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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Ging es da um eine Aussage? Dass
die besten Parfums von hässlichen Zwergen kreiert werden vielleicht?
    Â»Dass man nicht zu lange Jungfrau bleiben sollte?«, entfährt es mir.
    Steffen zieht die Augenbrauen hoch. Auweia, jetzt hält er mich für
eine Literaturbanausin, für eine unbelesene dumme Gans. Jetzt hält er mich für
das, was ich bin .
    Â»Nicht zu lange Jungfrau bleiben?«, echot er. Dann wandern seine
Mundwinkel nach oben. »Das ist gut«, sagt er und beginnt auf einmal zu lachen.
»Sandra, Sie sind einmalig. Nicht nur intelligent, sondern auch noch witzig.«
    Ich stimme erleichtert in sein Lachen ein.
    Â»Haben Sie auch Beim Häuten der Zwiebel gelesen?«, fragt er, als er sich wieder beruhigt hat.
    Beim Häuten der Zwiebel? Was meint er denn damit? Ach so, wegen
meiner Gulaschgeschichte bei unserem Telefonat. Jetzt ist der Groschen
gefallen. Glaubt er, dass ich lese, während ich Zwiebeln schäle? Also, bei aller
literarischer Begeisterung, aber das ist dann doch ein bisschen zu viel
verlangt.
    Â»Nein, das könnte ich gar nicht«, erkläre ich. »Wenn ich Zwiebeln
schäle, läuft mir dermaßen das Wasser aus den Augen, dass ich nicht mal den
Kochtopf finde. Vom Lesen ganz zu schweigen.«
    Steffen starrt mich verblüfft an, und ich zucke erschrocken
zusammen. Habe ich etwas Falsches gesagt? Hat das unter Bücherfreaks eine
besondere Bedeutung, wenn man liest und dabei Zwiebeln schält? Ich will gerade
zu einer Entschuldigung ansetzen, als er plötzlich lauthals zu lachen beginnt.
    Â»Das ist ja unglaublich«, brüllt er, und ich sehe, wie die anderen
Gäste die Köpfe nach uns verdrehen. »Einmalig, Sandra, wirklich einmalig.
Martina Wenzel hatte recht, Sie müssen unbedingt einen witzigen Roman
schreiben. Ihre Fähigkeit, auch aus ernsten Themen Pointen zu ziehen, ist
einzigartig.«
    Welche Pointe? Welches ernste Thema? Allmählich habe ich den
Eindruck, wir sprechen zwei verschiedene Sprachen.
    Â»Schade, dass Günter Grass das nicht mitbekommen hat, dann würde er
sich in Zukunft vielleicht vernünftigere Titel für seine Bücher ausdenken«,
sagt Steffen immer noch lachend.
    Günter Grass? Der Schriftsteller? Ist das etwa ein Buch von dem? Beim Häuten der Zwiebel! Na, wenn das kein blöder Titel
ist. Und jetzt wundert er sich wahrscheinlich, warum den Schmöker keiner kauft.
    Zum Glück kommt jetzt unser Essen. So kommen wir wenigstens von
diesem blöden Thema weg. Der Krabbencocktail ist lecker, soweit ich das bei den
drei winzigen Löffelchen beurteilen kann. Steffen plaudert munter weiter, und
ich gebe meine Kommentare dazu ab und bemühe mich dabei, klug und witzig zu
wirken.
    Aber mit meinen Gedanken bin ich ganz woanders. Wo bleibt Martin
nur? Ich weiß, es wird peinlich, wenn er mich hier mit Steffen vorfindet, aber
das nehme ich in Kauf. Er muss einfach auftauchen, er muss mich zurückerobern,
er muss … Ich weiß nicht genau, was,
aber auf jeden Fall muss er erst mal herkommen!
    Als der Kellner Steffens Hummer serviert, sehe ich zu meiner
Überraschung, dass der gar nicht in einem Stück ist. Das verlockend weiße
Fleisch ist fein säuberlich herausgelöst und in einer duftenden Sauce
zubereitet. Ich dagegen habe auf meinem Teller ein angespucktes Stück Fleisch.
Nur mit äußerster Überwindung gelingt es mir, ein paar Bissen davon
runterzuwürgen, und als Steffen sich erkundigt, wie es schmeckt, nicke ich
begeistert.
    Dann taucht auf einmal ein Paar an unserem Tisch auf. Der Mann ist
in Steffens Alter, ebenso wie seine Begleiterin, die über und über mit Schmuck
behängt ist.
    Als sie verstohlene Blicke auf mich werfen, stellt mich Steffen vor:
»Das sind Dr. Robert Fuchs – einer der führenden Mikrobiologen unseres Landes –
und seine reizende Gattin Stefanie, und das ist Sandra Wilding, eine unserer
hoffnungsvollsten Jungautorinnen.«
    Â»Jungautorin, tatsächlich?« Der Mikrobiologe mustert mich neugierig.
»Wie heißt denn Ihr Buch?«
    Â»Oh, äh … Der schlaue Tim und der doofe Max «, sage ich und merke, wie
mir dabei das Blut in den Kopf schießt. Wenn man den Titel so ausspricht,
klingt das irgendwie gar nicht nach großer Schriftstellerin.
    Â»Wie bitte?«, fragt die Frau mit schriller Stimme und verzieht dabei
abfällig die Lippen. » Der schlaue Tim und der doofe Max? Was soll

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