Ich kenne dein Geheimnis
Peppino la Lepre und Rino Greco aus. Die beiden Begleiter gingen rechts und links
von ihm, während Santanna einige Telefonate mit dem abhörsicheren Handy führte. Gemeinsam betraten sie eine kleine Trattoria
an der Ecke.
Sobald der Wirt sie sah, kam er auf sie zu, um sie überschwänglich zu begrüßen: »Vituzzu, wie geht’s? Heute gibt’s
pasta con pesto alla trapanese
, genau wie du sie magst.«
»Wie gut, dass ich gerade heute vorbeischaue. Ist mein Platz frei, Nino?« Er sah sich in dem rustikalen Lokal mit seinen Holzdielen
und rauen Natursteinwänden um. Zu dieser Zeit |453| waren nur wenige Gäste da, man konnte in Ruhe und ohne lange warten zu müssen essen.
»Natürlich ist dein Tisch frei, Vituzzu. Gehören die beiden zu dir?«
»Ja, gib ihnen einen Tisch gegenüber von meinem.«
»Wie du willst. Komm mit.« Nino brachte ihn zu einem Tisch in einer Nische an der Ecke. An der Wand hing ein langer rechteckiger
Spiegel. Der Platz war perfekt: vor unliebsamen Mithörern geschützt, und doch hatte man von hier aus das ganze Lokal im Blick.
Rino und Peppino setzten sich an den Tisch gegenüber, um ihm Deckung zu geben, falls es Schwierigkeiten geben sollte. Während
Vituzzu die Getränke bestellte, betrat der Mann die Trattoria, mit dem er gerade telefoniert hatte.
Er war mittelgroß, mager und völlig unauffällig. »Schlechte Neuigkeiten«, sagte er leise und nahm neben Santanna Platz. »Sie
wissen von deinen Alleingängen in Sachen Schutzgeld. Außerdem gibt es da noch eine alte Geschichte, die jetzt wieder ans Licht
gekommen ist …« Als er den Wirt mit einem Krug Wein und einer Flasche Mineralwasser an den Tisch kommen sah, hielt er kurz
inne.
» Arancini
und Pasta al Pesto für zwei?«, fragte Nino und goss Santanna etwas zu trinken ein.
»Nein, er geht gleich wieder«, Vito wartete, bis sie wieder allein waren. »Weiter.«
»Die Familie weiß, dass jemand den Sohn der Baronessa ermorden und seine Kinder entführen ließ. Die Zwillinge, die ihm die
Hure geboren hat.«
Santanna leerte sein Glas in einem Zug.
»Die Familie ist ungehalten. Eine einflussreiche Persönlichkeit hat eine Bitte an sie herangetragen, die sie nicht abschlagen
können, jemand, der viel mächtiger ist als du, Vituzzu.«
|454| Während Nino die Reisbällchen servierte, umklammerte Vituzzu sein Weinglas. In seinem Magen brannte es wie Feuer, es ging
schon wieder los.
Als Nino in seine Küche zurückgekehrt war, sprach der Mann weiter: »Du bringst die Geschäfte der Familie in Gefahr.« Er hielt
kurz inne.
» Ci hai ‘nzertato
, du hast richtiggelegen, als du mich vorhin angerufen hast. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
Der Mann stand auf, blickte sich prüfend um und verließ schnellen Schrittes das Lokal.
Vito betrachtete die kalt gewordenen Arancini und schob den Teller weg. Er konnte jetzt nichts essen. Wenn er wirklich untergehen
sollte, dann nicht, ohne vorher diese verdammte Hure bestraft zu haben. Die Verräterin. Sie war die Einzige, die seinen Namen
kannte. Vielleicht hatte sie mit dieser Journalistin gesprochen, die hatte es wiederum jemand anderem erzählt, und dann war
es der Familie zu Ohren gekommen.
Smeralda Mangano musste sterben. Aber zuerst hatte Vito Santanna noch etwas anderes zu erledigen.
Er verließ das Lokal und rief Franco Spargi an. Beiläufig fragte er nach Neuigkeiten in der Sache Sannazzaro. Spargi beruhigte
ihn, er habe alles im Griff, vielleicht solle man es im Augenblick nicht übertreiben, die Sicherheitsmaßnahmen in der Firma
seien verstärkt worden. Es wäre besser, noch etwas zu warten, bis die Kontrollen wieder heruntergefahren würden. Dann würde
er die wertvollsten Rebstöcke der Baronessa zerstören, wie besprochen. »Und dann wollen wir doch mal sehen, ob sie nicht doch
weich wird.«
Santanna ging nicht weiter darauf ein und wies ihn stattdessen an: »Eine Sache noch. Hol dir den Jungen. Ich will ihn zu Geld
machen. Sag der Calogero, dass er ihr Sohn ist. Die Hure |455| muss sterben, aber vorher soll sie erfahren, dass wir mit ihrem Sohn ein gutes Geschäft gemacht haben, verstehst du? Genau
wie mit ihrer Tochter.«
»Alles klar.«
Nachdem man Anna Principinis Brief gefunden hatte, erteilte der Staatsanwalt der Kommissarin die Genehmigung, eine Untersuchung
gegen Professor Principini einzuleiten. Er schien die Schlüsselrolle in einem komplizierten und äußerst gefährlichen Spiel
zu spielen, vorausgesetzt, die
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