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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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komme.
    Alles ist gut gegangen, ich komme sofort nach Hause, und dann
könnten wir in ein schickes Restaurant gehen, oder noch besser – ich koche für
uns …
    Als ich ihre Nachricht lese, trifft es mich wie ein Schlag. Sie
trifft sich mit diesem Baumann? Im Prado? Das ist doch dieser neue
Schickimicki-Schuppen!
    Ich glaube, er interessiert sich nicht nur für
meine Bücher, sondern auch für mich …
    Als ich das lese, schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Das kann
nicht sein! Ausgerechnet jetzt, wo sich alles wieder eingerenkt hat, wo ich
doch gerade …
    Ich muss sie anrufen. Sofort. Ich muss ihr sagen, dass es mir
leidtut. Dass wir reden müssen. Dass das alles nicht so gemeint war.
    Mist, es ist schon kurz nach acht! Vermutlich ist sie schon da, und
der Kerl schleimt sich gerade bei ihr ein …
Egal, ich werde ihr sagen, dass ich sie gleich abhole und dass in Zukunft alles
ganz anders wird und …
    Â»Der gewünschte Anrufer ist zur Zeit leider nicht erreichbar. Bitte
versuchen Sie es später …«
    Mist! Mist! Mist! Auch das noch! Sie hat ihr Handy ausgeschaltet,
oder ihr Akku ist leer.
    Okay, dann fahre ich hin. Viel kann ja noch nicht passiert sein. Sie
werden sich gerade in höflichen Floskeln ergehen und die Speisekarte studieren
und …
    Â»Dr. Martin Becker?«
    Zwei Männer stehen plötzlich neben mir, gerade, als ich die Wagentür
öffnen will.
    Was wollen die denn jetzt? Ich habe keine Zeit, verdammt noch mal.
    Â»Ja, das bin ich«, sage ich unwirsch. »Was wollen Sie?«
    Â»Herr Dr. Becker, Sie müssen mit uns mitkommen«, sagt der Größere
von beiden in einem sehr förmlichen Tonfall.
    Â»Mitkommen? Wohin denn? Ich denke ja gar nicht daran, ich habe keine
Zeit …«, brause ich auf.
    Â»Herr Dr. Becker, ich verhafte Sie wegen des Verdachts auf
Zuhälterei und Menschenhandel.«
    Â»?«
    Träume ich, oder was? Das muss eine Verwechslung sein oder ein
schlechter Witz. Gibt’s hier irgendwo eine versteckte Kamera?
    Ich sehe in die Gesichter der beiden, entdecke aber nicht das
geringste Anzeichen von Humor. Und als der Große dann die Handschellen
hervorholt, wird mir endgültig klar, dass die das gar nicht witzig meinen.

Ich
    Dr. Baumann (besser gesagt Steffen – er hat gleich bei der
Begrüßung vorgeschlagen, dass wir uns mit Vornamen ansprechen) ist ein Kavalier
der alten Schule. Als er mich vor dem Prado empfing, deutete er einen galanten
Handkuss an, ohne meinen Handrücken zu berühren. Dann überhäufte er mich mit
einer wohldosierten Anzahl an Komplimenten bezüglich meines Aussehens und
geleitete mich schließlich am Empfang vorbei – die kannten ihn, ohne dass er
seinen Namen nannte! – zu unserem Tisch und zog mit einer leichten Verbeugung
meinen Stuhl zurück, damit ich mich bequem setzen konnte.
    Und er sieht gut aus, das muss ich ganz nebenbei feststellen. Er
trägt einen dunklen Anzug und eine dezent-blaue Krawatte, und ich habe den
Eindruck, dass er seit unserem letzten Treffen an Bräune zugelegt hat, was das
makellose Weiß seiner Zähne unterstreicht und gut zu seinem grauen
Schläfenansatz passt.
    Â»Wissen Sie schon, was Sie nehmen?«, fragt er, während ich
aufmerksam die Karte studiere. Es macht mich ein bisschen nervös, dass die
ganze Zeit ein befrackter Kellner neben unserem Tisch steht und gar keine
Anstalten macht, seinen Platz in absehbarer Zeit zu verlassen.
    Â»Ã„h, nein, noch nicht«, sage ich und bemühe mich, so zu gucken, als
würde ich jeden Tag aus einer Speisekarte mit lauter französischen Namen
auswählen.
    Â»Tja, ich weiß auch noch nicht …«,
sagt Dr. Baumann … Steffen unschlüssig. »Dann bestellen wir erst mal die
Getränke. Mögen Sie Dom Pérignon?«
    Keine Ahnung. Hab ich noch nie getrunken. »Ja, den habe ich am
liebsten«, antworte ich.
    Â»Na, so ein Zufall«, sagt Steffen freudig überrascht. »Ich auch.
Welcher Jahrgang ist Ihnen lieber: der Vierundachtziger oder der
Sechsundachtziger?«
    Â»Ã„h, der Sechsundachtziger?«, sage ich und ärgere mich, dass es wie
eine Frage geklungen hat.
    Steffen bedenkt mich mit einem faszinierten Blick. »Hervorragend.
Der ist mir auch lieber. Den Vierundachtziger finde ich ein bisschen zu
trocken. Also, bringen Sie uns eine Flasche vom Sechsundachtziger«,

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