Ich habe die Unschuld kotzen sehen
Passanten. Viel Polizeipräsenz. Beängsti gent. Viele Sprachen. Wie so oft. Keinen Plan. Und doch Verlangen.
Nach Worten.
Gesprochen von ihr in meine Richtung.
Immer noch kalt. Kaffee. Drei Euro fünfzig. Kapitalismus. Immer wieder. Wie immer.
Egal. Kaffee. Einige Schritte.
Uringeruch.
Zwei Bul len mit monströsem Köter. Zwei Bullen mit monströ sem Köter? Uringeruch? Unterhaltungen mit mir selbst. Watch the people passing by. Gedankenamok. Fehlender Durchblick durch die emotionale Wüste. Eine Verhaftung. Dann zerreißt ein Jubelschrei ...
... die Stille. Hagerer Mann. Vorm Süßigkeitenauto mat. Ein SchokoladenJunkie? Lachend, tänzelnd.
Riesiger, dürrer Körper. Laute, volle Stimme.
Freak, so viel ist klar.
Innehalten. Ihn betrachtend. Staunend. Er im Freudenfieber, scheinbar grundlos. Der Automat? Gefüllt mit Industiescheiße. Getarnt als lustige Schokoriegel mit aberwitzigen Namen. Also unmöglich, sich drüber zu freuen. Es sei denn, durchgelallte Synapsen. Irre, dieser Körper. Kinderla chen im Massenmörderpsychopathenkörper.
Wache Augen. Treffen meine. Schritte in meine Richtung. Auf alles gefasst. Fluchtgedanke. Doch ein Schuss laszive Sanftheit streichelt mein Gehör. Fesselt mich. Seine Stimme.
Spricht zu mir.
Erzählt mir.
Vom gro ßen Glück. Zwei Schokoriegel zum Preis von einem. Bounty. Gedeutet von mir als göttliches Zeichen. Eigentlich nur zum Spaß. Für ihn. Zum Weiterlachen. Über meine Dummheit.
Er beginnt zu erzählen.
An die Südsee, sagt er, will er. Wild gestikulierend. Vom Unglück seines Lebens. Verlust von erbarmungsloser Liebe. Obdachlosigkeit. Wohnt derzeit in seinen Ta schen. In den Exkrementen der Großstadt, Weltstadt München.
Angst, sagt er, hat er. Vor dem Winter. Erzählt von seiner Mutter. Verstoßen. Erzählt von seinem Fußballverein. Unbemitleidet. Erzählt und wütet. Mordende Gesellschaft. Ich begegne ihm mit Verständnis und Herzwut.
Deutschland.
Gemein sam die hohe Macht anfeindend. Rock das Haus, kaputt, kaputt. Und sein Weg führte ...
... weg von überall.
Hin ins nirgendwo. Ich verfolge ihn. Durch viele Stationen. Reise mit ihm. In seiner Tasche der Dreck. Vergangenheit. Viel Vergangenheit. Beleuchtet von Sehnsucht. Vergleiche ihn mit Jesus Christus.
Verfolgt. Revolutionär. Und glän zend.
Bunkercharme. Ghettoattraktivität. Wie dieses Gebäude. Wie die ganze freie, globale Welt. Der Wahnsinn unserer Zeit.
Reflexionen der Kindheit. Als die Kunst noch unschuldig war. In den Kinder schuhen. Stolpernd. Durch erbrochene Struktur. Als das Denken den Menschen in die Welt kotzte.
Ziga retten. Zeitlose Augenblicke. Diese voll verkommene Ästhetik. Wie Diebe. Wir stehlen uns gegenseitig die Zeit . Milliarden der Worte. Sinnig aneinandergereiht. Das Gespräch des Jahres (bislang)! Werte Erfahrun gen.
Und außerdem sei er nicht drogensüchtig und außerdem ...
... Künstler aus lauter Leidenschaft. Ein Bild habe er gemalt. Für meine Seele. Schwimmendes Schachbrett! Silvester in New York! Naive im Kino!
Kunst.
Zwischen Naivität und der gnadenlosen Romantik der Unkenntnis über das Leben. Entscheidung: Schwimmendes Schachbrett. Der Rest ist Scheiße.
Grüner Rahmen.
Rote Unterlage.
Schachbrett im Wasser.
Am Horizont die Sonne.
Unschlagbarer Gegner. Dies alles für nur zwanzig Mark. Man solle sie herausfordern, die gelbe Sau. Kocht auch nur mit Wasser. Vernichten! Ignorieren. Schach spielen gegen den Sonnenschein.
Gegen alle Regeln der Vernunft.
Seine Einsamkeit. Im Vergleich mit meiner. Ein Weltmeer.
Offenbarungen. Mein Name für seine Unterlagen.
Das Bild. Er will es zurück.
Wenn die Zeit reif ist und er finanziell imstande. Ich gebe Jesus Christus meine Anschrift. Dann der Abschied Richtung ...
... was ich Heimat nenne, aber keine ist. Der Zug. Durchgelallte Synapsen. Er in meinem Kopf. Seine Geschichten. Sein Bild.
In meiner Hand. In meinem Kopf.
Der Rest war Scheiße. Bin unsicher. Vielleicht für immer. Der ICE ballert in die Nacht. Blick aus dem Fenster. Von Gott verlassene Stadt.
Von Jesus Christus bewohnte Stadt.
Ich verlasse für einen Augenblick die Welt ...
Gottes Haus
Ich führe ein freiheitliches Leben im Dreck. Im Ge stank einer vollgepissten Großstadt, ohne Gnade einer möglichen Flucht. Das letzte Geld in Bier investiert ermöglicht keinen Schlaf. Aber die nötige Müdigkeit wäre vorhanden.
Allein.
Hatte soeben eine
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