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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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zu gehen, war größer, als die Nacht im Auto zu verbringen. Ich brauchte zwei Stunden, um mich durchzuringen, es doch zu tun. Als ich die Wohnungstür hinter mir schloss, wusste ich, dass Kai in meinem Leben nie wieder eine Rolle spielen würde. Ich hatte es in seinem Blick gesehen. Da war weder Liebe noch Freundschaft. Es war reine Neutralität.
    Ein neuer Schwall Selbstmitleid übermannte mich. Meine Mutter war tot, mein Vater, den ich vor kurzem wenigstens noch hätte kennenlernen können, war auch tot, und mein Exfreund war so mit sich im Reinen, dass ich mich fühlte wie ein dummer, irgendwo vergessener Sack Kartoffeln.
    Ich legte mich auf mein Bett und unternahm den Versuch, ruhig zu bleiben. Immer wieder kam ein Gefühl von Angst in mir auf. Angst vor der totalen Verlassenheit. Irgendwo in meinem Kopf hatte ich immer gedacht, dass Kai sich nach mir sehnte. Dass er es irgendwann nicht mehr aushalten würde, und zu mir zurückkommen wollte. Das erschien mir jetzt lächerlich und überheblich. Der Gedanke, dass ich mich dermaßen überschätzte, quälte mich. Warum sollte Kai eine Frau zurück wollen, die ihm das Leben mit ihrer Unentschlossenheit zur Hölle gemacht hatte?

3. Mamma Mia
    Immer wenn ich zu viel Alkohol getrunken hatte, kam es mir vor, als würde ich mich zwar am darauf folgenden Tag schlecht fühlen, aber sehen würde es man es erst so richtig am übernächsten Tag. So als ob sich das Gift schleichend einen Weg direkt in die Augengegend bahnte und die Lider langsam zuschwellen ließ. Als ich in den Spiegel schaute, erschrak ich regelrecht. Anstelle von Augen hatte ich kleine Ping-Pong-Bälle im Gesicht. So würde ich nicht in den Sender gehen. Und das musste ich, denn mein Beitrag über das russische Konzert sollte am Nachmittag gesendet werden.
    Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass Teebeutel die Augen schneller abschwellen ließen. Ich hatte aber vergessen, ob man die dann kalt oder warm auf die Augen legen sollte. Kalt erschien mir logischer. Alles was ich fand, war eine abgelaufene Packung Ostfriesentee. Ich kochte zwei Beutel davon ab und und legte sie ins Gefrierfach.
    Beim Zähneputzen kamen mir alle Ereignisse der letzten zwei Tage in den Kopf. Wie verrückt schrubbte ich meine Backenzähne und versuchte, nicht noch einmal in Tränen auszubrechen. Ich wünschte mir, dass meine Mutter hinter mir auftauchen würde und ich sie im Spiegel sehen könnte, um ihr zuzuwinken. Um diese Zeit war sie an Wochentagen immer in den kleinen Tante Emma-Laden gegangen. Sie arbeitete dort als Verkäuferin. Es gab in dem Geschäft praktisch alles. Pfannen und Töpfe, aber auch Hausschuhe, Unterwäsche und sogar Hundefutter. Alles war von durchschnittlicher Qualität und einigermaßen teuer.
    Die Leute kamen trotzdem. Ich wusste genau, warum. Eben wegen meiner Mutter. Sie hätten auch zu einem der neu gebauten Einkaufszentren fahren können. Aber dann hätten sie sich nicht so gut gefühlt. Meine Mutter hatte die Gabe, jedem Kunden das Gefühl zu vermitteln, er sei jetzt momentan das Wichtigste und Besonderste auf der ganzen Welt. Ihr Langzeitgedächnis speicherte über Monate Belanglosigkeiten und Sorgen, die ihr von den Leuten erzählt wurden, und sie stellte immer die richtigen Fragen. Jemand hatte einen kranken Hund oder einen schlimmen Streit mit der Schwester: Sie konnte sich an alles erinnern und wollte wissen, wie es denn in der Zwischenzeit so gegangen war ... mit dem schlimmen Rücken, dem undankbaren Sohn oder dem Rheuma der Tante. Sie machte den Leuten Komplimente und bemerkte jede Veränderung – und sei es nur ein neuer Nagellack gewesen. Das Schöne daran war: Sie tat es nicht aus Berechnung. Sie war einfach so. Ein Mensch mit einem riesigen Herzen und einer Freundlichkeit, die so warm war, dass sich ihr niemand erwehren konnte. Dem grimmigsten Miesepeter konnte sie ein Lächeln entlocken.
    Seltsamerweise ging ihre Liebenswürdigkeit nie über eine bestimmte Grenze hinaus. Mir schien, ihr Interesse an zeitintensiven Freundschaften war nicht vorhanden. Sie begründete das damit, am liebsten mit mir zusammen zu sein, was ich ihr gerne glaubte.
    Niemand konnte ihr Alter schätzen. In ihrem Gesicht wohnte immer ein junges Mädchen, zumindest wenn sie lachte. Manchmal wirkte sie wie eine reife Frau. Aber selbst mit achtzig unterschied sie sich von allen anderen Frauen ihres Jahrgangs. Ihre Haut war so glatt, dass selbst ich mich wunderte. Sie hatte bis auf eine minimale Dekoration wie ihren

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