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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kreis.
    Nein!, dachte Daeman. Aber er drückte fest auf seinen roten Kreis.
    Die drei Holzstühle schossen gen Himmel, rotierten um das knisternde, sich bewegende Blitzband, schossen so schnell empor, dass ein Überschallknall über den Meeresboden hallte und der Crawler auf seinen Federn erbebte. Eine Sekunde später, keine Sekunde später waren die drei Stühle außer Sicht verschwunden, während der Faden aus reiner weißer Energie sich verdrehte, wand und krümmte, um den dahinsausenden Lichtpunkten am äquatorialen Orbitalring zu folgen.
     

39
Olymp, Ilium und Olymp
    Der kleine Roboter fasziniert mich, und ich bin versucht, in der großen Halle der Götter zu bleiben und herauszufinden, was hier vorgeht, aber ich traue mich nicht näher heran, weil die Götter mich in diesem riesigen, stillen Raum hören könnten. Das Gespräch zwischen den Göttern und dem Roboter wird mittlerweile auf Altgriechisch geführt – zumindest sprechen die Götter, einschließlich Zeus, die allgemein gebräuchliche Sprache, an die ich mich hier gewöhnt habe –, aber ich bin so weit entfernt, dass ich nur Wortfetzen aufschnappe.
    »… kleine Automaten … Spielzeuge … aus dem großen Binnenmeer … sollten vernichtet werden …«
    Statt mich näher heranzuschleichen, denke ich daran, weshalb ich hier bin – Aphrodites Kamm – und wie wichtig es ist, dass ich zu den Trojanerinnen zurückkehre. Das Schicksal mehrerer hunderttausend Menschen dort unten hängt vielleicht davon ab, was ich als Nächstes tue, deshalb entferne ich mich auf Zehenspitzen von den Göttern und den seltsamen Maschinen und suche meinen Weg durch den langen Seitengang zu der kleinen Suite, wo ich der Göttin der Liebe vor ein paar Tagen zum ersten Mal begegnet bin. Ist das wirklich erst ein paar Tage her? Seitdem ist – gelinde gesagt – einiges geschehen.
    Stimmen – Götterstimmen – hallen aus der Versammlungshalle herüber, und ich schlüpfe in Aphrodites Ferienwohnung.
    Das Herz klopft mir bis in den Hals. Hier ist alles noch genauso, wie ich es in Erinnerung habe – ein fensterloser, nur von ein paar Dreifuß-Kohlenbecken erhellter Raum mit einem Sofa und ein paar weiteren Möbelstücken, darunter einen sanft leuchtenden blauen Bildschirm auf dem Marmorschreibtisch. Damals hatte ich vermutet, dass es eine Art Computerbildschirm war, und jetzt gehe ich hinüber, um ihn mir anzusehen. Es stimmt – das leuchtende blaue Rechteck ist von der Schreibtischplatte getrennt, es steht ein paar Zentimeter über der Marmorfläche in der Luft. Statt eines Microsoft-Windows-Menüs sehe ich jedoch einen einzelnen weißen Kreis, der dort schwebt, als wollte er mich auffordern, ihn zu berühren und den Bildschirm zu aktivieren.
    Ich lasse die Finger davon.
    Mir fällt ein, dass einige persönliche Habseligkeiten Aphrodites auf einem runden Tischchen beim Sofa lagen, aber ich kann nur hoffen, dass ein Kamm dabei ist. Leider nicht. Ich sehe eine silberne Brosche, ein paar silberne Zylinder – göttliche Lippenstifte? – und einen kunstvoll verzierten silbernen Spiegel, der mit der Vorderseite nach unten daliegt, aber keinen Kamm.
    Verdammt. Ich habe keine Ahnung, welches der Anwesen, die auf dem ausladenden grünen Gipfel des Olymps verstreut sind, das von Aphrodite ist, und ich kann ja schließlich keinen der Götter nach dem Weg fragen. Was Helenas Auftrag betrifft, den Kamm mitzubringen, so habe ich gespielt und verloren. Aber es kommt darauf an, ihnen zu zeigen, dass ich zum Olymp und zurück reisen kann, und dabei ist Eile geboten. Ich habe keine Ahnung, wie lange die Trojanerinnen warten werden.
    Ich schnappe mir den Spiegel, ohne ihn mir genau anzusehen, stelle mir den Kellerraum im Athene-Tempel in Ilium vor und drehe das QT-Medaillon.
    Als ich materialisiere, sind dort sieben Frauen statt der fünf, die ich vor ein paar Minuten in dem Kellerraum zurückgelassen habe. Alle Frauen weichen bei meiner Ankunft einen Schritt zurück, aber eine von ihnen kreischt gellend auf und schlägt die Hände vors Gesicht. Trotzdem gelingt es mir noch, einen Blick auf dieses Gesicht zu werfen, und ich erkenne es – dies ist Kassandra, die hübscheste Tochter von König Priamos.
    »Hast du uns den Kamm mitgebracht, Hock-en-bär-iihh, zum Beweis dafür, dass du wie die Götter zum Olymp und wieder zurück zu reisen vermagst?«, fragt Hekabe.
    »Ich hatte keine Zeit, ihn zu suchen«, sage ich. »Dafür habe ich das hier mitgebracht.« Ich gebe den Spiegel der Frau, die

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