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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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nordnigerianischen Bundesstaat Katsina zum Tod durch Steinigung verurteilt worden war, weil sie als geschiedene Frau ein Kind geboren hatte, was nach der Scharia den Tatbestand des »Ehebruchs« darstellt. Weltweite Proteste haben Amina Lawal vor dem grausamen Tod bewahrt, doch Steinigungen werden nach wie vor verhängt und vollzogen.
    Das folgende Zitat stammt von einem Schüler, der der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte e. V. (IGFM) seine Erlebnisse aus dem Jahr 1992 in der im Südwesten Irans gelegenen Stadt Abadan berichtete: »Eines Tages musste ich mit meiner Schulklasse ins Stadion kommen. Es sollte eine Steinigung vollzogen werden, bei der wir zuschauen mussten. Wir saßen auf den Tribünen und warteten. Sandwich-Verkäufer gingen durch die Reihen und boten ihre Waren an. Dann endlich wurde ein Mädchen ins Stadion geführt. Ich erschrak, denn ich erkannte dieses 17-jährige Mädchen. Sie wohnte in unserer Straße, und als Kinder hatten wir miteinander gespielt. Ein Mullah las ihr das Urteil vor: ›Im Namen Allahs, des Barmherzigen, wirst du zum Tode verurteilt durch Steinigung.‹ Das Mädchen weinte, aber es wirkte wie benommen. Sie wurde in ein Loch gestellt, das man in die Erde gegraben hatte. Dann schaufelte man dieses Loch bis zur Brusthöhe des Mädchens zu. Auf den Tribünen johlte der Mob. Dann flogen die ersten Steine, die gezielt neben dem Mädchen auf den Boden fielen. Jedes Mal, wenn der Oberkörper des Mädchens zuckte, um einem Stein auszuweichen, begann das Johlen der jungen Männer von Neuem. Es war wie bei einem Fußballspiel, wenn ein ganzes Stadion ›Tor‹ schreit. Dann trafen die ersten Steine. Das ganze Spektakel zog sich hin, bis das Mädchen endlich tot war. Ich musste erbrechen. Einige Tage später war ich beim Friseur. Neben mir saß ein alter Mann und weinte. Ich fragte ihn: ›Väterchen, warum weinen Sie?‹ Und er antwortete: ›Meine Tochter ist tot, eben bekam ich vom Gericht die Papiere, dass meine Tochter, die Jungfrau, in der Nacht vor ihrem Tod mehrmals verehelicht wurde.‹ (Im Iran gibt es die Möglichkeit, eine Ehe auf Zeit zwischen einer Stunde und 99 Jahren einzugehen.) Ich erkannte nun diesen Mann als Vater der Hingerichteten. Man hatte ihm zu seinem Schmerz über die tote Tochter, die nichts anderes getan hatte, als Flugblätter gegen das islamische Regime zu verteilen, nun auch die letzte Hoffnung genommen. Muslime in unserem Land glauben, dass Jungfrauen, die blutig sterben, gleich ins Paradies eintreten und nicht ins Jüngste Gericht kommen. Weil man dieses Mädchen in der Nacht vor ihrem Tod mehrmals ›verehelicht‹ hatte, starb sie nicht als Jungfrau und musste nun – nach dem Glauben ihres Vaters – aufs Jüngste Gericht warten. Ich war entsetzt über diese Art des gewaltsamen Todes und über die zynische Weise des Urteils, dass ein junges Mädchen im Namen Gottes des Barmherzigen gewaltsam auf furchtbare Weise getötet wurde, nachdem man sie in der Nacht vor ihrem Tod gesetzlich korrekt mehrmals vergewaltigt hatte. Aus diesem Grund kann ich kein Muslim mehr sein.«
    Das Wissen über die Steinigung in frühen Kulturen ist sehr lückenhaft. In jedem Fall scheint sie aber eine sehr alte Hinrichtungsform zu sein, die weltweit an mehreren Stellen in sehr verschiedenen Kulturen bekannt war.
    Von Steinigungen wird schon lange berichtet, zum Beispiel in der Bibel. Dort kann man im fünften Buch Mose lesen: 13,7-12 (gegen Götzendienst): »Wenn dein Bruder, deines Vaters Sohn oder deiner Mutter Sohn, oder dein Sohn oder deine Tochter oder dein innigst geliebtes Weib oder dein Freund, den du wie dein eigenes Leben liebst, dich heimlich verlocken will und spricht: Wohlan! Lasst uns anderen Göttern dienen (…), so sollst du ihm nicht zu Willen sein und nicht auf ihn hören, auch nicht mitleidige Nachsicht mit ihm üben, seiner schonen und seine Schuld geheim halten, sondern du musst ihn unbedingt anzeigen. Deine Hand erhebe sich zuerst gegen ihn, um ihn zu töten, danach die des ganzen Volkes! Zu Tode sollst du ihn steinigen, weil er darauf ausging, dich von Jahwe, deinem Gotte, abzubringen, der dich aus dem Ägypterlande, dem Sklavenhause, wegführte. Und ganz Israel soll es erfahren, dass sie sich fürchten und fernerhin nicht mehr etwas derart Böses in deiner Mitte tun.« Nimmt jemand die Bibel wörtlich und als Gottes Wort, wie die evangelikalen Christen, so könnten Steinigungen auch im Westen wieder eingeführt werden. Das mutet zurzeit

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