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Ihr schafft mich

Ihr schafft mich

Titel: Ihr schafft mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolaus Nuetzel
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Schwule und Lesben das Recht bekommen, als Eheleute zusammenzuleben – in einer rechtlich verbindlichen Partnerschaft. Und noch eine Flasche gibt es, als offiziell wird, dass Deutschland einen schwulen Außenminister hat, Guido Westerwelle.
    Wenn Musiker, Schauspieler, Fernsehleute oder Designer sich zum Schwul- oder Lesbensein bekennen, lässt Georg allerdings irgendwann keinen Korken mehr knallen. Es werden ihm zu viele. Der Entertainer Hape Kerkeling, die Tatort-Kommissarin Ulrike Folkerts, die Fernsehmoderatorin Anne Will, der Designer Wolfgang Joop – allein in Deutschland sind es so viele Namen, dass Georg es manchmal gar nicht mehr glauben kann. »Man kann sich nicht vorstellen, was ich an Veränderungen alles erlebt habe«, sagt er, kurz bevor er mit 95 Jahren stirbt.
    Bist du schwul, ey? Aber klar doch!
    Dabei hat Georg andere bemerkenswerte Veränderungen gar nicht mehr erlebt. Etwa, dass es beim Fernsehsender RTL seit dem Jahr 2011 nicht nur heißt »Bauer sucht Frau«, sondern auch »Bauer sucht Mann«. Ein schwuler Landwirt, der im Privatfernsehen zur besten Sendezeit mit einem Mann knutscht. Vielleicht hätte Georg vor Freude der Schlag getroffen, wenn er das noch hätte sehen können. Schwule Bauern als Quotenbringer im Fernsehen – wer vor ein paar Jahrzehnten so etwas als Zukunftsvision entworfen hätte, der wäre womöglich schon allein deswegen für verrückt erklärt worden.
    Solange Menschen lieben, so lange gibt es Männer, die Männer lieben. Und Frauen, die Frauen lieben. Die Zahlen darüber, wie groß der Anteil von Schwulen und Lesben an der gesamten Bevölkerung ist, gehen stark auseinander. Viele Schätzungen und Statistiken schwanken zwischen ein und drei Prozent, manche liegen noch höher.
    Wenn man sich in eine Schulaula stellt, in der 500 Acht- und Neuntklässler versammelt sind, heißt das: Wahrscheinlich mindestens zehn davon fühlen sich zum eigenen Geschlecht hingezogen. Wenn man nun in diese Aula ruft: »Hallo, zehn von euch sind schwul oder lesbisch!«, dann werden allerdings erst mal ein Raunen und Kichern durch die Gruppe gehen. Denn auch wenn kaum jemand öffentlich fordern würde, dass Homosexualität wieder strafrechtlich verboten wird, zur Normalität gehört sie nicht. Normal ist, dass Jungs sich mit Mädchen zusammentun, Männer mit Frauen. Das ist die Norm.
    Rasanter Wandel – und Stillstand
    Nach verschiedenen Zählungen ist Homosexualität in mehr als 70 Ländern weiter per Gesetz verboten, so wie es bis 1969 auch in Deutschland war. In einigen Ländern werden Schwule sogar mit der Todesstrafe bedroht. Aber man muss Deutschland gar nicht verlassen, um unter dem Schwul- oder Lesbischsein zu leiden. Wer als 16-Jähriger in einem Dorf in Mecklenburg, Schwaben oder Friesland lebt, der wird sich verdammt schwertun, mit einem anderen 16-Jährigen Hand in Hand durch die Straßen zu laufen. Oder Schwulsein im Sportverein, egal ob auf dem Dorf oder in der Großstadt? Bei der Feuerwehrjugend?
    Auch über 40 Jahre, nachdem das Schwulsein als Straftatbestand aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde, gibt es keinen Spieler der Fußball-Bundesliga, der sich offen dazu bekennt, dass er Männer liebt. In den Fußball-Ligen anderer Länder ist Schwulsein ebenso tabu. Rein statistisch ist es zwar so gut wie ausgeschlossen, dass unter den Profi-Fußballern Deutschlands, Spaniens, Frankreichs, Italiens und so weiter kein einziger Schwuler ist. Doch hier gilt weiterhin die eiserne Regel: Fußballer schweigen über das Thema. Und wenn einer von ihnen doch etwas dazu sagt, dann höchstens: » Ich bin schon mal nicht schwul.«

    Die etablierten Fußballer geben also als Norm vor: »Schwul? Nicht bei uns!« Das macht jedem jungen Talent bereits in der D-Jugend klar: Erfolg im Fußball und Schwulsein, das geht nicht zusammen. Wenn du also Andreas liebst und in der Bundesliga spielen willst, dann vergiss Andreas lieber. Sieh dich lieber nach einer Andrea um. Und tu so, als ob sie deine Traumfrau wäre. Denn schwul zu sein, ist für die Karriere eines Jungfußballers tödlicher als jeder Kreuzbandriss.
    Nur in einer Sportart gibt es eine Handvoll Spitzenleute, die sich dazu bekennen, dass ihre Liebe dem eigenen Geschlecht gilt. Im Damen-Tennis. Die früheren Tennis-Weltstars Martina Navratilova oder Amélie Mauresmo standen bereits in ihrer

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