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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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meiner Geschwister und ich ging zurück ins Kinderzimmer, dort zog ich Hose und Hemd und Schuhe an, so schnell ich konnte. Meine Hüfte schmerzte, trotzdem beschloß ich, zu meinen Großeltern zu laufen, was eine Entfernung von ungefähr 3 km war. Unterwegs fing ich an zu weinen, ich konnte es nicht zurückhalten, erstens wegen meiner Mutter, und weil die Schmerzen in meiner Hüfte durch das Rennen mittlerweile unerträglich wurden. Als ich dann gegen elf Uhr bei den Großeltern vor der Türe war und sturmläutete, war ich erschöpft und konnte fast nicht mehr sprechen. Ich versuchte meinen Großeltern klar zu machen, daß meine Mutter sterben müsse, wenn sie keinen Krankenwagen rufen täten. Am Anfang haben sie mir nicht geglaubt, aber nach ein paar Minuten kam es ihnen doch spanisch vor, daß ich um diese Zeit bei ihnen auftauchte. Sie fuhren mit mir dann in die Wohnung zurück, und als sie die Bescherung gesehen hatten, ging alles sehr schnell. Der Krankenwagen kam und transportierte meine Mutter ab. Ich fing wieder an zu schluchzen, und auf einmal stand mein Vater vor mir, es war mir rätselhaft wie er wach geworden ist, aber er fragte mich drohend, warum ich ihn nicht geweckt hätte. Darauf erwiderte ich, daß ich ihn geweckt habe, er aber nicht aufgestanden sei, sondern sich nur rumgedreht und weitergeschlafen habe. Wir fuhren zum Krankenhaus und erfuhren dort, als sich meine Großeltern erkundigt hatten, daß meine Mutter überleben würde und bald wieder gesund sei.
    Auf einmal überfiel mich eine merkwürdige Müdigkeit, aber ich konnte nicht schlafen, weder im Auto noch zu Hause im Bett. Irgendwie war ich ein klein wenig stolz auf mich selber, meine Mutter gerettet zu haben. Nach drei Tagen war meine Mutter wieder zu Hause, und sie war überrascht, daß die Großeltern sich um uns gekümmert hatten, da mein Vater ja arbeiten mußte. Auf jeden Fall war die ganze Familie froh, daß unsere Mutter wieder zu Hause war. Ich sagte ihr, das darfst du nie wieder machen, und sie antwortete mir, es wäre besser gewesen, wenn sie gestorben wäre. Auf einmal hatte ich wieder dieselbe Angst, daß sie es noch einmal tun könnte. Aber sie tat es nicht mehr an diesem Tag und auch am nächsten nicht, mir kam es vor, als wenn sich meine Eltern jetzt besser vertragen täten. Meine Schmerzen in der Hüfte hatte ich immer noch, und als ich meinen Vater und meine Mutter darauf ansprach, nahmen sie keine Notiz davon.
    Das Leben ging bei uns weiter wie gewohnt, nur daß meine Mutter nicht mehr arbeitete und den ganzen Tag zu Hause war.
    Eines Tages war mein Vater mal wieder stinkbesoffen, als er nach Hause kam. Es gab Streit, und mein Vater warf meiner Mutter eine Blumenvase nach, die an der Wand zerschellte, danach wollte er ihr einen Stuhl nachwerfen, aber beherrschte sich noch im letzten Moment und stellte ihn auf den Boden zurück. Warum sie sich immer öfters gestritten haben, wußte ich nicht und habe es bis heute nicht erfahren, und ich werde es auch jetzt nicht mehr erfahren. Eines Tages kam mein Vater zu mir und fragte, warum ich nicht richtig laufen täte, ich sagte ihm, daß ich Schmerzen in der Hüfte hätte. Er glaubte mir nicht, denn er war wieder unter Alkoholeinfluß, und sagte, ich soll mal im Korridor auf-und ablaufen, und wenn ich wieder hinken würde, würde er mir eine scheuern. Ich faßte meinen ganzen Mut zusammen und lief im Flur einmal auf und ab. Auf einmal spürte ich einen brennenden Schmerz in meinem Gesicht, mein Vater hatte mir wirklich eine geklebt, und er sagte zu mir, ich soll mich nicht wie ein Krüppel anstellen und es nochmal versuchen. Ich fing nicht an zu weinen, im Gegenteil, ich biß meine Zähne zusammen und ging den Flur auf und ab, und jedesmal wenn ich wieder vor meinem Vater stand, habe ich eine Ohrfeige bekommen. Mir tat das ganze Gesicht weh, da mein Vater nicht gerade schwach gebaut war, aber ich hatte immer noch keine Tränen in den Augen. Dann kam meine Mutter dazwischen, und ich stürzte in ihre Arme und fing an zu weinen. Eines weiß ich ganz genau: mit diesen Schlägen, die mir mein Vater an diesem Tag gegeben hatte, hatte er mir für immer eine Angst eingeflößt, und ich habe immer versucht, einen Bogen um ihn zu machen, wenn er besoffen war. Seit diesem Tage hielt ich bombenfest zu meiner Mutter.
    Die Schmerzen in meiner Hüfte ließen nicht nach, und als ich immer stärker hinkte, ging meine Mutter mit mir zu unserem Hausarzt. Der wiederum konnte nichts machen und schickte

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