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"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

Titel: "Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mahlstedt
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von Laufliteratur und endlose Trainingsgesprächen mit Sigi im Vorfeld, der am Brocken übrigens seinen insgesamt 70. Marathon lief.
    Am Freitag reiste ich mit meinem „Fanclub“, bestehend aus Lebensgefährtem, Tochter und Schwiegersohn an. Als wir uns Wernigerode näherten, sahen wir den Brocken. „Oh, mein Gott!“, dachte ich, „da willst du morgen hoch?“ Als wir die Startunterlagen im Rathaus abholten, traute ich meinen Augen nicht. Waldemar Cierpinski, Doppelolympiasieger im Marathon 1976 und 1980, stand vor mir. Ich war völlig aus dem Häuschen und bat ihn um ein gemeinsames Foto. Diesen Wunsch erfüllte er mir, und ich sah alles als ein gutes Omen für den kommenden Tag.
    Voller Anspannung, nach einer schlaflosen Nacht, zitternd am ganzen Körper, aber auch voller Zuversicht, nahm ich um 9.00 Uhr den Startschuss wahr. Schnell noch ein letztes Winken und los ging’s. Siggi lief neben mir und bremste mich ein wenig, damit ich nicht zu schnell los lief in der Woge der Begeisterung. Die ersten Kilometer liefen gut. Wir waren knapp hinter unserer vorgenommenen Zeit. Hinter Kilometer acht auf der Straße zum Ilsetal gab es noch eine Überraschung. Herr Minnich, Mitorganisator des Harzgebirgslaufes und Sprecher, sagte uns an und wünschte viel Glück. Das konnte ich wirklich gebrauchen, denn jetzt ging es nach der ersten Verpflegung richtig zur Sache. Ein Stück voller für mich langerPassagen und unheimlicher Kraftanstrengung warteten. Dieses Stück wollte ich eigentlich die ganze Zeit laufend bewältigen. Dafür hatte ich auf unserem Collmberg (314m) trainiert. Aber nun ging nichts mehr richtig. Bis zur Stempelsbuche und auch danach ließ ich viel Zeit, da ich oft in den Gehschritt zurück fiel. Ich beneidete die Ilse. Sie konnte runter fließen, während ich mich immer weiter nach oben quälte. „So werde ich das nicht bis um 12.00 Uhr auf den Brocken schaffen“, dachte ich und mich überkam eine leise Verzweiflung. Dabei stand mir das Schlimmste noch bevor: der Kolonnenweg. Hier also verlief die innerdeutsche Grenze. Ab hier ging es nicht mehr weiter. Wie wahr das jetzt auch für mich zutraf. Ich fühlte meine körperliche Grenze und dabei war noch nicht mal die Hälfte geschafft. Wanderer, Radfahrer und andere Läufer, einer nach dem anderen, überholten mich.
    Siggi war nicht mehr zu sehen. Verzweifelt sah ich auf die Uhr. Nur noch eine halbe Stunde bis um 12.00 Uhr. Den Wind spürte ich kaum. Schnell warf ich einen Blick zurück. Ein herrliches Bild bot sich mir: die Sonne, die bunten Bäume, die Talsperre. Wie schön könnte dies sein, wenn ich nicht laufen müsste. „Nur noch ein Stück, dann geht es abwärts“, dachte ich. Die Spitze des Brockens rückte immer näher. Noch mal einen Becher Wasser getrunken und weiter gegangen, denn laufen war bei diesem Anstieg absolut unmöglich.
    Endlich! Ich war oben wie die Brockenbahn, die genauso schnaufte wie ich. Die Uhr zeigte 12.02 Uhr. „Werden sie mich jetzt aus dem Rennen nehmen?“ Nein. Dank an das Organisationsteam. Sie ließen auch die letzten durch.
    Jetzt konnte ich entspannter nach unten laufen. Viele Menschen kamen uns auf der Brockenstraße entgegen und ließen uns kaum Platz zum Atmen. Einige schüttelten den Kopf oder machten dumme Bemerkungen wie: „Die sollten sich mal lieber um ihre Enkelkinder kümmern.“ Aber so etwas sind wir ja gewöhnt, solche Äußerungen hört man nur von Menschen, die sich die meiste Zeit des Jahres von Pizza und Pommes ernähren und sich nur einmal im Jahr von ihrer Couch wegbewegen. Darüber konnte ich nur lächeln. Gefreut habe ich mich dagegen über kleine Kinder, die ermutigend klatschten und riefen: „Schneller, schneller!“ oder über einen Mountainbiker, der sagte: „Respekt vor deiner Leistung!“ Das gab wirklich Kraft und ermunterte zum Weiterlaufen. Endlich wurde es nach ein paar Kilometern wieder ruhiger. Der Wald empfing uns letzten. Einige Teilstrecken liefen wir nun zu zweit oder zu dritt.
    Ab Kilometer 21 begann ich nun rückwärts zu zählen, z. B. nur noch neun Kilometer bis eine drei davor steht und danach nur noch eine Trainingsrunde. Mit dieser Taktik lief es wunderbar. Die Uhr sagte mir, dass es knapp werden würde bis 15.00 Uhr ins Ziel zu kommen. Ein Anstieg verhinderte aber erstmal mein Vorhaben. Mist! Hier spürte ich das erste Mal meine Oberschenkelmuskulatur bewusst. Egal, nur noch zehn Kilometer bis ins Ziel. Die schaffe ich auch noch. An der Mönchsbuche bei Kilometer 36

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