Ich habe abgeschworen
Grundsätze immer wieder selbst überprüfen, an der Realität und den Lebensbedingungen meiner Mitmenschen. Ich muss meinem Leben selbst einen Sinn geben. Freiheit ist nicht einfach. Selbst zu denken, zu entscheiden und zu handeln als soziales Wesen mit Verantwortung ist oft schwerer, als die Verantwortung abzugeben und von anderen diktierten Regeln zu folgen, deren Befolgung auch noch als Belohnung das ewige Paradies verheißt. Meine Belohnungen sind die Befreiung von Nazanin Fatehi, das eigenständige Denken meiner Töchter, der Zuspruch einer Zuhörerin nach einem Vortrag. Dies gibt mir die Kraft, meinen Kampf für die Freiheit jeden Tag neu aufzunehmen.
Meine größte Bitte an die in diesem Land aufgewachsenen Menschen ist, genau zu prüfen, wo sie tolerant sind. Denn Toleranz kann nur auf Gegenseitigkeit beruhen. Lippenbekenntnisse, auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes zu stehen, dürfen den islamischen Verbänden nicht einfach abgenommen werden – sie müssen aufgefordert werden, diese zu untermauern, und ich sehe dafür ein einfaches Zeichen: Die Frauen werden ihr Kopftuch ablegen und ihr Haar unverhüllt wehen lassen. Sie werden sich weigern, als Verkörperung der satanischen Verführung zu gelten, die der Mann nur bändigen kann, indem er die Frau und ihren Körper kontrolliert und als Ehefrau und Tochter besitzt. Sie werden selbst entscheiden, ob sie heiraten, und wenn ja, wen. Sie werden nicht mehr arabische Verse nachbeten, sondern sich eine eigene Meinung bilden zu ihrem Leben und der Gesellschaft, in der sie leben wollen. Sie werden den Begriff »Ehre« ablehnen und selbstbestimmt ihre eigenen Werte formulieren, ihr eigenes Leben leben, mit Respekt vor sich selbst und allen Menschen. Wie immer sie das tun werden – sie werden für sich selbst sprechen, jede Einzelne. Wir sollten diesen Frauen alle Gelegenheit bieten, ihren Käfig zu erkennen, die Tür zu öffnen, und sie ermutigen, diesen Käfig zu verlassen.
Danksagung
I ch bedanke mich bei meiner Familie, ganz besonders meiner Mutter, meinen beiden Töchtern und besonders bei meinem Mann Mohammad Asangaran.
Danke an Sina Vogt, die mir ermöglicht hat, dieses Buch über mein Leben zu formulieren und zu schreiben.
Ich bedanke mich bei allen meinen vielen Freunden in der ganzen Welt, vor allem bei denen im Iran, die mir geholfen haben und mir Ansporn sind für meine Arbeit.
Mein bester Dank geht in Erinnerung an Mansoor Hekmat, der in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt hat.
Mina Ahadi
D anke an Mina Ahadi für ihre Bereitschaft zum Erzählen, an Andrea Kunstmann, die sich im Heyne Verlag engagiert des Buchprojekts annahm, an Dunja Reulein für ein engagiertes und in jeder Hinsicht weiterhelfendes Lektorat, Annette Wagner für wertvolle Ratschläge zum Manuskript und Kristiane Dopp für unermüdliche Motivation.
Sina Vogt
Anhang
»Wider die falsche Toleranz!« -
Politische Forderungen
des Zentralrats der Ex-Muslime
D er Zentralrat der Ex-Muslime fordert die Bundesregierung und die Vertreter des deutschen Staates dazu auf, sich auf internationaler Ebene für die Einführung und Einhaltung der Menschenrechte in den Ländern des islamischen Herrschaftsraumes einzusetzen und gegen Ehrenmorde, weibliche Genitalverstümmelung, Steinigungen, Hinrichtungen, Folterungen sowie andere unmenschliche Praktiken wirksam einzuschreiten. Politische und wirtschaftliche Abkommen müssen explizit die Einhaltung menschenrechtlicher Regelungen zur Voraussetzung haben. Islamische Herrschaftsregime und Organisationen, in denen die Scharia Verfassungsnorm ist und/oder die dem dschihadistischen Terrorismus zuarbeiten, unterstützen oder gar anleiten, dürfen keine Fördergelder mehr erhalten. Die »Kuscheldiplomatie« mit Vertretern theokratischer Systeme muss beendet werden, stattdessen sind Kontakte zur säkular-demokratischen Opposition in den »muslimischen Ländern« herzustellen und auszubauen.
Innenpolitisch fordern wir die konsequente Trennung von Staat und Religion sowie die entschiedene Durchsetzung der aufklärerisch-humanistischen Leitideen, auf denen der moderne Rechtstaat notwendigerweise gründet. Das bedeutet u. a.:
• Die Freiheit der Kunst, Wissenschaft und Meinungsäußerung muss gerade auch gegenüber jenen religiösen Kräften verteidigt werden, die mithilfe eines »aggressiven Beleidigtseins« jede Form von Islamkritik im Keim ersticken wollen.
• Das Tragen des Kopftuchs, das Erkennungszeichen für den
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