Illuminati
als Rauschen. Entweder befand er sich außer Reichweite, oder das Gerät benötigte einen Kode. Langdon spielte an den komplizierten Kontrollen und drückte wahllos einige Knöpfe, bevor er resignierend einsah, dass sein Plan, Hilfe zu rufen, nicht ohne weiteres funktionieren würde. Er wirbelte um die eigene Achse auf der Suche nach einem öffentlichen Telefon. Keins in Sicht. Außerdem, so fiel ihm ein, waren die Leitungen zum Vatikan überlastet.
Er war auf sich allein gestellt.
Seine anfängliche Zuversicht schwand. Langdon blieb einen Augenblick stehen, und sein erbärmlicher Zustand wurde ihm bewusst – bedeckt von Knochenstaub, eine Schnittwunde an der Hand, zu Tode erschöpft und hungrig. Er blickte zur Kirche. Rauch stieg über der Kuppel auf, erhellt von den Scheinwerfern der Medien und der Löschzüge. Er überlegte, ob er zurückgehen und um Hilfe bitten sollte, doch sein Instinkt warnte ihn, dass zusätzliche Hände, die nicht wussten, womit sie es zu tun hatten, eher eine Belastung als eine Hilfe darstellten. Wenn der Assassine uns kommen sieht… Er dachte an Vittoria und wusste, dass es seine letzte Chance war, ihren Entführer zu stellen.
Piazza Navona, dachte er. Er würde rechtzeitig genug dort sein, um die Piazza zu erkunden. Er suchte nach einem Taxi, doch die Straßen lagen verlassen. Selbst die Taxifahrer hatten, wie es schien, auf der Suche nach einem Fernseher alles stehen und liegen lassen. Die Piazza Navona lag nicht mehr als anderthalb Kilometer entfernt, doch Langdon beabsichtigte nicht, kostbare Zeit für einen Fußmarsch zu verschwenden. Er schaute nachdenklich zur Kirche und fragte sich, ob es möglich war, sich von jemandem ein Fahrzeug auszuleihen.
Einen Löschzug vielleicht? Einen Übertragungswagen? Bleib vernünftig!
Er spürte, wie ihm die Zeit unter den Händen verrann und seine Möglichkeiten schwanden, und traf eine Entsche idung. Er riss die Pistole aus der Jacke und tat etwas für ihn vollkommen Ungewöhnliches: Er rannte zu einem einsamen Citroen, der vor einer Ampel wartete, und richtete die Waffe durch das offene Seitenfenster auf den Fahrer. »Fuori!«, rief er.
Der Mann stieg zitternd aus.
Langdon warf sich in den Sitz und trat aufs Gas.
101.
Grunther Glick saß auf einer Bank in einer Zelle in der Kaserne der Schweizergarde. Er betete zu jedem Gott, den er kannte. Bitte, lass es keinen Traum sein! Es war der Volltreffer seines Lebens. Jeder Reporter der Welt wünschte sich an den Ort, an dem Günther nun war. Du bist wach, sagte er sich. Und du bist ein Star!
Chinita saß neben ihm. Auch sie wirkte wie betäubt. Günther konnte es ihr nicht verdenken. Nicht nur, dass sie beide exklusiv die Ansprache des Camerlengos übertragen hatten sie und Günther hatten der Welt furchtbare Bilder von den ermordeten Kardinalen und dem Papst geliefert – diese Zunge! – sowie ein Videobild vom Antimateriebehälter und dem laufenden Countdown. Unfassbar!
Selbstverständlich war das alles auf Geheiß des Camerlengos geschehen, also war es nicht der Grund dafür, dass Günther und Chinita nun in einer Zelle in der Kaserne der Schweizergarde eingeschlossen waren. Der Grund war Günthers wagemutiger Nachtrag zu ihrer Berichterstattung, an dem die Gardisten Anstoß genommen hatten. Günther wusste, dass die Konversation, die er soeben aufgenommen hatte, nicht für seine Ohren bestimmt gewesen war, doch das hier war sein Tag. Noch ein Knaller von Günther Glick!
»Der Samariter der elften Stunde?« Chinita stöhnte neben ihm auf der Bank. Sie war alles andere als beeindruckt.
Günther grinste. »Brillant, was?«
»Brillant dumm.«
Sie ist nur eifersüchtig, dachte Glick. Kurz nach der Ansprache des Camerlengos war Günther erneut – diesmal durch Zufall – zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Er hatte gehört, wie Hauptmann Rocher seinen Leuten neue Befehle erteilt hatte. Offensichtlich hatte ein mysteriöser Unbekannter angerufen, von dem Rocher behauptete, dass er bedeutsame Informationen zur gegenwärtigen Krise besitze. Es schien so, als könnte dieser Mann helfen, und Rocher hatte seine Gardisten angewiesen, alles für die Ankunft des geheimnisvollen Unbekannten vorzubereiten.
Obwohl die Informationen zweifellos vertraulich waren, hatte Günther reagiert, wie es jeder leidenschaftliche Reporter getan hätte – ohne Spur von Ehrgefühl. Er hatte eine dunkle Ecke aufgesucht, Chinita befohlen, ihre Kamera einzuschalten, und die Nachricht
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