Ihr letzter Tanz
wiedergutmachen.
Von Doug wusste sie, dass ihr Vater tot war, dass ihre Mutter eine wunderbare Frau war, die niemals nörgelte, aber sich stets große Sorgen machte. Quinn neigte dazu, sich abzukapseln, wenn er beunruhigt oder beschäftigt war, was ihr nur noch mehr Sorgen bereitete.
„Du bist mir vielleicht ein Sohn!“ hatte sie zu Doug gesagt. „Ich habe deine Mutter noch immer nicht kennen gelernt, und du hast schon an Wettkämpfen teilgenommen!“
„Ich musste erst mal selbstbewusster werden“, sagte er. „Aber jetzt … jetzt wird sie es lieben. Du wirst überrascht sein, wie gut sie tanzen kann“, hatte er voller Stolz geantwortet.
Sie nahm den Hörer ab. „Hi. Also, wohin gehst du mit ihr?“
„In ein neues Lokal in North Miami. Ich werde wohl erst spät zurück sein. Hör mal, das ist ein Restaurant mit schottischer Gourmetküche. Kannst du dir vorstellen, dass Schotten so etwas haben?“
„Nein, aber es hört sich interessant an. Bring mir eine Speisekarte mit, wenn es geht.“
„Ich bin ein Ex-Cop, ich kann keine Speisekarte mitgehen lassen.“
Sie lachte. „Verrat mir doch, ob ich deine Mom bald kennen lernen werde.“
„Ja, wirst du. Sie hat schon viel über dich gehört.“
„Lasst es euch heute Abend schmecken“, sagte sie zu ihm.
„Danke. Bis später.“
Sie legte den Hörer auf und ging zurück ins Studio, das sich allmählich leerte. Es wurde langsam Zeit für ihre Fortgeschrittenengruppe, aber montagabends waren nur wenige Schüler an Einzelunterricht interessiert. Ihr kam es so vor, als sei der Montag in jeder Branche ein ruhiger Tag.
Seltsam, dass es sie nicht störte und ihr der Gedanke an mögliche weitere ruhige Tage sogar gefiel. Sie wusste, dass Quinn noch immer seine Probleme mit Lopez’ Tod hatte. Das Ganze war nicht schlüssig aufgelöst worden, die Puzzlestücke fügten sich nicht nahtlos zusammen. Etwas Ruhe würde beiden gut tun.
Du weißt gar nichts.
Sie ging in die Küche zurück und durchforstete den Kühlschrank. Ben kam zu ihr. „Suchst du was Bestimmtes?“
Da Sam keinen Unterricht mehr hatte, war er mit Marnie nach Hause gefahren. Auch Jane war früh gegangen. Obwohl sie noch nicht wieder mit ihren Schülern arbeiten konnte, hielt sie es nicht aus, dem Studio fernzubleiben. Doug war dagegen geblieben. Zwar demonstrierte er seine Loyalität, indem er erklärte, ausschließlich mit Jane zur Gator Gala zu gehen, dennoch nahm er bei Shannon und Rhianna Stunden und verpasste nie den Gruppenunterricht. Katarina und David waren da, ebenso Richard Long, dessen Frau zu Hause geblieben war. Sie war von ihrer Arbeit zu erschöpft. Heute schien sich – so wie nach jedem Wochenende – die Anzahl der verletzten oder erkrankten Kinder zu häufen. Gordon hatte ihr bereits früh am Tag gesagt, er werde um acht Uhr gehen. Als Eigentümer sei das sein gutes Recht, außerdem habe er eine hervorragende Managerin, die das Studio bestens im Griff hatte.
„Ob du was Bestimmtes suchst?“ wiederholte Ben.
„Champagner. Ich dachte, ich bringe unsere Fortgeschrittenengruppe ein wenig auf Trab.“
„Richard hat aus dem gleichen Grund gerade eben Kaffee gekocht.“
Richard tauchte hinter Ben auf. „Oh, Champagner klingt aber auch sehr verlockend.“
Mona O’Casey hatte nach dem Tod ihres Mannes nie wieder geheiratet, doch deshalb war sie keineswegs in lebenslange Depressionen versunken. Dank einer großzügigen Witwenrente hatte sie ihren Job als Krankenschwester aufgeben können, um sich stattdessen für eine Reihe von wohltätigen Organisationen einzusetzen. Sie war 1,65 Meter groß und schlank, hatte kurzes silbergraues Haar und leuchtende blaue Augen, und sie war ein Energiebündel.
„Ich war nicht besonders rücksichtsvoll, nicht wahr?“ sagte Quinn.
Mona lächelte ihn an. „Ich glaube, ich merke, wenn du schlechte Laune hast. Natürlich fühle ich mich wohler, wenn ich mit dir reden kann. Aber ich weiß auch, dass du immer dann anrufst, wenn du dazu bereit bist.“ Sie stieß einen leisen Seufzer aus. „Und da ihr beide nicht von euren gefährlichen Berufen abzubringen seid, habe ich längst gelernt, nachts nicht vor Sorge um euch wachzuliegen. Außerdem hat mir Doug ja gesagt, dass es dir gut geht und du nur etwas verstimmt bist. Und wie ich höre, werde ich euch beide bald tanzen sehen können.“
„Nur den Walzer, und dass ich wenigstens den beherrsche, verdanke ich dir.“
Sie lachte auf. „Dann bin ich doch froh, dass ich dir wenigstens eine
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