Idealisten der Hölle
elektrischen Zwei-Kilowatt-Heizung hängen und fiel der Länge nach zwischen das restliche nutzlose Zubehör. Ein Fingernagel von Schmerz kratzte zart an seinem untersten Rückenwirbel. Das Visier der Pistole hatte sich im Taschenfutter verheddert. Er zerrte fieberhaft daran. Als er so dalag und sein Verstand sich weigerte, auf Überlebensebene zu funktionieren, wurde ihm klar, daß er eigentlich ebenso überholt war wie das herumliegende Gerümpel: Er war alt.
Ein roter Nebel beeinträchtigte seine Sicht. Furcht packte ihn unter dem Herzen. Und dann begann er zu brüllen, weil irgendeine Bestie an seiner Kehle geiferte.
Er ließ den Revolver los und versuchte, sie mit den Händen zurückzuhalten. Seine Finger klammerten sich in verfilzte Haarbüschel. Der Atem des Wesens war warm und feindselig. Er schlug hilflos nach dem Maul, dann wurde er ohnmächtig.
*
Als er erwachte, lag er schweißgebadet im Bett. Jemand kniete vor dem Herd und blickte in seinen offenen Bauch. Er streichelte einen riesigen, schlammverkrusteten Wolfshund. Wendover zuckte bei dem Gedanken an die Zähne an seiner Halsschlagader zusammen. Als er die Bewegung hörte, stand der Eindringling auf und sah auf ihn herunter.
Er war groß und schlank und trug enge, geflickte Jeans und eine dunkle Seemannsjacke mit unpassenden Chromknöpfen. Sein borstiges blondes Haar war von der Stirn und den Ohren glatt zurückgebürstet und fiel in Locken offen bis auf die Schulter; die Folge davon war, daß sein Gesicht vogelartig und raubtierhaft hervortrat. Eine Hakennase vervollständigte die Ähnlichkeit. Seine großen Augen waren grau und ebenso belustigt wie die leichte Krümmung seiner vollen Lippen. Er trat vor und hielt die Pfanne in der Hand, die Wendover benutzt hatte, um den Hasen zu braten. Seine rechtes Bein war am Knie seltsam verkrümmt, sein Gang steif.
Sein Name war Harper, und er war ein Zinnhäusler der zweiten Generation. Wendover, der das verkrüppelte Bein fünfzehn Jahre zuvor, als Harper elf Jahre alt war, schlecht gerichtet hatte, betrachtete ihn mißgelaunt und übersah die leicht spöttische Bewegung. Er blickte mißtrauisch zu dem Hund hinüber, der ruhig am Ofen saß und offensichtlich von den Flammen gefesselt war.
Harper zog die Pfanne zurück und stellte sie auf den Herd zurück. Beim Geruch des Hasen winselte der Wolfshund. Er geiferte ein wenig, die Zunge hing ihm aus dem Maul. Harper knurrte ihn liebevoll an und kraulte seinen Nacken. Mit der freien Hand hob er etwas vom Boden auf. Als er sich wieder zu Wendover umwandte, lächelte er noch immer. Ein feuchtes Stück Seil, braun und verrottet, hing an seinen Fingern. An einem Ende war es kürzlich gerissen. Er ließ es leicht schwingen und sagte: »Es tut mir leid, Doktor. Es war wirklich nicht meine Schuld. Die Leine ist gerissen.« Seine Stimme war leise und sanft.
»Pah«, sagte Wendover.
Plötzlich erstarb Harpers Lächeln. Seine Aufmerksamkeit schien abzuschweifen. Er betrachtete eingehend die siedende Pfanne.
»Sie können ihn nicht essen, nicht wahr? Das Leben könnte leichter sein …«
Er drehte sich um, seine Augen blickten eindringlich. »Das Leben könnte leichter sein für Sie.«
Wendover zuckte die Achseln. Ihre Beziehung war ambivalent, oft unbeständig. Die Zuneigung konnte jeden Moment in Wut oder Verachtung umschlagen.
»Ich bin nicht bereit für das Dorf, wenn es das ist, was du meinst. Gib es dem Hund. Ich bin nicht bereit dafür, es gibt hier etwas, das ich schätze.«
Harper nickte, ein kurzes Bellen, das von dem Hund hätte kommen können. Seine Besuche bei dem Arzt waren seltener geworden, seit sie beide alle Hoffnung für das verkrüppelte Bein aufgegeben hatten. Seine Lippen kräuselten sich flüchtig über weißen Zähnen.
»Freiheit, ist es das, Doktor?«
Wendover schwang die Beine über den Bettrand. Übelkeit stieg in ihm hoch, als er sich aufrichtete. Der Hund fixierte ihn mit blau-braunen, tiefelosen Augen und knurrte. Er nahm die Pfanne und stellte sie auf den Boden. Das Tier erhob sich, noch immer knurrend.
»Er wird es nicht von Ihnen nehmen, Doktor.«
Harper stand vor der Pfanne und ließ ermutigende Geräusche aus der Tiefe seiner Kehle hören. Der Wolfshund kam näher. Harper sagte nichts, grinste Wendover nur an und beobachtete sein Gesicht. Er setzte sich dicht neben seinen Gefährten. Dann sagte er: »Ich nenne ihn Vulkan.« Wendover schwieg. Nach einer Weile wandte Harper den Blick ab.
»Warum bist du hier?«
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