Ich vergesse dich niemals
Spiegel und betrachtete mich. Trotz der vielen Schminke in meinem Gesicht, sah man das meine Augen verquollen waren und leer vor sich hinstarrten. Auch meine Haut wirkte fahl und totenbleich. Meine langen blonden Haare trug ich jedoch offen, sodass sie locker in Wellen bis zur Mitte meines Rückens fielen. Denn ich wusste das meine Mutter es, ebenso wie ich, am meisten geliebt hatte. Nach einem letzten traurigen Blick in den Spiegel, ging ich die Treppen nach unten. Im Flur erwartete mich schon mein Vater. Er sah mich bewundernd an. „Du siehst wunderschön aus mein Engel.“ Ich versuchte dankend zu lächeln, doch es sah wohl er aus wie ein gequältes Lächeln. Mein Vater trug einen schwarzen Anzug und hatte seine hellbraunen Haare mit etwas Gel zurechtgezupft. Ich musste zugeben, dass auch er für sein Alter fabelhaft aussah und verstand was meine Mum immer so an ihm geliebt hatte. „Wir nehmen auch gleich deine Oma mit. Sie müsste ebenfalls gleich kommen.“ Ich nickte abwesend und schlüpfte in meine schwarzen Ballerinas und zog mir meinen langen schwarzen Mantel an. Da ich raus aus dem Haus wollte, da mich jeder noch so kleine Gegenstand an meine Mutter erinnerte, stieg ich schon mal in den BMW meines Vaters. Er musste wirklich viel Geld besitzen, wenn er sich so ein tolles Auto leisten konnte. Kein Wunder wenn man als Manager einer Firma in New York wohnte. Bestimmt besaß er ein riesiges modernes Haus in Manhattan, oder so. Ich schnaufte als ich daran dachte, dass ich dort ebenfalls bald wohnen würde. Ich musste nicht nur die Zeit mit meiner Mutter hinter mir lassen, sondern auch meine Freunde und mein Zuhause. Noch nie hatte ich wo anders gewohnt als in Connecticut und eigentlich wollte ich es auch gar nicht so schnell. Zuviel liebte ich und zu viele schöne Erinnerungen hielten mich hier. Aber ich hatte keine Wahl. Ich war schließlich gerade mal sechzehn und damit nicht volljährig und mein Vater würde niemals mit seiner geliebten Familie nach Connecticut ziehen. Ich konnte es ihm nicht verübeln, aber ich fürchtete mich vor New York. Ich wusste einfach, dass ich dort nicht hingehörte und mich auch bestimmt wie eine Außenseiterin in seiner Familie und an der neuen Schule fühlen würde. Ich fürchtete mich davor ohne Sammy zur Schule zu gehen und niemanden zu haben mit dem ich einfach über alles reden konnte. Wieder einmal fragte ich mich wieso gerade ich? Wieso?
Dad und Oma kamen endlich nach etwa fünf Minuten ebenfalls nach draußen und stiegen ein. Ich saß allein auf der Rückbank des riesigen BMW´s und fühlte mich so fehl am Platz, wie es überhaupt nur möglich war. Meine Hände waren eiskalt und ich hatte am ganzen Körper eine Gänsehaut, obwohl mir nicht kalt war. Ich hatte solche Angst und zitterte wie verrückt. Mit jedem Meter den wir fuhren, kamen wir dem Friedhof immer näher und mit jedem zurückgelegtem Meter, fühlte ich mich immer schlechter. In meinem Hals war ein dicker fetter Kloß der mir fast den Atem stahl und mein ganzer Körper bebte ohne ersichtliches Ende und das schon Tagelang.
Die Fahrt dauerte vielleicht einige Minuten, aber sie kam mir vor wie eine Ewigkeit. Im Auto hatte die ganze Fahrt über Totenstille geherrscht. Es schien so, als würden wir drei kaum atmen. Selbst meine Oma sagte mal kein Wort, was wirklich einem Weltwunder glich. Manchmal fragte ich mich, wie sie es Zuhause in Chicago überhaupt aushielt, seit Opa gestorben war. Immerhin hatte sie nun niemanden mehr und lebte völlig allein. Bestimmt lud sie sich jeden Tag eine ihrer tausend Tratschfreundinnen ein, um nicht irgendwelche Selbstgespräche zu führen.
Dad parkte direkt vor dem Friedhof, neben vielen weiteren Autos. Sein schwarzer BMW stach deutlich aus den anderen hervor. Ich konnte zwar verstehen warum er nicht mit dem Flugzeug von New York nach Connecticut geflogen war, aber trotzdem wirkte der BMW so fehl am Platz, wie ich es in New York tun würde. Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich die Autotür hinter mir zu schmiss und den ersten Schritt auf das Friedhofsgelände setzte.
Der Zeremonie in der Kirche war vorbei und ich den Tränen nahe. Sammy hatte neben mir gesessen und meine Hand die ganze Zeit fest gedrückt. Die förmlichen Worte des Pastors klangen mir noch immer in den Ohren. Er hatte meine Mutter nicht einmal gekannt und trotzdem erzählt sie sei eine wundervolle Frau gewesen. Er hatte irgendwelche Anekdoten, die er von Oma erzählt bekommen hatte, aus ihrem Leben
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