Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
der
»sein Eigentum« war und bisher sämtlichen Versuchen von Rorys Frau Gill widerstanden hatte, das schäbige Möbel zu entsorgen.
Er streckte die langen Beine aus, verschränkte die Hände über dem Bauch und sinnierte, dass er wohl allmählich alt wurde. Er war jetzt vierundvierzig. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, als es ihm nicht das Geringste ausgemacht hatte, wenn er um drei Uhr morgens aus dem warmen Bett gerissen worden war, um den Rest der Nacht in einem stinkenden Kuhstall oder einer Scheune zu verbringen. Er war nach Hause gekommen, hatte geduscht, ein herzhaftes Frühstück zu sich genommen und den Tag frisch und munter angegangen. Das hatte sich geändert, und es war nicht das Einzige. Er sagte sich zwar, dass dieses ungewohnte Gefühl von Depression eine bisher nicht abgeklungene Folge des hinterhältigen Anschlags gegen seinen Wagen war, der ihn immer noch fassungslos machte. Wen hätte so etwas nicht mitgenommen? Und jetzt, als wäre das nicht schon genug, hatte er auch noch diesen Polizisten auf Urlaub am Hals, der offensichtlich entschlossen war, das ganze Dorf mit seinen entschieden neugierigen und beunruhigenden Fragen aufzurühren.
»Es ist ja nicht so«, murmelte Rory schläfrig vor sich hin, »als gäbe es einen Grund zu der Annahme, dass er etwas findet. Ich wünschte, er würde herausfinden, wer meinen Wagen so zugerichtet hat! Aber das tut er bestimmt nicht. Ich weiß überhaupt nicht, wofür ich meine vielen Steuern zahle!«
Wie manch andere wahre Briten empfand auch Armitage eine obskure Befriedigung daran, über diesen weiteren Beweis von Geldverschwendung seitens der Behörden und des Staates zu murren, und dieses Gefühl begleitete ihn in den Schlaf.
Er wurde von einem, wie er es später beschrieb, »unglaublichen Schrei« aus seinem seligen Schlummer gerissen. Er richtete sich auf, packte die Armlehnen seines Sessels und brummte:
»Was ist denn los?« Der Schrei erklang erneut. Er kam von draußen, aus dem Garten hinter dem Haus, diesmal gefolgt vom Geräusch stampfender, rennender Schritte, die sich dem Haus näherten. Rory mühte sich aus seinem Sessel und stürzte zu den französischen Fenstern, die einen ungehinderten Blick auf den Garten ermöglichten. Seine Frau kam ihm entgegengerannt, die Augen weit aufgerissen, der Mund offen, das Gesicht weiß. Sie hatte beide Arme erhoben. Rory stieß die Verandatür auf und brüllte:
»Was zur Hölle ist denn los? Du siehst aus, als wärst du einem Geist begegnet!« Sie rannte ihm entgegen und warf sich stolpernd in seine Arme. Sie schluchzte und rang ächzend nach Atem und war unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen. Er zog sie ins Wohnzimmer und setzte sie in den frei gewordenen Sessel. Dort saß sie, rollte unentwegt die Augen und bewegte lautlos den Mund. Armitage begann sich ernsthaft zu sorgen.
»Gill? Halte durch, Liebes, ich hole dir ein Glas Wasser!« Sie stieß einen weiteren unartikulierten Schrei aus und packte sein Handgelenk mit der Kraft eines Schraubstocks.
»Nein!«, kreischte sie.
»Geh nicht weg!« Er befreite sich vorsichtig aus ihrem Griff.
»Um Himmels willen, Gill, was ist denn?« Sie schluckte und versuchte zu erklären, doch sie brachte nur ein
»Es ist draußen im …« heraus, bevor sie erneut von Hysterie übermannt wurde und hemmungslos zu schluchzen anfing, während sie sich im Sessel hin und her warf, als hätte sie einen epileptischen Anfall.
»Mein Gott!«, murmelte Armitage.
»Hör zu, beruhige dich, Liebling. Ich rufe Tom Burnett an und bitte ihn, so schnell wie möglich vorbeizukommen!« Schließlich war er selbst nur Tierarzt. Er hatte hin und wieder mit durchdrehenden Pferden zu tun, doch durchdrehende Frauen waren nichts, womit er sich auskannte.
»Es ist wegen Gill!«, begrüßte er Burnett, als der Arzt läutete.
»Tut mir Leid, wenn ich Sie aus der Mittagspause reiße, aber ich habe Gill noch nie so gesehen! Ich kriege kein vernünftiges Wort aus ihr heraus!«
»Macht nichts«, versicherte ihm Burnett.
»Ich hatte einen Polizisten im Haus, der eine ganze Menge unverschämter Fragen gestellt hat! Ich hatte gehofft, dass jemand anrufen und nach mir verlangen würde! War er auch schon bei Ihnen? Er war bei Max Crombie. Max hat angerufen und mich gewarnt, dass ich vielleicht unangenehmen Besuch kriegen würde. Weiß Gott, was in diesem Dorf in letzter Zeit vorgeht! Alle scheinen übergeschnappt zu sein! Oh, ’tschuldigung, ich wollte Sie nicht … wo ist Gill?«
Gill
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