Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
achtzehn stand (Tendenz steigend), auf 1 (heart) America pausenlos gedudelt wurde und bereits zu diplomatischen Protesten etlicher islamischer Staaten geführt hatte.
Kathy Torrance sah aus, als könnte sie durchaus erfreut sein. »Und das fötale Gewebe, Laney?«
»Na ja«, sagte Laney und legte den Datenhelm neben den Computer, »ich glaube, das könnte das Gute daran sein.«
»Wieso?«
»Es muss aus dem Irak kommen. Da bestehen sie ausdrücklich drauf. Sie wollen sich nichts anderes spritzen.«
»Sie sind engagiert.«
»Wirklich?«
»Sie müssen die Anrufe in Ventura mit den Parkgebühren der Garage im Beverly Center korreliert haben. Obwohl dieser Dauerscherz mit den ›Gulf War Babys‹ ja nun wirklich kaum zu übersehen war.«
»Moment mal«, sagte Laney. »Sie wussten es schon.«
»Ist das Hauptthema der Mittwochssendung.« Sie klappte den Computer zu, ohne sich die Mühe zu machen, Clint Hillmans korrigiertes Kinn abzuschalten. »Aber so hatte ich Gelegenheit, Ihnen beim Arbeiten zuzusehen, Laney. Sie
sind ein Naturtalent. Ich wäre beinahe geneigt zu glauben, dass an diesem Knotenpunkt-Quatsch tatsächlich was dran sein könnte. Einiges, was Sie getan haben, war völlig unlogisch, aber ich hab gesehen, wie Sie mir nichts, dir nichts auf Sachen gestoßen sind, die drei erfahrene Rechercheure erst nach einem Monat harter Arbeit ausgegraben hatten. Sie haben’s in einer knappen halben Stunde geschafft.«
»Teilweise war das illegal«, sagte Laney. »Sie haben die Finger in einigen Bereichen von DatAmerica drin, und das dürften Sie eigentlich gar nicht.«
»Wissen Sie, was eine Vereinbarung über die Wahrung von Betriebsgeheimnissen ist, Laney?«
Yamasaki blickte von seinem Notebook auf. »Sehr gut«, sagte er, wahrscheinlich zu Blackwell, »das ist sehr gut.«
Blackwell verlagerte sein Gewicht. Das Polykarbonatgestell des Stuhls protestierte mit leisem Knarren. »Aber lange geblieben ist er da nicht, oder?«
»Gutes halbes Jahr«, sagte Laney.
Bei Slitscan konnte ein halbes Jahr eine sehr lange Zeit sein.
Der größte Teil seines ersten Monatsgehalts ging für die Miete einer mikrokleinen Junggesellenbude in einem umgebauten Parkhaus auf der Broadway Avenue in Santa Monica drauf. Er kaufte sich Hemden, die seiner Ansicht nach eher denen entsprachen, die man bei Slitscan trug, und behielt seine malaysischen Buttondowns als Pyjamahemden. Er kaufte sich eine teure Sonnenbrille und achtete darauf, dass er nie auch nur einen einzigen Filzstift in der Hemdtasche hatte.
Das Leben bei Slitscan hatte gewissermaßen etwas Konzentriertes. Laneys Kollegen begrenzten sich auf eine spezielle Bandbreite von Emotionen. Ein gewisser Humor wurde sehr geschätzt, wie Kathy gesagt hatte, aber es wurde auffallend wenig gelacht. Die erwartete Reaktion war Blickkontakt, ein Nicken, ein angedeutetes Grinsen. Hier wurden
Leben zerstört und manchmal wiedererschaffen, Karrieren vernichtet oder in surrealer, unerwarteter Gestalt neu gestartet. Slitscans Geschäft war nämlich der rituelle Aderlass, und das Blut, das sie abzapften, war eine alchimistische Flüssigkeit: Ruhm in seiner rohesten, reinsten Form.
Laneys Fähigkeit, wichtige Daten in offenbar beliebigen Wüsten nebensächlicher Informationen ausfindig zu machen, trug ihm den Neid und die widerwillige Bewunderung erfahrenerer Rechercheure ein. Er wurde Kathys Liebling und freute sich beinahe, als er entdeckte, dass ein Gerücht im Umlauf war, demzufolge sie eine Affäre hatten.
Sie hatten keine – abgesehen von jenem einen Mal bei ihr zu Hause in Sherman Oaks, und das war keine gute Idee gewesen. Nichts, was einer von ihnen wiederholen wollte.
Doch Laney schärfte seinen Blick immer mehr, konzentrierte sich noch stärker, erweiterte die Grenzen dessen, was sich als sein Talent, sein Touch manifestierte. Und das gefiel Kathy. Wenn er seinen Datenhelm auf dem Kopf hatte und Slitscans Standleitung ihm die öden Regionen von DatAmerica einspeiste, fühlte er sich zunehmend zu Hause. Er ging, wohin Kathy ihm vorschlug. Er fand die Knotenpunkte.
Manchmal, wenn er in Santa Monica einschlief, fragte er sich vage, ob es vielleicht ein größeres System gab, ein Feld mit einer übergeordneten Perspektive. Vielleicht hatte DatAmerica als Ganzes seine eigenen Knotenpunkte, Info-Defekte, die möglicherweise zu einer anderen Art von Wahrheit, einer anderen Form des Wissens, tief in grauen Informationsschwärmen, führten. Aber nur, wenn es einen gab, der die
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