Sternenfaust - 178 - Vertraue nie einem Genetic!
STERNENFAUST
20. Januar 2258
»Die AMSTERDAM hat soeben den Bergstrom-Raum verlassen«, meldete Commander Stephan van Deyk, der Erste Offizier der STERNENFAUST.
»Verstanden«, antwortete Dana Frost. »Geben Sie mir Bescheid, wenn die AMSTERDAM zum Stillstand gekommen ist und wir die Leiche von Jay Ondeo übernehmen können.«
»Aye, Ma’am«, antwortete ihr I.O.
Dana berührte ihren Armband-Kommunikator, um die Verbindung zu beenden und setzte ihren Weg in die Krankenstation fort.
Als sich die Schiebetür öffnete und Dana die Station betrat, fiel ihr Blick sofort auf die Schiffsärztin Lieutenant Dr. Kendra Scott, die an ihrer Konsole saß und dort offenbar einige Krankenakten überprüfte.
Als die Ärztin Dana erblickte, erhob sie sich.
Dr. Kendra Scott war klein und wirkte auf den ersten Blick ausgesprochen zierlich, fast mädchenhaft. Doch der Schein trog. Dr. Scott nutzte ihre Freizeit, um für den Fünfkampf zu trainieren, was sich manchmal auch in ihrem hitzigen Temperament äußerte.
»Wo ist Doktor Sparker?«, wollte Dana wissen.
Dr. Scott verdrehte die Augen und wischte mit der Hand über ihre kurzen, roten Haare. »Sie ist in meinem Labor, Ma’am«, antwortete sie erstaunlich formell. Und noch steifer fügte sie hinzu: »Korrigiere, Ma’am. Sie ist in dem Raum, der einmal mein Labor war.«
Dana hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. »So schlimm, Doktor Scott?«, fragte sie schließlich.
»Captain Frost«, antwortete die Ärztin und sprach nun deutlich leiser. »Ich bitte, offen sprechen zu dürfen.«
»Schießen Sie los«, sagte Dana.
»Diese Frau ist unerträglich!«, platzte es aus Dr. Scott heraus. »Ihre Arroganz … Heute ist es das erste Mal, dass ich mir Doktor Tregarde zurückwünsche.«
Dana hob ein wenig vorwurfsvoll die Augenbrauen, und Dr. Scott verstand sofort, dass ihre Bemerkung unangebracht war. »Es tut mir leid, Ma’am«, entschuldigte sich die Schiffsärztin. »Es war nicht richtig, das über Doktor Tregarde zu sagen.«
Seufzend holte Dana tief Luft und nickte. Keiner an Bord der STERNENFAUST hatte ein besonders inniges Verhältnis zu Dr. Tregarde gehabt. Doch nun war er tot. Er war bei einem Angriff auf die Raumstation WAR HOPE getötet worden.
Es gehörte sich einfach nicht, schlecht über Personen zu sprechen, vor allem nicht über solche, die einmal Teil der Besatzung gewesen waren.
»Sie verstehen sicher, was ich meine«, rechtfertigte sich Dr. Scott.
Dana lächelte verständnisvoll, aber auch ein wenig ironisch. »Ich verstehe durchaus. Eine arrogante Genetic … ist nicht wirklich ein Grund, GBN { * } zu informieren.«
Dr. Blair D. Sparker war eine Ärztin der Genetic-Welten. Das bedeutete, dass auch sie genetisch verändert worden war. Die meisten Genetics wurden in dem Glauben erzogen, den »Natürlichen« überlegen zu sein, woraus oftmals eine sehr herablassende Attitüde erwuchs.
»Jedenfalls nimmt sie mein Labor auseinander«, flüsterte Dr. Scott. »Und alle paar Augenblicke beklagt sie sich, weil irgendwelche Instrumente nicht ihren Anforderungen entsprechen.«
»Kann es sein, dass dieser Magnetresonanz-Scanner noch nicht einmal den Theta- vom Alpha-Bereich abgrenzen kann?«, erklang eine Stimme aus dem Labor.
Dr. Scott gab Dana durch eine Handbewegung zu verstehen, dass sie Dana nur zu gerne den Vortritt ließ, um diese Frage zu beantworten.
»Ich kümmere mich um Doktor Sparker«, sagte Dana und lächelte gutmütig.
»Danke«, flüsterte Dr. Scott. Offensichtlich erleichtert widmete sie sich wieder ihren Unterlagen.
*
»Das sind keine Werte, das sind Zufallszahlen«, murmelte Dr. Blair D. Sparker vor sich hin. Sie stand mit dem Rücken zu Dana. »Wofür wird dieses Teil verwendet? Für die schiffsinterne Lotterie?«
Dr. Sparker hatte wie Dr. Scott rote Haare, doch bei ihr waren sie zu einem Zopf geflochten.
»Dann sollten Sie vielleicht warten, bis Sie wieder auf Einstein sind«, erklärte Dana, woraufhin sich Dr. Sparker umdrehte. Dana lächelte, doch ihre Augen blickten streng. »Dort hat man sicher nur die besten Geräte«, fügte Dana hinzu.
Wie die meisten Genetics hatte auch Dr. Sparker klare, blaue Augen. Ihr Gesicht war ebenmäßig und nahezu faltenfrei, obwohl sie bereits Ende vierzig war. Dana hatte sich hin und wieder gefragt, weshalb die Genetics nahezu standardmäßig die Gene auf eine Unterdrückung von Falten ausrichteten. Die Gesichter erhielten dadurch etwas Unnatürliches, Künstliches.
Dr.
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