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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Haaren über die Stirn lief. Aber es war nicht heiß, direkt über uns lief nämlich eine Klimaanlage auf Hochtouren. Dein Blick flitzte nervös durch den Raum und du brachtest es kaum fertig, mir in die Augen zu schauen. Deine Unruhe ließ dich schüchtern wirken, wodurch ich dich gleich noch mehr mochte. Aber da war immer noch irgendwas an dir, an das ich mich vage erinnerte.
    »Tja«, nuscheltest du. »Und was willst du mal machen? Hättest du gern so einen Job wie dein Dad? Oder würdest du lieber reisen wie deine Mum?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das würde ihnen gefallen. Aber ich hab keine Ahnung. Gibt einfach nichts, was mir richtig vorkommt.«
    »Nichts, was … bedeutsam genug ist?«
    »Ja, vielleicht. Ich meine, die häufen doch nur Zeug an. Dad sammelt Geld von anderen Leuten und Mum sammelt Kunst. Ich hab das Gefühl, die machen nichts, was wirklich ihr eigenes Ding ist.«
    Ich drehte mich weg. Ich hasste es, über die Arbeit meiner Eltern zu sprechen. Den ganzen Flug von London hierher war es um nichts anderes gegangen; Mum hatte endlos über die Gemälde geredet, die sie in Vietnam kaufen wollte. Im Moment waren diese Dinge wirklich das Allerletzte, worüber ich mich unterhalten wollte. Du hast wieder ein bisschen gelacht, mit belegter Stimme. Der Teelöffel ruhte friedlich auf deinem Daumen, es war wie Zauberei. Ich fragte mich immer noch, ob es okay war, hier zu sitzen, zusammen mit dir. Aber weißt du, es war irgendwie verrückt, ich hatte das Gefühl, ich könnte dir alles erzählen. Wahrscheinlich hätte ich das auch getan, wenn ich nicht so einen Kloß im Hals gehabt hätte. Oft wünsche ich mir, es hätte genau da aufgehört – mit deinem Lachen und meiner Nervosität.
    Ich sah mich rasch um, weil ich wissen wollte, ob meine Eltern nach mir suchten. Dabei war mir klar, dass sie das garantiert nicht taten. Bestimmt passte es ihnen bestens in den Kram, dass sie in aller Ruhe am Gate sitzen und mit möglichst intelligenter Miene in den Zeitschriften lesen konnten, die sie mitgebracht hatten. Außerdem hätte Mum das Gefühl, sie würde in unserm Streit über meine Klamotten klein beigeben, wenn sie jetzt kam und mich suchte. Trotzdem schaute ich mich um. Ein Schwarm namenloser Gesichter zog an mir vorüber und bewegte sich auf die Theke zu, an der die Getränke ausgeschenkt wurden. Menschen, überall waren Menschen. Das laute Mahlgeräusch und das Zischen der Kaffeemaschine. Das Kreischen kleiner Kinder.
    Der Geruch von Eukalyptus, der aus deinem karierten Hemd aufstieg. Ich nahm noch einen Schluck von meinem Kaffee.
    »Was für Bilder sammelt deine Mutter?«, hast du gefragt und mich mit deiner sanften Stimme wieder zurückgeholt.
    »Hauptsächlich Farben. Bilder von Gebäuden. Formen. Kennst du Rothko? Mark Rothko?«
    Du hast die Stirn gerunzelt.
    »Na ja, solche Sachen eben. Ich finde es ziemlich daneben. Diese ewigen Farbflächen.« Ich kam schon wieder ins Plappern. Ich unterbrach mich und blickte deine Hand an, die jetzt auf meiner lag. War das okay? Wolltest du dich an mich ranmachen? In der Schule hatte das noch nie jemand auf so eine Art getan wie du. Auf meinen Blick hin zogst du deine Hand schnell weg, als wäre dir genau wie mir eben erst klar geworden, wo sie war.
    »Entschuldigung.« Du hast mit den Achseln gezuckt, aber in deinen Augen lag ein Glitzern, das mich zurücklächeln ließ. »Ich bin wohl … ein bisschen angespannt.«
    Du legtest die Hand wieder hin, diesmal direkt neben meine, kaum ein paar Zentimeter weit weg. Wenn ich meinen kleinen Finger nur ein bisschen streckte, hätte ich sie berühren können. Du trugst keinen Ehering. Überhaupt keinen Schmuck.
    »Was machst du so?«, fragte ich. »In die Schule gehst du bestimmt nicht mehr, oder?«
    Ich krümmte mich, noch während ich das sagte. Dieser Satz war total dämlich, das wussten wir beide. Du warst eindeutig ein ganzes Stück älter als alle anderen Jungen, mit denen ich bis jetzt auf diese Art geredet hatte. In den Mundwinkeln und um die Augen herum hattest du winzige Sonnenfältchen und du schienst total eins mit dir. Deine Bewegungen wirkten selbstbewusst, nicht so ungeschickt und linkisch wie die der Jungs in meiner Schule.
    Mit einem Seufzen lehntest du dich zurück. »Tja, ich mach wohl auch so was wie Kunst«, sagtest du. »Aber ich male keine Farbflächen. Ich reise ein bisschen, mache was mit Pflanzen … baue Sachen. So in der Art.«
    Ich nickte, als würde ich dich verstehen. Ich wollte dich

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