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Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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wirklich absolut gar nichts mehr zu sehen gab, musste sie sich zwangsläufig wieder zu Ben umdrehen, dessen Blick die ganze Zeit über in ihrem Nacken brannte.
    „Also arbeitest du für einen Technologiekonzern.“
    „Nein.“
    „Dann bist du eine Lügnerin?“
    „Ja. Manchmal kommen die Leute besser mit Lügen zurecht als mit der Wahrheit.“
    „Und die Wahrheit wäre?“
    „Dass ich mit absolut niemandem über meine Arbeit spreche.“
    Er kippelte auf seinen Absätzen herum und musterte Molly dabei lange und misstrauisch von Kopf bis Fuß. „Und warum nicht, Molly?“
    „Das geht dich überhaupt nichts an. Außerdem ist es kompliziert, und Komplikationen magst du meines Wissens überhaupt nicht.“
    Ihre Worte stimmten Ben nicht gerade freundlicher. Als er dann auch noch die Hände in die Seiten stemmte, konnte Molly seine große Pistole sehen – und zwar nicht die, für diesie sich so brennend interessierte, sondern die echte. Schutzsuchend drückte sie sich die Blumen gegen die Brust.
    „Ich werde nicht zulassen, dass hier irgendwas Illegales läuft.“
    „Aber ich …“
    „War das deutlich?“
    „Jetzt mach mal halblang, Ben.“ Frustriert winkte sie ihm zu. „Für wen oder was hältst du mich eigentlich?“
    Er musterte sie ein letztes Mal von Kopf bis Fuß, was ein eigentümliches Kribbeln in Mollys Magengegend auslöste. „Ich habe keinen blassen Schimmer mehr.“
    „Ich bin einfach nur Molly Jennings, eine erwachsene Frau. Und, das hoffe ich jedenfalls, eine verdammt charmante.“
    „Wundert es dich wirklich, dass ich den Freuden eines geheimen Doppellebens nichts abgewinnen kann? Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht mit einer Frau ausgehen, die so viele Geheimnisse hat.“
    „Willst du denn?“
    Seine Antwort beschränkte sich auf ein düsteres Stirnrunzeln, also gab sich Molly geschlagen. „Okay, dann mach ich mich mal auf die Socken. Mach’s gut.“ Aber ein paar Meter weiter konnte sie sich einen letzten Versuch doch nicht verkneifen. „Ich bin heute Abend in der Bar!“, rief sie Ben im Gehen zu. „Vielleicht sehen wir uns ja dort!“
    Eine eiskalte Windbö erstickte seine Antwort. Falls er überhaupt eine gegeben hatte.
    Der Windstoß trug den Duft von Schnee und Kiefernwäldern und gelb verfärbten Espenblättern mit sich. Molly musste trotz Ben Lawson und seinem albernen Verhalten lächeln. Der Herbst war immer schon ihre Lieblingsjahreszeit gewesen, und es gab nichts Schöneres als einen Herbst in den Bergen. Trockene Blätter wirbelten durch die enge Gasse und wisperten über den Asphalt. An blattlosen Büschen hingendicke Trauben dunkelroter Beeren, die im Wind hin und her schaukelten. Auf dem steilen Hang über der Stadt leuchteten die gelben Blätter der Laubbäume zwischen dem satten Dunkelgrün der Kiefern hervor.
    Sie konnte kaum glauben, dass es schon zehn Jahre her war, seit sie das letzte Mal in der Stadt gewesen war. Aber als sie zum College aufgebrochen war – und nachdem sie sich die drei letzten Sommerwochen über vor Ben versteckt hatte –, verkauften ihre Eltern ihre Fachhandlung für Tierfutter, packten ihre Sachen zusammen und zogen nach St. George, Utah („Da ist es genauso wie in Santa Fe, nur nicht so überfüllt und versnobt.“).
    Ihr Bruder lebte seitdem fast die ganze Zeit über in Aspen. Sie hatte ihn zwar hin und wieder besucht, aber ansonsten … war Denver ihre Welt gewesen.
    Doch jetzt war Tumble Creek wieder ihr Zuhause, und wenn Ben Lawson nichts mit ihr zu tun haben wollte, dann war es eben so. Sie hatten keine gemeinsame Vorgeschichte, und verliebt war Molly ganz sicher nicht. Na gut, vielleicht war sie ein paar Jahre lang in ihn verknallt gewesen. Und möglicherweise hatte sie in den letzten Jahren sehr oft von seinem muskulösen Körper und seinen großen, erfahrenen Händen geträumt. Aber damit würde sie jetzt auf dieselbe Weise fertigwerden wie sonst auch.
    Molly legte einen Zahn zu und eilte nach Hause.
    Ihr Schlafzimmer war in Dämmerlicht getaucht. Ben wartete im Türrahmen darauf, dass sie ihm ein Zeichen gab. Aber Molly hielt ihn hin. Sie wollte ihn erst in Ruhe ansehen, seinen Körper nur mit den Augen erkunden. Und was für ein Körper …
    Seine breiten Schultern gingen in kräftige Arme über, die aussahen wie aus Stein gemeißelt. Dunkles Haar bedeckteseine Brust und schlängelte sich in einer schmalen Linie seinen muskulösen Bauch hinab. Oh, wie sehr sie sich darauf freute, die gebräunte Haut über diesem gestählten

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