Ich war nur kurz bei Paul
Leute aus dem Viertel. Ralf gefiel der Vorschlag; hatte er doch mit einer der Verkäuferinnen schon häufiger ein paar Worte mehr gewechselt als nötig waren. Vielleicht war die ja jetzt im Laden, dann konnte er sich bei ihr erkundigen.
Sie hatten Glück, und als Ralf sein Anliegen bei ihr vorbrachte, - er hatte gewartet bis niemand sonst sich in der Filiale aufhielt, da lächelte die Verkäuferin und meinte: »Paul? Ja, wer kennt den nicht hier im Viertel? Das ist ein ganz Lieber. Der hat ein großes Herz und für jeden ein freundliches Wort übrig. Der wohnt auch gar nicht weit weg: An der Tankstelle vorbei und dann die Erste rechts, zweites Haus auf der rechten Seite, durch die Einfahrt des Vorderhauses hindurch, im Hof. Ich weiß das, weil wir schon häufiger dort geliefert haben. Er ist Maler und hat dort auch sein Atelier.«
»Ich hab mich nur gewundert, weil er nicht im Telefonbuch steht.«
»Er hat kein Telefon und auch keinen Fernseher, soviel ich weiß. Er meint, das mache die Leute dumm und das Telefon raube ihm die Ruhe bei der Arbeit. Nein, der Paul ist in Ordnung! Ich finde es aber gut, dass du dich erkundigst. Geh nur mit ihm zum Angeln, dann kannst du sicher sein, dass du auch mit einem Fisch nach Hause kommst.«
Ralf vernahm die freundliche Auskunft erleichtert und berichtete dem vor dem Laden wartenden Julius davon. »Na, da hörst du es! Ich hab dir doch gleich gesagt, dass du Gespenster siehst! Bin ja mal gespannt, wie es wird. Melde dich doch einmal, wenn du danach wieder zuhause bist, ja?« Ralf versprach es.
Seiner Mutter gegenüber verschwieg er die Verabredung zum Angeln, denn sie würde sich nur unnötig sorgen. Sie hatte morgen Frühschicht und würde erst gegen drei Uhr zuhause sein. Bis dahin würde er längst zurück sein.
Erwartungsfroh stand Ralf am nächsten Morgen an der Bushaltestelle. Der Tag begann kühl und grau. Man konnte dem Himmel nicht ansehen, ob das Grau von einer Wolkendecke herrührte oder ob es Dunst war. Der Wetterbericht sagte wechselhaftes Wetter mit leichten Schauern, aber auch mit sonnigen Abschnitten voraus.
Der Acht-Uhr-Bus der Linie 9 war längst vorbei und ein Blick auf seine Armbanduhr zeigte Ralf, dass es schon fast eine Viertelstunde über die vereinbarte Zeit war. Hatte Paul ihre Verabredung vergessen?
Enttäuschung begann sich in seinem Herzen breit zu machen. Gerade als er sich entschloss wieder nach Hause zu fahren, sah er Paul endlich auftauchen. Vergnügt und kein bisschen zerknirscht wegen seiner Verspätung begrüßte er Ralf mit einem fröhlichen »Petri Heil! Na, hast du doch schon an deinem freien Tag so früh aus den Federn gefunden? Das ist ja schön, dass du dich entschlossen hast mitzukommen. Was sagt denn deine Mutter dazu?«
»Nichts, wieso?«
»Ich meine nur so. Na, dann komm mal und schließe dich mir an; die Fahrt dauert nicht lange, vielleicht zwanzig Minuten.« Sie fuhren los, vorbei an den vielen am Straßenrand parkenden Autos des Viertels.
Dann bog Paul in einen asphaltierten landwirtschaftlichen Weg ein. Ralf versuchte sich die Streckenführung zu merken und prägte sich markante Punkte ein, an denen sie abbogen. Nun ging es vorbei an Wiesen und Äckern. Es roch erdig - nach Frühherbst. Es dauerte nicht lange, dann mussten sie eine breite Bundesstraße queren und tauchten auf der anderen Seite in bewaldetes Gebiet ein. Vereinzelt trafen sie auf morgendliche Jogger, alle mit Ohrstöpseln ihrer MP 3-Player verkabelt. Sie sahen merkwürdig aus, fast wie in einem Science-Fiction Film.
An einer spakigen Sitzbank hielt Paul an. »So! Da wären wir. Jetzt sollten wir schieben, diesen Pfad entlang, nach hundert Metern sind wir an der Wakenitz. An dem Platz beißen sie immer gut. Pass auf, wo du hin trittst, hier schauen manchmal so kurze Holzstrunke aus dem Boden, da kann man sich leicht vertreten!« Ralf befolgte die Warnung. Er sah im Hintergrund bereits ein Stückchen dunklen Wassers durch die Blätter der Büsche scheinen.
Am Ende des Trampelpfades lichtete sich das Gebüsch ein wenig und machte einer mit Gras bewachsenen Uferböschung Platz. Man sah, dass hier schon öfter Angler gewesen sein mussten; zwei leere Bierkisten standen halb verdeckt unter einem Gebüsch. Paul stellte sein Fahrrad ab und begann, seine Ausrüstung auf dem Boden zu verteilen. »Hol doch mal die Bierkisten da unter dem Gebüsch hervor, auf denen kann man prima sitzen! Stell sie am
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