Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
wurde er auch gleich redselig.
»Bei vier Kindern ist es jedes Mal kostspielig, in Urlaub zu fahren. Hierher zu kommen ist genau das Richtige für sie, obwohl es nicht besonders weit von Bamford entfernt ist. Im Gegenteil, es ist sogar ein Vorteil. Keine langen Fahrzeiten hin und zurück. Wussten Sie, dass sie planen, das Cottage im Sommer als Ferienhaus zu vermieten? Wenn sie es nicht selbst nutzen, heißt das.«
»Ich weiß. Es macht mir nichts aus. Besser, als wenn es leer steht. Selbst wenn einige der Feriengäste nicht mein Geschmack sind, ein paar Wochen lang kann man es aushalten. Und Sie und Meredith kommen ebenfalls hin und wieder, wie ich zu behaupten wage?« Sie blickte Markby hoffnungsvoll an.
»Tatsache ist …«, begann Markby mit einem Seitenblick auf Meredith, die ihren Apfelwein in das schwächer werdende Dämmerlicht hielt, »Tatsache ist, wir wollten eigentlich schon früher kommen, im Sommer, aber meine Arbeit hat das leider verhindert. Und kaum hatte ich wieder Zeit, wurde Meredith unerwartet für ein paar Wochen nach Paris abgeordnet – zur Konsularabteilung der Botschaft.«
»Ich will mich nicht beschweren«, warf Meredith ein.
»Immerhin war es Paris! Außerdem hat es gut getan, für eine Weile weg zu sein von diesem Schreibtisch in Whitehall. Der reinste Segen! Zugegeben, die Abordnung hat in mir eine gewisse Sehnsucht nach einer richtigen …« Sie bemerkte Markbys gequälten Blick und verstummte.
»Nicht, dass ich jetzt noch einen Posten im Ausland angeboten bekommen würde. Trotzdem, es hat gut getan, so kurz es auch war.« Sie hob erneut ihr Glas.
»Auf Tobys gebrochenes Bein, dem ich den Kurzaufenthalt in Paris verdanke.«
»Typisch Toby Smythe«, brummte Markby unfreundlich.
»Er bricht sich das Bein, und jemand anderes kann seine Urlaubspläne an den Nagel hängen.« Es ging ihm gegen den Strich, Mitleid für jemanden zum Ausdruck zu bringen, den er nur als einen jüngeren Rivalen sehen konnte, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen von sowohl Merediths als auch Smythes Seite. Außerdem hatte Markby irgendwie das Gefühl, als würde das Unglück Smythe hinterherlaufen. Einmal war er aus irgendeiner Bananenrepublik ausgewiesen worden und unerwartet nach England zurückgekehrt, was in der Folge dazu geführt hatte, dass Meredith die Wohnung räumen musste, die sie von Toby gemietet hatte, und zu einer Freundin in den Wohnwagen an einer archäologischen Grabungsstelle gezogen war … Sie sah Markby tadelnd an.
»Er hat sich das Bein bestimmt nicht mit Absicht gebrochen! Sie mussten ihn nach Hause fliegen, so kompliziert war der Bruch. Er hat noch immer Stahlnägel im Knochen. Aber er ist wieder auf den Beinen und arbeitet – also trinken wir auf seine weitere Genesung.« Sie hoben ihre Gläser.
»Nun haben Meredith und ich wenigstens zwei Wochen zur gleichen Zeit frei.« Markby hob sein Glas und toastete ihr zu.
»Wir können zusammen essen, trinken, ein wenig spazieren gehen. Das ist sowieso das Beste am Urlaub: nichts zu tun. Wir hätten ein wenig weiter wegfahren können, aber es wäre anstrengender geworden, und Paul hat uns das Cottage angeboten. Warum nicht, dachten wir. Wären wir in ein Hotel gegangen, wir wären von Fremden umgeben gewesen und von geschäftigem Personal. Hier im Cottage ist es viel angenehmer und ruhiger.« Er hoffte inbrünstig, dass er mit diesen letzten Worten nicht das Schicksal herausforderte. Doch wie sich herausstellen sollte, hatte er genau das getan. Wynne blickte wehmütig drein.
»Ich vermisse meine Arbeit als Journalistin«, sagte sie.
»Als ich noch gearbeitet habe, dachte ich immer, wie schön es wäre, endlich im Ruhestand zu sein. Ich stellte mir vor, hier in meinem Cottage zu sitzen, meinen eigenen Wein zu keltern, all die vielen Bücher zu lesen, zu denen ich nicht gekommen bin, und im Garten zu werkeln. Ich wollte mir eine schöne Zeit machen. Aber so ist es nicht, ganz und gar nicht. Nicht, wenn man an ein Leben in einem geschäftigen Redaktionsraum gewöhnt ist, an Leute, die um einen herum hin und her rennen, an wichtige Storys, jede Menge Gerüchte und Geschwätz und all die netten versoffenen Dinners und Lunches.«
»Genau das Gleiche habe ich vor nicht ganz fünf Minuten gedacht«, seufzte Meredith. Doch Wynne, stets gut für eine unerwartete Wendung des Gesprächs, ließ sie nicht weiterreden.
»Deswegen bin ich auch gleich auf das Angebot eingegangen, ein paar Nachforschungen für das Leichenschauhaus anzustellen.«
Weitere Kostenlose Bücher