"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
und zappele nur noch herum. Meine Kinder wünschen mir noch viel Glück und Spaß, dann geht es endlich los.
Am Anfang nicht zu schnell laufen und bloß nicht mitziehen lassen. Der Blick auf die Pulsuhr sagt mir, es ist alles im grünen Bereich. Es klappt ganz gut, denn nach ein paar Kilometern habe ich meinen Rhythmus gefunden und versuche nun so weiter zu laufen. Ich nehme jede Verpflegungsstelle mit, habe aber zusätzlich noch eigene Verpflegung dabei, sicher ist sicher. Ich kann nun auch dank der Idee meines Sohnes aus den Bechern trinken ohne mich zu verschlucken, weil er mir einen Strohhalm gekürzt hat, so dass ich ihn gut verstauen kann, es klappt einfach super.
Die ersten zwanzig Kilometer sind schnell vorbei. Man, das geht ja besser als gedacht, aber der Mann mit dem Hammer soll ja bekanntlich noch kommen. Bis Kilometer 25 geht es wirklich gut, danach wird es aber langsam mühsamer. Die Gelenke fangen an zu schmerzen, aber dank der wunderschönen Strecke und der Zuschauer werde ich immer wieder abgelenkt. Bei Kilometer 30 sind die Bewegungen längst nicht mehr so locker wie am Anfang. Es schmerzt immer wieder, aber das meiste habe ich ja schon geschafft, die letzten 12 Kilometer schaffe ich auch noch irgendwie.
Bei Kilometer 31 stehen meine Kinder und jubeln mir zu, das muntert wieder auf. Ich hangele mich von Kilometer zu Kilometer, spreche mir selbst Mut zu, den Rest schaffen die Zuschauer und erneut meine Kinder, die bei der 34-Kilometer-Marke stehen und mir Trinken reichen. Kilometer 35 bis 38 sind die schlimmsten, da geht fast gar nichts mehr. Aber zum Glück stehen dort viele Zuschauer, die alles geben, um uns aufzumuntern. Die nächsten zwei Kilometer laufen wieder besser, obwohl der Laufstil eher einem Schlurfen gleicht. Dieletzten zwei Kilometer schaffe ich es, sogar noch mal schneller zu werden. Kurz vor dem Ziel ist die Hölle los. Die Zuschauer stehen dicht gedrängt und machen einen Höllenlärm, meine Kinder sind da, es ist einfach Wahnsinn, Gänsehaut pur. Beflügelt von der irren Stimmung laufe ich in 3:56 Std. über die Ziellinie.
Erst später realisiere ich, was ich da eigentlich geleistet habe. Nach dem Zieleinlauf kann ich kaum noch laufen, es tut alles fürchterlich weh. Ich sage mir und den Kindern, dass ich garantiert keinen Marathon mehr laufen werde. Ein Halbmarathon sei in Ordnung, aber mehr auch nicht. Zwei Tage später habe ich es mir schon wieder anders überlegt. Die Eindrücke waren so überwältigend, dass ich mir doch wieder einen Marathon vorstellen könnte. Die Schmerzen lassen ja auch schon wieder nach.
Uta Kneschke
Marathondebüt
Es war soweit. Der 9. Oktober 2010 sollte mein Debüt sein. Hätte mir noch vor einem halben Jahr jemand gesagt, ich schaffe es, einen Marathon zu laufen, hätte ich demjenigen einen Vogel gezeigt. Geredet habe ich oft davon, geträumt und jeden bewundert, der sich dieser Herausforderung gestellt hat. Irgendwann, da war ich mir sicher, werde ich es auch mal probieren, vielleicht zu meinem 50. Geburtstag? Aber musste es denn ausgerechnet der Brockenmarathon sein, der ausdrücklich nicht für Einsteiger empfohlen wird, weil er mit hohen Ansprüchen verbunden ist, der als schwerster Marathon Norddeutschlands gilt? Aber Einsteiger in dem Sinne war ich ja auch nicht, denn ich laufe ja schon vier Jahre.
Die Erfahrungen meiner Laufgruppe, der Freunde aus anderen Laufgruppen, meiner Familie, bedeuteten mir, mach es nicht, probier’, wenn überhaupt, erst mal einen „einfachen“ Straßenmarathon. Aber gerade das wollte ich nicht, immer nur geradeaus, ohne Baum und Strauch, wie langweilig. Nein, ein gewisser Anspruch ans Gelände musste schon sein. Außerdem liebe ich den weichen Waldboden und das unebene Gelände unter meinen Füßen. Mein Trainer, Siegfried Martick bestärkte mich in meinem Vorhaben. Es sollte hier sein, im Harz, wo ich vor drei Jahren auch meinen ersten Halbmarathon gelaufen bin, hier, wo eine einmalige Natur die Läufer begleitet, wo die Organisatoren und viele Helfer alles dafür tun, dass dieser Lauf auch inhaltlich zum Erlebnis wird. Ja hier, und nur hier, werde ich laufen, meinen ersten Marathon mit 48 Jahren.
Im Juni fiel die Entscheidung, das erste Mal nach einem Trainingsplan zu trainieren. Schaff ich es, das Laufen so oft in den Wochenplan einzubauen, dass auch lange Stecken möglich sind? Wird mein Körper diesen Strapazen gewachsen sein? Geht das alles ohne Verletzungen ab? Viele Fragen quälten mich. Studieren
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