderfreien Kopf schwirren.
Als ich aber am späteren Nachmittag selbst in einer Familien-Polonaise mit den Kids eine Bahn betrat, begann ich, ihnen jedes Detail zu erklären, in klarem Ton, damit sie alles verstanden. Ich meine, hey, hier ging es schließlich um meine Kinder! Und erst nach einiger Zeit platzte dann die Erinnerung in meinen Mama-Egoismus. An die Straßenbahnszene an meinem kinderfreien Vormittag. Ich erinnerte mich an die nervige Vollblutmutti und merkte: Verdammt, ich bin auch nur eine Mutter. Dir wird es ähnlich gehen, Caro, glaub mir.
4.
Mein Kerl ist ein Traum –
Aber muss ich ihn wegen des Kindes jetzt auch gleich heiraten?
Hey Lisa,
ich habe es heute meinem Chef gesagt! Dass ich schwanger bin! Und rate mal, was seine erste, spontane Reaktion war. Er fragte: »Und, heiratet ihr jetzt auch?«
Und ich war total baff. Mit der Frage hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich stammelte so etwas wie: »Ja, also vielleicht.«
Chef-Deutsch, versteht sich. Immer vage, aber betont freundlich bleiben. Ich meine, was antwortet man auf so eine Frage schon?
»Dafür müsste ich mich erst einmal scheiden lassen.«
»Geht nicht, weil ER noch verheiratet ist.«
»Ich habe ihn gefragt, aber er meinte, er hat noch nicht mit genügend Frauen geschlafen.«
»Ich glaube nicht, dass er der letzte Mann sein sollte, mit dem ICH ins Bett gehe.«
»…«
Aber mal ganz ehrlich, Lisa: Ich halte nicht wirklich viel vom Heiraten.
In meinem Lieblingsfilm ›Krieg und Frieden‹, der Version mit Audrey Hepburn, sagt Fürst Andrej Bolkonski zum Grafen Peter Besuchow: »Heirate nie, Pierre. Sonst geht alles Schöpferische in dir zugrunde.«Den Satz habe ich das erste Mal mit zwölf Jahren gehört, als der Streifen während der Weihnachtsfeiertage im Öffentlich-Rechtlichen lief, und seitdem wie ein Mantra in Erinnerung behalten.Weil Heiraten ja doch irgendwie angestaubt ist und einen beschränkt. Oder um es mal mit den Worten von J. R. R. Tolkien zu sagen: »Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkle zu treiben und ewig zu binden.«
Haha! Ja, ich weiß, findet eine verheiratete Frau wie du nicht lustig. Aber das liegt auch daran, dass ihr Ehefrauen ein Image-Problem habt.
Ehefrauen flirten nicht.
Ehefrauen sind ständig eifersüchtig und kommandieren ihren
Kerl rum.
Ehefrauen tanzen nicht bis acht Uhr morgens in Diskos.
Ehefrauen ziehen immer dasselbe an.
Ehefrauen fangen Sätze mit »Wir …« und »Also, mein Mann
und ich …« an.
So ist das. Und weil ich auf das alles, bis vielleicht auf das Herumkommandieren, keine Lust habe, lasse ich mich nicht wegheiraten. Punktum.
Oder sollte ich etwa doch? Es ist halt so im Moment: Bis dato hatte ich nie einen Zweifel an meiner Anti-Ehe-Haltung. Doch jetzt, wo ich schwanger bin, beginne ich, über ein paar Dinge nachzudenken. Wird es mein süßes Baby nicht besser finden, wenn Mama und Papa verheiratet sind? Ich meine, klar gibt es heutzutage so viele Modelle: Patchwork-Familien, zwei Mamas, zwei Papas, Alleinerziehende – aber finden es Kinder nicht immer schön und beruhigend zu wissen: »Ah, Mama und Papa, die sind verheiratet – die gehören also (theoretisch) für immer zusammen. Die trennen sich nicht mal eben so.«
»Kinder sind konservativ«, hat mal einer der Erfinder der ›Sendung mit der
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