Ich kenne dein Geheimnis
ab.
Auf so schreckliche Weise ermordet zu werden. Über Täter und Motiv mussten sich aber jetzt andere den Kopf zerbrechen.
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Morgens um halb sieben im Park an der Porta Venezia. Die zwei Joggerinnen hatten bereits ihre erste Runde hinter sich, und
auch Nummer zwei war fast geschafft.
»Ich kann nicht mehr, Silvia.«
»Jammer nicht, Paola. Sei lieber froh, dass ich dich in Form bringe!« Silvia lächelte, ohne das Tempo zu verlangsamen. Im
Grünen joggen zu können versöhnte sie mit Mailand, selbst an einem drückend schwülen Tag wie heute. Bereits zu dieser frühen
Stunde hatte die Sonne die feuchte Luft aufgeheizt. Sicher, die Hektik der Mailänder war auch für Silvia gewöhnungsbedürftig,
aber ihre Pünktlichkeit und Zielstrebigkeit gefielen ihr. Zudem es selbst in der Innenstadt grüne Inseln gab, man musste sie
nur finden. Manchmal verbarg sich hinter der Fassade eines alten Palazzo ein verwunschener Innenhof voller Blumen. Und überhaupt
hatte Commissario Silvia Giorgini eigentlich keinen Grund, sich zu beschweren, immerhin war sie auf eigenen Wunsch von Rom
nach Mailand versetzt worden. Sie brauchte Abstand. Zwar war es ihr durch ihren letzten Fall, eine aufreibende Ermittlung
im Sektenmilieu, gelungen, einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit zu ziehen, doch die Sache steckte ihr noch immer in
den Knochen. Dank ihrer Hartnäckigkeit konnten die Satanssekte zerschlagen und ihre Rädelsführer vor Gericht gebracht werden.
Eine der Hauptverantwortlichen war das Ex-Model Maité Persella, die extravagante Ehefrau eines skandalumwitterten |14| Baulöwen. Späte Gerechtigkeit für ihren Bruder Roberto, der vor nunmehr zehn Jahren durch eine satanistische Sekte in den
Selbstmord getrieben worden war. Sie hatte damals tatenlos zusehen müssen. Ein Neuanfang würde ihr sicher guttun, sinnierte
sie, während Paola Monti hinter ihr herkeuchte. »O ja, meine Freude kennt keine Grenzen! Und zum Zeichen meiner Dankbarkeit
nehme ich dich sogar zu Rolando mit, damit er deinem Strubbelkopf endlich mal eine richtige Frisur verpasst.«
»Unter kurzen Haaren steckt immer ein kluger Kopf«, konterte Silvia. Messerscharfe Repliken waren ihr Markenzeichen. Paola
wollte gerade etwas entgegnen, als das Handy der Kommissarin klingelte.
»Nicht zu fassen, um diese Uhrzeit!« Silvia hielt an und beugte sich kurz vor, um zu Atem zu kommen. Auf dem Display ihres
Handys sprang ihr der Name »Barbera« entgegen.
»Was gibt’s, Pacì?«
Paola nutzte die Gelegenheit und ließ sich auf eine Bank sinken. Ein Blick in Silvias angespanntes Gesicht genügte: An diesem
Morgen würden sie nicht mehr joggen. Die Kommissarin hatte sich neben sie gesetzt.
»Was ist passiert? O. K., gib mir nur einen Moment, damit ich duschen und mich umziehen kann, ich bin gleich vor Ort.«
»Die Arbeit ruft«, spottete Paola.
Aber Silvia war mit dem Kopf schon am Tatort. Sie hörte gar nicht mehr hin.
»Das bedeutet, die Frau im Eurostar ist weder durch Erwürgen noch dadurch ums Leben gekommen, dass die Hutnadel das Herz getroffen
hat. Todesursache war vielmehr eine Überdosis …« Silvia steckte sich eine Zigarette an, die fünfte an diesem Tag. Wäre sie
nicht so nervös gewesen, hätte sie das |15| Rauchen bestimmt mehr genossen, vielleicht zusammen mit einem doppelten Espresso. Doch schnell eine rauchen war besser als
nichts. Zum Glück hatte ihr Mailänder Büro ein größeres Fenster als das in Rom, das sie selbst im Winter stets einen Spaltbreit
offen gelassen hatte. Ihr Blick blieb an der halbleeren Zigarettenpackung auf dem Schreibtisch hängen. Trotz aller guten Vorsätze,
die sie lauthals verkündet hatte, würde sie heute auf gut dreißig Glimmstängel kommen.
Vicecommissario Pacì Barbera kannte sie gut genug, um mit einem einzigen Blick zu erfassen, woran sie dachte, aber er schwieg.
Seiner Vorgesetzten zu widersprechen, dazu war er einfach nicht in der Lage, niemals. Das war sein großer Schwachpunkt, aber
auch Ausdruck bedingungsloser Verehrung. Als Silvia ihn gebeten hatte, mit ihr nach Mailand zu gehen, hatte er ohne Zögern
eingewilligt.
»Das ist der Autopsiebericht.« Barbera legte eine Aktenhülle aus Plastik auf den Tisch. »Eine Überdosis. Und auch eine Überdosis
Nikotin kann tödlich sein, Commissario …« Er riss das Fenster auf.
Silvia ignorierte seine Bemerkung. Sie nahm den Bericht aus der Mappe und begann zu lesen. »Die Einstichstelle ist
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