Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
sondern aller zivilisierten Menschen hervorrufen muss».
Endlich bewegte sich der Schrank von der Tür, und meine Frau öffnete mir einen Spalt. «Du wirst staunen», frohlockte sie und zog mich hinein. Mein Staunen war von der Ratlosigkeit eines eben erwachten Komapatienten nicht zu unterscheiden. Meine Frau hatte alles umgeräumt. Nichts stand mehr an seinem alten Platz. Nur den Kamin hatte sie verschont. «Wie findest du das? Ich habe das Wohnzimmer in drei verschiedene Funktionsbereiche aufgeteilt.» «Ist auch einer dabei, wo manungestört heulen kann? Ich wollte doch nur nach Hause!», sagte ich kläglich.
Meine Frau war in den eigenen vier Wänden umgezogen. Und zwar nicht zum ersten Mal. Im Zeitraffer gesehen, geht es in unserer Wohnung zu wie in einem Würfelbecher. Ich blicke mich beim Hinsetzen schon immer vorher um, ob der Stuhl noch da ist oder nicht doch kurzfristig hinter meinem Rücken umarrangiert wurde. Das ist möglicherweise auch der Grund, warum Männer so gerne zur See fahren. Da ist alles festgeschraubt! Und wahrscheinlich verdanken wir es nur der Dominanz von Männern im Museumsbereich, dass es überhaupt noch beständige Einrichtungen gibt und von der Cheopspyramide nicht zigtausend Farbschichten von Mintgrün bis Altrosa blättern oder Lenin in seinem Mausoleum quartalsweise auch mal hochkant oder nur lose als Accessoire über irgendeinen Marmorsockel geworfen («drapiert») die Anbetung der Besucher empfängt.
«Mach es dir bequem. Ich hab neue Überzüge gekauft», lockte das Weib mich in die umgruppierte Sitzgruppe. Wir saßen eine Weile erneuert im frischen Stoff. Aber irgendwas stimmte nicht. «Dein gestreiftes Hemd passt nicht so recht zu den Hussen. Würde es dir was ausmachen, einen Pullover anzuziehen?» Ich ging so fort und kam anders wieder. Meine Frau runzelte noch tiefer die Stirn. «Es lag nicht am Hemd. Tut mir leid. Es ist irgendwie …» «Du meinst, man kann mich nicht mit jedem x-beliebigen Möbelstoff kombinieren?» «Ich wollte es so nicht sagen.» «Möchtest du lieber einen anderen Mann für dein Wohnzimmer?» «Nee, ich räum einfach nochmal ein bisschen um. Ich hab da noch so ein paar Ideen», sagte meine Frau, und die Leute von der Hussenmafia konnten sich schon mal die Hände reiben.
Die Welt im Kleinen
Manchmal, wenn ich Staub sauge, macht der Staubsauger schlurps und dann flupp. Manchmal zutscht es auch ein bisschen zäh, klingelt kurz im Ansaugrohr und macht dann erst flupp. Ist aber egal, weil es jedes Mal dasselbe bedeutet. Der Staubsauger hat ein Kleinteil verschluckt. Pah! Irgendwelche unbedeutenden Details! Ab damit!, mag jetzt ein junger Taugenichts schulterzuckend denken, aber der junge Taugenichts schließt hier vorschnell von sich auf andere: Es gibt keine unbedeutenden Kleinteile. Kleinteile werden mitnichten aus Jux hergestellt, um irgendwo frei nach Schnauze angeschraubt zu werden und dann endlich abzufallen, auf dass sie ein Staubsauger aufschlürfe. Kleinteile sind absolut unverzichtbar! Sie halten die Welt im Innersten zusammen!! Ohne Kleinteile ist alles nur Schrott!!!
«Besinne dich, Mann!», ruft jetzt meine Frau vom Mittagstisch aus, während ich mich mit der Geflügelschere, der diese winzige Aufspannfeder fehlt, im Hähnchenbrustbein festgewürgt habe. Die Kinder und Verwandten starren entsetzt auf mein Ringen, aber es ist noch nicht vorbei. Sie müssen auch noch Zeuge werden, wie ich, alles von mir werfend, in die Abstellkammer eile, den Stausaugerbeutel HDC 67-A (i) (Beutel ohne das (i) passen nicht, aber bevor Ihnen diese Nuance geläufig ist, kennen Sie alle Elektrotechnikhändler der Umgebung) aus dem Staubsauger reiße und mit spitzen Fingern in den Flusen herumwühle, schließlich die Nerven verliere und ihn auf dem Tisch auskippe …
Es wäre also gut, wenn man auf herumliegende Kleinteile achtet. Allein, Kleinteile geben sich nicht zu erkennen. Niemand hebt sie auf und ruft: Ah, der konvexe Plastikgussschraubenblockeinsatz für die Spannverstrebungen meines Küchenstuhls. Das erfahren Sie erst vom kriminaltechnischen Dienst, der zusammen mit den Sonderagenten der Haftpflichtversicherung die zerbröselten Teile des Sitzmöbels zu rekonstruieren versucht, während daneben der Arzt Ihren auf dem Rücken liegenden Schwiegervater abfühlt und dabei mit sanfter Stimme von den vielen schönen Dingen erzählt, die Patienten mit derart multiplen Beckenbrüchen noch erleben können («stimmengesteuerte Betthöhenverstellung,
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