Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
erwartet mit zunehmendem Kontakt und der Herausbildung des Vertrauensverhältnisses, auch etwas über diesen zu erfahren.«
Quelle: Nachrichtendienstpsychologie, Band 1
Unser Ziel ist es, dass sich der V-Mann mit seiner Mission für den Nachrichtendienst identifiziert. Der Nachrichtendienst ist eine anonyme Größe, die ihn als solche nicht begeistern wird. Also muss er sich mit den Menschen, die ihn repräsentieren – den Agenten – identifizieren, und dazu müssen wir ihm eines unbedingt bieten: Identität.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man dem Trugschluss anheimfallen, der Agent würde am ehesten punkten, wenn er eine Geschichte erzählt, die in die Lebenswirklichkeit seines V-Mannes passt. Vielleicht liebt dieser Autorennen, und der Agent könnte von einem Besuch an der Formel-1-Strecke erzählen. Doch Vorsicht! Jede erfundene Geschichte birgt eine Gefahr, denn sie ist niemals so authentisch wie eine wahre Geschichte. Sie wollen mit Ihrer Persönlichkeit überzeugen. Das schaffen Sie nur, wenn Sie zu einhundert Prozent authentisch rüberkommen, was bedeutet: so wahr wie möglich.
Die beste Legende ist dicht an der Wahrheit angesiedelt. V-Leute merken sich erfahrungsgemäß jedes Detail, ganz besonders aus unserem Privatleben. Da wachsen die Ohren förmlich. Es wäre verhängnisvoll und würde einen eventuell nicht zu heilenden Vertrauensbruch darstellen, hier der Lüge überführt zu werden. Und wozu lügen? Es gibt genug Themen, mit denen harmlose Informationen über das Privatleben verbreitet werden können. Die eigene Karriere,
ein chronisch schlecht gelaunter Nachbar, eine Neuanschaffung in der Wohnung, ein Wasserrohrbruch oder anderes Missgeschick, die Urlaubsplanung, Kinder, Hobbys, Sport und, immer wieder gut im Rennen: die Schwiegermutter. Gerade russische V-Leute lieben Schwiegermütter. Oder sind es doch eher die Geschichten über Schwiegermütter?
»Der VM-Führer sollte sich aber davor hüten, seine Privatangaben aus diesen Gründen denen der Quelle anzugleichen. Eine Quelle merkt sich erfahrungsgemäß jedes kleinste Detail, das der VM-Führer über sich preisgibt. Der VM-Führer muss daher ein extrem gutes Gedächtnis haben, will er sich diese Angleichungen bei allen seinen V-Leuten merken und nichts verwechseln. Da dies fast unmöglich ist, wird er irgendwann von einer Quelle bei einer Lüge ertappt werden, was zu einem folgenschweren Bruch im Vertrauensverhältnis führen wird. Der VM-Führer sollte sich also keine Lügengeschichten über seine persönlichen Umstände ausdenken, sondern wahrheitsgemäß bei solchen unbedeutenden/allgemeinen Details bleiben, die keine weiteren Rückschlüsse zulassen.«
Quelle: Nachrichtendienstpsychologie, Band 1
Obwohl wir uns als Agenten also dafür entscheiden, Persönliches preiszugeben, legen wir dennoch genau fest, was wir preisgeben möchten. Wahrscheinlich handeln Sie auch in Ihrem Alltag so. Sie bewerben sich vielleicht für einen Job als Buchhalterin und werden beim Vorstellungsgespräch nicht von Ihrem Wunsch schwärmen, sich als Opernsängerin den Lebensunterhalt zu verdienen. Stattdessen werden Sie andere Qualitäten oder Ziele in den Fokus rücken. Bei einem Flirt werden Sie weniger über Ihre Ordnungsliebe sprechen als vielmehr über Ihre Lebenslust, und wenn Sie sich den Wagen der Nachbarin ausleihen, werden Sie ihr nicht unter die
Nase reiben, dass Sie schon zwei Autos geschrottet haben, wenn auch schuldlos. Wir selektieren ununterbrochen, was wir wem erzählen. Und genauso sollten wir es auch in der Zusammenarbeit mit unseren V-Leuten halten. Bei der Wahrheit bleiben, und zwar bei der richtigen Wahrheit.
Hier gibt es eine einfache Faustregel, die ich Ihnen ans Herz legen möchte – egal, ob Sie sie beruflich oder privat nutzen: Klammern Sie keine einzelnen Aspekte aus, sondern immer die ganze Sache. Manche Menschen machen den Fehler, einen bestimmten Aspekt aus einem Thema auszuklammern: Dass ich Autos super finde, sage ich, aber ich verschweige, dass ich sie in meiner Garage zusammenschweiße. Oder: Ich erzähle zwar, dass ich beim Sportverein im Vorstand bin, nicht aber in welcher Funktion, nämlich als Kassenwart.
Solche Einschränkungen limitieren Ihre Bewegungsfreiheit im Gespräch, und Sie kommen nicht mehr authentisch rüber. Besser ist es, einen gesamten Bereich auszuklammern. Und dann eben nicht über ein bestimmtes Hobby oder einen bestimmten Kollegen zu sprechen. Darüber hinaus gibt es ein paar No-Gos, je nach
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