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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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weitaus seltener als Frauen. Die Vollstreckung ist genau vorgeschrieben: Sie muss öffentlich verkündet werden. Ist der Täter oder die Täterin aufgrund eines Geständnisses verurteilt, so muss der Richter den ersten Stein werfen. Waren die Basis des Urteils Zeugenaussagen, so ist dies deren Aufgabe. Männer werden bis zur Hüfte und Frauen bis zur Brust eingegraben. Die verwendeten Steine dürfen nicht so groß sein, dass die verurteilte Person nach ein bis zwei Steinwürfen stirbt, aber auch nicht so klein, dass man sie nicht als Steine bezeichnen könnte. Als wäre all das nicht schon grausam genug, gibt es bei den Hinrichtungen immer wieder Pannen, so geschehen in den 90er-Jahren: Als man nach der Steinigung den Leichnam der jungen Frau beseitigen wollte, stellte man fest, dass sie noch lebte. Man brachte sie daraufhin in ein Krankenhaus, wo sie über Monate hinweg gesund gepflegt wurde. Nachdem sich ein Gericht mit dem Fall beschäftigt hatte, stellte man klar, dass das Todesurteil gegen sie immer noch Gültigkeit habe. So wurde sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erneut von einer aufgebrachten Menge gesteinigt, dieses Mal bis zu ihrem Tod. 25
    Die Ausführlichkeit der Beschäftigung mit Sexual»delikten« in der Scharia zeigt einmal mehr die Sexualfixiertheit der Autoren dieser Gesetze, allesamt iranische Rechtsgelehrte. Wie gesagt, 76 Artikel haben sie diesen Verbrechen gewidmet.
    Der geringere Wert der Frau zeigt sich hier unter anderem in der unterschiedlichen Bestrafung der Homosexualität. Sie zieht bei Männern zwingend die Todesstrafe nach sich. Bei Frauen ist das anders – was natürlich in der Praxis gut ist, ich wünsche nicht die »Gleichberechtigung bei Steinigung für Lesben«. Aber logisch ist, dass, wenn weibliche Sexualität sowieso gering geschätzt wird, der Gedanke an lustvolle Sexualität von zwei Frauen miteinander jegliches Vorstellungsvermögen übersteigt. Bei Frauen wird Homosexualität somit folgerichtig verächtlich definiert als das »Herumspielen einer Frau an den Geschlechtsteilen einer anderen Frau« und »nur« mit 100 Peitschenhieben bestraft. Zumindest dreimal, beim vierten »Vergehen« werden auch Lesben hingerichtet.
    Deutsche Behörden überlegten in einem Fall im Sommer 2007 sogar, die Verurteilte ihrer Strafe zuzuführen: Yasmin K. droht die Abschiebung aus Berlin. Sie hat Asyl beantragt – wegen Verfolgung aufgrund ihrer lesbischen Lebensweise. Ihrer Anwältin liegt das Todesurteil vor: 2006 wurde sie von einem iranischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt. In Abwesenheit, sie war bereits geflüchtet. Mit 14 entdeckte Yasmin K., dass sie ein Nachbarmädchen liebte. Dessen Eltern zogen, als sie es bemerkten, sofort weg. Yasmins Mutter ließ ihr Tabletten verschreiben – sie sollte »normal« werden. Später verliebte sich Yasmin K. in eine Kommilitonin. Als das bekannt wurde, flog sie von der Uni. Sie blieb ihrer Partnerin trotzdem treu – auch als sie zum Schein, und um ihre Eltern zu beruhigen, einen Mann heiratete. Schließlich sah sie keinen Ausweg mehr als eine wochenlange Flucht, ihr Vater half ihr. In Berlin fühlt sie sich einsam, hofft auf Asyl.
    Der Tagesspiegel vom 16. August 2007 berichtet: »Doch für die Behörden ist ihre Geschichte eine ›Verfolgungslegende‹. Begründet wird dies damit, dass die Mutter von Yasmin K. bei einer Befragung durch Beamte des Auswärtigen Amts sowohl die Homosexualität ihrer Tochter als auch die Hilfe ihres Ehemannes abstritt. ›Das ist absurd‹, sagt ihre Anwältin. ›Die haben einer iranischen Frau von zwei ihr unbekannten Männern Fragen stellen lassen, deren ehrliche Beantwortung nicht nur peinlich, sondern für den Ehemann tödlich sein könnte.‹ Die Anwältin hofft nun, im Rahmen des Asylverfahrens wieder einen vorläufigen Schutz zu erreichen. Dieser wurde Yasmin K. vom Berliner Verwaltungsgericht abgesprochen. Momentan, sagt die Anwältin, könnte sie tatsächlich jederzeit abgeschoben werden.«
    Das Berliner Verwaltungsgericht urteilte Ende September, Yasmin K. kann mit einer Duldung bis Ende des Jahres in Deutschland bleiben, ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes steht noch aus.
    Die Unterwerfung der Menschen unter eine religiöse Macht, die ihre Sexualtriebe verteufelt, angeblich im Namen Gottes, hat im Menschen und seinen (sexuellen) Bedürfnissen einen starken Gegner. Die sexuelle Selbstbestimmung als Feind zu sehen, das gibt es auch in anderen Religionen, so auch in der katholischen

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