Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
hatte eine beträchtliche Menge Alkohol intus. Sie wusste, dass Wynne ihre Frage von eben gehört hatte, doch sie dehnte genüsslich den Augenblick bis zu ihrer Antwort, so ärgerlich das für die Fragestellerin auch sein mochte.
»Ja, bitte«, stimmte Markby zu.
»Ich möchte ebenfalls einen Wein.« Er wusste nicht, was er von Karottenwhiskey halten sollte. Wynne klapperte mit den Flaschen auf ihrem Sideboard.
»Was sagen Sie zu dem hier? Apfel. Nein, überhaupt nicht wie Cidre, eher wie ein deutscher Weißwein, jedenfalls glaube ich das. Ein interessanter Kontrast zum Brombeerwein. Versuchen Sie ihn.« Die Unterhaltung verstummte vorübergehend, während sie den Wein probierten, doch selbst längst im Ruhestand befindliche Mitglieder der vierten Macht im Staate ließen sich nicht so leicht von etwas ablenken. Wynne hatte während ihrer Berufsjahre eine ganze Menge an starken Getränken zu sich genommen in dem Bemühen, die Verteidigung ihrer Interviewpartner aufzuweichen, und nun kehrte sie zu ihrem Angriff zurück, wenngleich auf ein wenig durchsichtige Art und Weise.
»Die liebe Laura hat mir erzählt, sie hätte einen Bruder bei der Polizei, in gehobener Stellung, hat sie gesagt«, berichtete Wynne.
»So gehoben nun auch wieder nicht«, wehrte Markby bescheiden ab.
»Nur Superintendent, das ist alles.«
»Das klingt in meinen Ohren sehr gehoben!«, schmetterte Wynne den Versuch ab, ihr Interesse abzulenken. Sie bedachte Markby mit einem freundlichen Lächeln, um ihn wissen zu lassen, dass er es nicht mit einer Amateurin zu tun hatte. Alan spürte, wie Hilflosigkeit ihn übermannte (oder zu viel selbst gemachter Wein). Eine Haarnadel fiel klappernd auf den gemauerten Kamin. Wynne starrte auf die Nadel hinab, als könnte sie sich nicht erklären, woher sie kam.
»Ich muss schon sagen, Sie scheinen eine Familie zu sein, die dem Gesetz sehr verhaftet ist«, fuhr sie fort.
»Laura eine Anwältin, und Sie ein hoher Polizeibeamter. Auf der anderen Seite ist Lauras Ehemann Paul ganz anders. Er schreibt Kochbücher! Seine Tante Florrie Danby hat oft davon erzählt. Sie klang immer ganz überrascht, dass ein Knabe so viel Interesse am Kochen haben kann. Ich sagte ihr, sie solle sich überlegen, wie viele berühmte männliche Köche es gibt. Ich habe vor Jahren Philip Harbin interviewt, als ich noch eine junge Gesellschaftsreporterin war. Erinnern Sie sich an ihn? Er hatte einen Bart.« Wynne nippte an ihrem Wein.
»Er fuhr mit einer kleinen Show durch das Land und veranstaltete Kochvorführungen in Theatern. Vor den Tagen des Fernsehens war er eindeutig einer der Stars der Szene.«
»Paul ist ein sehr guter Koch«, machte sich Alan für seinen Schwager stark. Oder zumindest hoffte er, dass er die Worte gesagt hatte. Er befürchtete, dass seine Zunge inzwischen ein wenig schwer war, und versuchte es deswegen erneut.
»Ein – sehr – guter – Koch!«, wiederholte er gewichtig. Merediths Augenbrauen zuckten. Wynne schien nichts Ungewöhnliches zu bemerken.
»Florrie Danby war viele Jahre lang meine Nachbarin. Ich vermisse sie sehr.« Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, und die alte Frau schien von unsichtbaren Emotionen übermannt. Meredith, die sensibel war für die Stimmungen anderer, musterte sie eingehend. Wynnes Blick war geistesabwesend und ein wenig traurig. Karrierefrau zu sein, wie Wynne es gewesen und Meredith es immer noch war, mochte ja schön und gut sein – das Leben war so unglaublich interessant und abwechslungsreich. Und dann eines Tages – puff. Es war alles vorbei. Sie bedachte das Weinglas mit einem gehetzten Blick. Dieses Zeug war unglaublich stark. Alan hatte bereits angefangen zu lallen, und sie wurde nach zwei Schlucken rührselig! Wynne hatte unterdessen ihre abschweifenden Gedanken wieder unter Kontrolle gebracht.
»Ich hatte bereits befürchtet, das Cottage könnte verkauft werden, als Florrie starb. Es ist sehr wichtig, wer neben einem wohnt, wenn man eine Doppelhaushälfte hat, erst recht in einer so kleinen Gemeinde. Florrie war meine Nachbarin, seit ich hier eingezogen bin, vor, warten Sie … siebzehn Jahren. Und als Paul mir eröffnete, dass er das Cottage seiner Tante behalten und nicht aus den Händen der Familie geben wollte, habe ich vor Freude einen Luftsprung gemacht!«
»Es ist ein ideales Wochenend-Cottage für meine Schwester und ihren Mann«, sagte Markby. Das war schon besser. Die Worte kamen wieder klar und deutlich. Mit zurückkehrender Selbstsicherheit
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