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Illettrismus Version Open Doc

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Titel: Illettrismus Version Open Doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: France Carol
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er genervt ins Telefon, ohne zuvor nachgesehen zu haben, wer ihn anrief.
    „Wo bist du denn? Ich warte bereits seit einer halben Stunde auf dich?“, wurde auch Silas grußlos angesprochen. 
    Am anderen Ende war sein Partner Rolf, mit dem er eigentlich zum Essen verabredet gewesen wäre. Ein Blick auf seine Kleidung ließ Silas erkennen, dass er wohl kaum in diesem verknitterten Anzug in dem Nobelschuppen auftauchen konnte, in den ihn Rolf bestellt hatte, was also bedeutete, dass er auch noch Zeit fürs Umziehen aufwenden musste.
    „Ich hatte eine Autopanne und bin gerade in der Werkstatt. Wenn ich hier zügig wegkomme, kann ich in einer Stunde da sein“, erklärte er genervt und kniff automatisch die Augen in Erwartung von Rolfs Schimpftirade zu.
    „Was! Spinnst du? Ich habe den Tisch auf 18.30 Uhr bestellt, da kann ich nicht so einfach anrufen und sagen ‚Sorry, wir kommen später‘. Ich hab die Reservierung bereits vor Wochen gemacht, weil die immer ausgebucht sind. Also, schieb verdammt nochmal gefälligst deinen Hintern sofort hierher, oder du brauchst heute gar nicht mehr vorbeizukommen, ist das klar?“ Die letzten Worte kamen schreiend durchs Telefon, weshalb Silas dieses etwas vom Ohr weghalten musste.
    Tja, Geduld war nicht gerade Rolfs Stärke, hinzu kam, dass er es hasste und sicher auch nicht gewohnt war, versetzt zu werden. Sein Vokabular ließ in Situationen wie dieser sehr zu wünschen übrig und wenn er wütend war, mussten alle in seinem Umfeld darunter leiden.
    „Hör zu, Rolf. Ich kann so nicht kommen. Meine Kleidung wäre alles andere als angemessen. Also, entweder du wartest…“
    „Dann bleib doch wo der Pfeffer wächst. Ich such mir eine andere Begleitung, also brauchst du gar nicht mehr zu kommen“, unterbrach Rolf ihn barsch und unterbrach das Gespräch.
    Seufzend verstaute Silas das Handy wieder in der Hosentasche. Das war ja echt toll! Es war Freitagabend und die Verabredung fürs Wochenende hatte sich gerade in Luft aufgelöst. Denn eines war klar: Wenn Rolf in dieser Stimmung war, brauchte er die nächsten Tage tatsächlich nicht bei ihm aufzukreuzen. Die Diva – als solche bezeichnete er Rolf manchmal insgeheim – brauchte stets einige Zeit, um wieder auf den Boden zurückzukehren.
    „Was ist denn nun?“, unterbrach der Werkstattchef Silas‘ Gedanken.
    „Ich lasse den Wagen hier und will ihn am Montagabend komplett überholt und vor allem fahrtüchtig wiederhaben, verstehen wir uns?“, antwortete Silas verärgert. „Und diese Reparatur bezahle ich auf keinen Fall, sonst lasse ich von einer externen Stelle ein Gutachten über ihre Arbeit machen.“
    Die Drohung schien das Ziel nicht zu verfehlen, denn der andere weitete für einen Augenblick erschrocken die Augen und nickte dann zustimmend. Eigentlich war es nicht Silas‘ Art, Leute so anzufahren, aber das Telefonat mit Rolf und die Wochenendpläne, die nun ins Wasser gefallen waren, hatten ihn zusätzlich zu dem defekten Wagen wütend gemacht.
    Mit einem knappen Gruß verabschiedete er sich und verließ die Werkstatt, um auf das zuvor bestellte Taxi zu warten. Er würde jetzt erst einmal nach Hause fahren und sich dann überlegen, was er mit dem angebrochenen Abend anfangen sollte.
     
    Stunden später stand er in einer dunklen Ecke des Gayclubs und sichtete das Angebot der Tops. Er hatte keine Lust das Wochenende unbefriedigt hinter sich zu bringen, nur weil Rolf wieder einmal eine seiner Launen hatte. Sie beide unterhielten eine offene Beziehung, was in Silas‘ Bekanntenkreis oft kopfschüttelnd quittiert wurde, doch weder für Rolf noch für ihn stellte es ein Problem dar, wenn sich einer von ihnen anderweitig amüsierte.
    Natürlich wurde ihnen unterstellt, dass ihre Verbindung mit Liebe wenig zu tun haben konnte, wenn es beiden nichts ausmachte, dass der Partner mit anderen Kerlen fickte, doch weder Rolf noch ihn störte das.
    Tatsächlich glaubte Silas nicht an die allumfassende Liebe, von der in Romanen oder Filmen der Hollywood-Traumfabrik erzählt wurde. Nein, für ihn war Rolf lediglich ein Lebensabschnittsgefährte, der nun schon seit etwas mehr als einem halben Jahr mit ihm zusammen war. Wie lange dieser Lebensabschnitt dauern würde, wusste Silas nicht, aber der Sex mit Rolf war befriedigend, und die gemeinsam verbrachte Zeit war amüsant, aufregend und angenehm. Letzteres bestimmt auch deshalb, weil sein Partner als Sohn aus gutem

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