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Ich sehe dein Geheimnis

Ich sehe dein Geheimnis

Titel: Ich sehe dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrington
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während des Schuljahres erprobten sie täglich ihr Können an mir. Jahrelang setzten sie mich allen denkbaren Spielarten der Ausgrenzung, Beschimpfung (meistens mit Variationen von »Freak«) sowie dummen Streichen aus. Aber aus irgendeinem Grund hatte Tiffany im vergangenen Schuljahr den Druck erhöht und den Kleinkrieg zu einer ganz persönlichen Angelegenheit gemacht. Und jetzt war ihre Spucke in meiner Cola.
    »Dieses Miststück«, sagte Perry. »Soll ich das regeln?«
    »Nein, ich kümmere mich darum.«
    Ich ging zu ihr und knallte mein Glas auf den Mahagonitresen.
    Tiffany setzte ein falsches Lächeln auf. »Ein Freak und ein Medium kommen in eine Bar. Der Freak sagt …«
    »Du kannst mich mal.«
    Sie runzelte die Stirn. »Der Witz geht aber anders, Clare.«
    »Du kannst dir deinen Witz sonst wohin stecken. Gib mir sofort eine neue Cola und lass dieses Mal deine mit Keimen verseuchten Körperflüssigkeiten weg.«
    Tiffany schüttete die Cola aus und begann, neue hineinzufüllen.
    »Ich möchte auch ein neues Glas.«
    Sie kniff die Augen zusammen und griff widerwillig nach einem neuen Glas. »Wie geht es Justin?«, fragte sie.
    Ich hätte ihr gerne mit einem Stuhlbein die Augen ausgestochen. Stattdessen atmete ich tief durch und zwang mich, vernünftig zu bleiben.
    Bleib ruhig.
    Lass dich nicht auf ihr Niveau herab.
    Du bist ein Mädchen mit Klasse.
    Sie ist eine psychotische Schlampe.
    Du bist die bessere von euch beiden. Verhalte dich auch so.
    Okay, jetzt war ich ruhig. »Ich weiß nicht, wie es Justin geht, und es ist mir auch egal.«
    »Wirklich? Ich dachte, er wäre dir sehr wichtig.«
    Vielleicht will sie sterben und tut deshalb alles, damit ich sie umbringe? Ich spielte mit einem Untersetzer herum, um mich abzulenken und meine Finger davon abzuhalten, sie zu erwürgen.
    Dann, plötzlich, der Schatten einer Eingebung, während Tiffany eine Bestellung entgegennahm und mit einem Mädchen stritt. Erstaunlicherweise nicht mit mir. Eine neue Eingebung: Als Kommissar Toscano vor ein paar Minuten ins Yummy’s gekommen war, hatte Tiffany nervös mit dem Untersetzer gespielt. Mit genau dem Untersetzer, den ich gerade in Händen hielt.
    Tiffany hatte Angst.
    Warum hatte sie Angst vor dem Polizisten?
    »Hey! Freak! Willst du deine Cola oder nicht?«
    Ich versuchte, Tiffanys Quieken zu ignorieren und mich auf die Vision zu konzentrieren, aber sie verschwamm zunehmend und löste sich dann ganz auf. Ich nahm ihr das neue Glas aus der Hand.
    »Ich habe gehört, du hattest letzte Nacht Streit«, sagte ich.
    Tiffany wurde blass – was ich angesichts ihrer Solarium gebräunten Haut nie für möglich gehalten hätte. Nervös spielte sie mit einer Strähne ihres weißblonden Haars. »Woher weißt du das?«
    »Das spielt keine Rolle.« Auf gut Glück fügte ich hinzu: »Aber es war eine ziemlich krasse Geschichte, wenn man bedenkt, wer sie war.«
    Tiffanys bleiches Gesicht färbte sich grün. Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück, nur für den Fall, dass sich – wie in Der Exorzist – aus ihrem vor Schreck geöffneten Mund Erbrochenes ergießen würde. Aber sie zischte nur: »Lass mich in Ruhe!«
    Und dann wurde mir alles klar. Meine Vision von ihrem Streit. Ihre Angst vor dem Kommissar. Sie hatte mit dem Mädchen gestritten, das letzte Nacht ermordet worden war. Und sie wollte nicht, dass Kommissar Toscano das herausfand.
    Dieses Wissen machte mich schwindlig. Ich ließ sie stehen. Endlich hatte ich die Oberhand! Ich könnte Tiffany Desposito damit erpressen! Ich könnte sie tage- oder wochenlang mit dieser Sache quälen!
    »Schade, dass du nicht mehr mit Justin zusammen bist«, sagte sie, als ich mich schon längst umgedreht hatte. »Er ist süß. Und er küsst so gut.«
    Und damit war die Grenze überschritten.
    Ich wirbelte herum und schüttete ihr die Cola über den Kopf. Die Flüssigkeit lief über ihr Gesicht und zwischen ihren gigantischen Brüsten hinunter. Tiffany kreischte, fuchtelte mit den Armen, strich sich die klebrigen Haare aus dem Gesicht und zischte dann: »Das wirst du bereuen.«
    Ich lächelte und ging zum Tisch der beiden Toscanos hinüber, die unsere Darbietung mit amüsiertem Grinsen verfolgt hatten.
    »Sind Sie der neue Kommissar?«, fragte ich den Älteren der beiden.
    Er nickte. Entweder hatte er den Mund voller Pommes oder zu große Angst, mit mir zu sprechen.
    »Tiffany Desposito – das ist die nasse, klebrige Bedienung da hinten – hatte Streit mit dem Mädchen, das ermordet

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