Ilias
waltenden Greises.
Jener entriß dem starken Agastrophos eilend des Panzers
Künstlichen Schmuck von der Brust und den mächtigen Schild von den Schultern,
Samt dem gewichtigen Helm. Da zog er den Bügel des Hornes,
Schoß und traf, nicht umsonst den Pfeil von der Nerve versendend,
Unten den rechten Fuß; und das Erz, durch die Sohle gedrungen,
Bohrt’ in den Boden hinein. Doch er mit behaglicher Lache
Sprang aus dem Hinterhalt und rief lautjauchzend die Worte:
Ha, das traf! Nicht umsonst mir entflog das Geschoß! O wie gerne
Hätt ich die Weiche des Bauchs dir durchbohrt und das Leben entrissen!
Dann vermöchten die Troer nun aufzuatmen von Drangsal,
Welche du wild hinscheuchst wie ein Leu die meckernden Ziegen!
Drauf begann unerschrocken der starke Held Diomedes:
Lästerer, Bogenschütz, pfeilprangender, Mädchenbeäugler!
Wenn du mit offener Gewalt in Rüstungen wider mich kämest,
Wenig frommte dir wohl dein Geschoß und die häufigen Pfeile.
Jetzt da du leicht den Fuß mir ritzetest, prahlest du eitel.
Nichts gilt mir’s, als träf ein Mädchen mich oder ein Knäblein!
Kraftlos spielt das Geschoß des nichtgeachteten Weichlings!
Traun, wohl anders von mir, und ob nur ein wenig es fasse,
Dringt ein scharfes Geschoß, und sofort zu den Toten gesellt es!
Seiner Vermählten daheim sind umher zerrissen die Wangen
Und die Kinder verwaist; mit Blut die Erde befleckend,
Modert er, und des Gevögels umschwärmt ihn mehr denn der Weiber!
Jener sprach’s; doch Odysseus, der Lanzenschwinger, sich nahend,
Trat vor ihn; nun saß er geschirmt und zog sich den schnellen
Pfeil aus dem Fuß, und der Schmerz durchdrang ihm heftig die Glieder.
Und er sprang in den Sessel, dem Wagenlenker gebietend,
Schnell zu den Schiffen zu kehren; denn unmutsvoll war das Herz ihm.
Einsam war nun Odysseus, der Lanzenschwinger, und niemand
Harrt’ um ihn der Achaier; denn Furcht verscheuchte sie alle.
Tief erseufzt’ er und sprach zu seiner erhabenen Seele:
Wehe, was soll mir geschehn! O Schande doch, wenn ich entflöhe,
Fort durch Menge geschreckt! Doch entsetzlicher,wenn sie mich fingen
Einsam hier; denn die andern der Danaer scheuchte Kronion!
Aber warum bewegte das Herz mir solche Gedanken?
Weiß ich ja doch, daß Feige von dannen gehn aus dem Kampfe!
Doch wer edel erscheint in der Feldschlacht, diesem gebührt es,
Tapfer den Feind zu bestehn, er treffe nun oder man treff ihn!
Als er solches erwog in des Herzens Geist und Empfindung,
Zogen bereits die Troer heran in geschildeten Schlachtreihn;
Und sie umschlossen ihn rings, ihr Unheil selber umzingelnd.
Wie auf den Eber umher die Hund’ und die blühenden Jäger
Stürzen (er wandelt hervor aus tiefverwachsenem Dickicht,
Wetzend den weißen Zahn im zurückgebogenen Rüssel;
Rings nun stürmen sie an, und wild mit klappenden Hauern
Wütet er; dennoch bestehn sie zugleich, wie schrecklich er drohet):
Also dort um Odysseus den Göttlichen stürzten sich ringsher
Troer. Doch jener zuerst dem untadligen Deiopites
Stach er die Schulter von oben, mit spitziger Lanz ihn ereilend:
Auch den Thoon darauf und Ennomos streckt’ er in Blut hin;
Auch dem Chersidamas rannt’ er, der schnell vom Wagen herabsprang,
Unter dem bucklichten Schild den scharfen Speer in den Nabel
Tief; und er sank in den Staub, mit der Hand den Boden ergreifend.
Jene verließ er, und Hippasos’ Sohn mit der Lanze durchstach er,
Charops, den leiblichen Bruder des wohlentsprossenen Sokos.
Ihm ein Helfer zu sein, wie ein Gott, kam Sokos gewandelt;
Nahe trat er hinan und sprach zu jenem die Worte:
O preisvoller Odysseus, an List unerschöpft und an Arbeit,
Heut ist entweder dein Ruhm, daß Hippasos’ Söhne du beide,
Solche Männer, dahingestreckt und die Waffen erbeutet,
Oder, von meiner Lanze durchbohrt, verlierst du das Leben!
Jener sprach’s und stieß auf des Schildes geründete Wölbung.
Siehe, den strahlenden Schild durchschmetterte mächtig die Lanze;
Auch in das Kunstgeschmeide des Harnisches drang sie geheftet,
Ganz dann entriß sie die Haut von den Rippen ihm; aber Athene
Wehrte dem Erz zu dringen ins Eingeweide des Mannes.
Doch wie Odysseus erkannt, nicht tödlich sei das Geschoß ihm,
Wich er ein wenig zurück und sprach zu Sokos die Worte:
Unglückseliger, traun, dich ergreift nun grauses Verderben!
Zwar mich hast du gehemmt, der Troer Volk zu bekämpfen,
Doch dir meld ich allhier den Tod und das schwarze Verhängnis,
Diesen Tag dir bestimmt;
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