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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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schaust so komisch aus?
    „Mein Vater ist tot und ich soll ihn beerdigen.“
    „Du sollst was? Du hast doch gar keinen Vater.“
    „Jeder hat einen Vater. Ich auch. Und meiner ist jetzt eben tot.“
    Ich leerte mein Glas fast ganz.
    „Du weißt, was ich meine. Ich dachte, du weißt nichts über ihn.“
    „Jetzt weiß ich es aber.“
    Meine Augen wurden glasig und ich hätte das gerne dem Rotwein angedichtet. Willy wusste nicht ein, noch aus. Meine wassergefüllten Augen verunsicherten ihn bis auf die Knochen. Er stand auf und holte eine neue Flasche Wein. Im Vorbeigehen tatschte er mir mit der flachen Hand auf den Kopf. Ich nahm an, dass es ein Versuch war, mich zu trösten. Mich machte diese Unbeholfenheit rasend. Ich hätte ihm gerne eine gescheuert.
    „Ich hau ab. Du kapierst das nicht.“
    Ich wollte aufstehen. Doch Willy sah aus wie ein angeschossenes Reh. Er konnte nichts für meinen Tag. Mein Leben. Ich blieb sitzen und wartete ab, was er noch zu sagen hatte.
    „Wenn dir das alles zu viel ist, sag es denen. Du musst da nicht hin.“
    „Hörst du nicht zu? Ich weiß nicht, ob ich das will oder nicht. Ich weiß es einfach nicht. Nach siebenunddreißig Jahren. Ihn beerdigen. Wie komme ich dazu, mir noch seine fadenscheinigen Erklärungen in einem Brief anzuhören.“
    Mein Tonfall war so scharf, dass Willy verstummte. Ich schenkte mir selber Wein nach.
    „Dann schlaf mal noch eine Nacht drüber.“
    „Ja, das mach ich. Wenn ich schlafen kann. Was ich nicht glaube.“
    Innerlich war ich mir da nicht so sicher. Ich hatte Mühe, die Augen aufzuhalten. Und bevor das aufflog, packte ich meine Tasche und stand auf. Willy schaute furchtbar traurig aus. Ich konnte richtig sehen, wie er überlegte, was er jetzt noch sagen könnte, um mich sanft zu stimmen. Meine Lust, darauf Rücksicht zu nehmen, hielt sich in Grenzen. Um ihn nicht ganz im Regen stehen zu lassen, wechselte ich das Thema.
    „Guter Umsatz heute?“
    „Ja, super! Gut, dass du da warst. Sonst hätten wir das alles nie geschafft.“
    „Dann hätten ein paar Teller gefehlt. Na und?“
    Ich musste einsehen, dass der Abend keine Gespräche mehr zuließ. Ich war auf Krawall gebürstet. Auf dem Nachhauseweg schwankte ich gewaltig. Ich hatte nichts gegessen, bis auf ein paar heimlich abgepulte winzige Wachteleier, dafür aber fast zwei Flaschen Wein getrunken. Die Furcht vor einem ausgewachsenen Kater überkam mich. Der Sender wartete auf einen Beitrag über eine Veranstaltung mit dem viel sagenden Titel „Russian Voices“. Mit Kopfschmerzen war zu rechnen. Ich betete wenigstens für einen geordneten Kreislauf.
    In der Zeit mit Kai hatte ich weniger getrunken. Er hatte nichts übrig für Alkohol. Aber er konnte darüber lachen, wenn ich einen in der Krone hatte. Für alles hatte er Verständnis. Ich habe genau dieses Verständnis mit Langeweile verwechselt. Jetzt hätte ich nichts lieber gehabt als einen Kai, der mir ein Glas Wasser reichen und mich eine dumme Gans nennen würde. Niemals war ich auf die Idee gekommen, dass er mich verlassen könnte. Dafür habe ich ununterbrochen darüber gesprochen, dass ich ihn verlassen werde, weil er das nicht ist, jenes nicht kann und sowieso. Dann hatte er es doch getan.
    „Ich kann nicht mal einen Kräutergarten anpflanzen, ohne dass du ausflippst, weil du denkst, wir könnten tatsächlich zusammenbleiben.“
    Als er das sagte, trug sein Gesicht einen Ausdruck, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Die Enttäuschung stand ihm auf die Stirn geschrieben. Es war, als knickte er ein. Seine Versuche, mich bei der Stange zu halten, mich zu überzeugen, dass wir füreinander geschaffen waren. Er konnte nicht mehr. Zuvor hatten wir einen Streit. Ich kam nach Hause, und Kai hatte fein säuberlich Kräuter auf dem Balkon angepflanzt. Er machte solche Sachen gerne. Als ich das sah, machte ich eine unglaubliche Szene. Ich rupfte das Basilikum aus und trampelte auf dem Thymian herum. Diese Pflanzen waren ein Affront gegen meine Freiheit. Als ob Kai sich selbst in mir einpflanzen wollte.
    Dann packte er seine Sachen und war fort. Am selben Abend. Ich hatte es geschafft, ihn zu verjagen. Mein Liebeskummer übertrumpfte sich täglich selbst aufs Neue. Ich bettelte ihn an, es noch einmal zu versuchen, doch ich blieb unerhört. Kai war weg. Das war zwei Jahre her. Ich hätte gern gewusst, woher er die Geduld genommen hatte, mich so lange auszuhalten.

    Zuhause nahm ich eine prophylaktische Aspirin und trank einen halben Liter

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