Im Anhang mein Herz
würde ich Sinn in den kommenden Wochen vermuten.
Weiter will ich nicht denken.
Es ist so: Ich bin nicht fähig, etwas Intelligentes zu Hause zu tun. Das hat mit der Depression zu tun, vermute ich stark.
Ich sage das nicht etwa, damit du kommst und mir hilfst.
Du denkst, es sei nur ein Trick von mir. Es kann ja wirklich sein, dass es der Fall ist: Dass ich die Depression bekomme, damit du mir eher hilfst.
Das kann ich aber nicht beeinflussen oder abstellen.
Ich sehe keine Schwierigkeit darin, etwas zu machen, aufzuräumen, zu lesen, etwas Lockeres endlich festzuschrauben, einen vernünftigen Tagesrhythmus zu pflegen, Sachen ihrer Bestimmung gemäß zu verwenden, einen Film aufzunehmen, nützliche Programme am PC einzuspielen und Rechnungen zu bezahlen. Theoretisch ist beinahe ein jeder Vorgang für sich eine Sache von nur fünf Minuten.
Ich kann es nur einfach nicht tun. Es ist wie verhext.
Jetzt habe ich wenigstens das Geschirr, das seit zwei Wochen herumsteht, in dieses Gerät geräumt und die Wäsche in die Waschmaschine. Mit riesengroßer Überwindung.
Wer weiß, welche Krankheit bei mir gerade beginnt. Vielleicht ist sie schlimmer als eine bald vorübergehende Depression.
Tu es bitte nicht als Faulheit ab.
Warum ich das im Büro mache, was ich tun muss? Da steht die Angst dahinter, kein Geld mehr zu bekommen und dann bald aus meiner Wohnung ausziehen zu müssen. Was ich nie wieder tun will: Übersiedeln.
Die einzige Ausnahme müs ste schon mit dir zu tun haben.
Alles freie Geld werde ich auf den Kredit einzahlen. Je weniger Kredit bleibt, desto besser stehe ich da im Hinblick auf eine kommende Berufsunfähigkeit.
So weit kann es durchaus kommen. Ich halte das nicht für extrem unwahrscheinlich, da es zu Hause schon anfängt, dass ich unfähig bin.
Zum wievielten Mal weiß ich nicht, dass ich mich entschuldige, dass ich dir wieder nichts Lustiges geschriebe n habe.
Wie schön könnte alles sein, da es doch auch nette Leute gibt, die du und ich kennen . Wenn nicht dieser Kummer wäre, der mir keine Chance lässt, etwas schön zu finden.
Mehr schreibe ich dir heute n icht. Ich überbeanspruche dich.
Bitte erhol dich gut, auch morgen.
Unerwünschte Küsse, ich sollte sie lassen.
Warum b eschwerst du dich nicht darüber?
Artur
Dienstag, 7. Dezember, 17.37
Betreff:
Liebe Marlene. Es tut mir leid, dass ich doch noch etwas schreibe.
Das Buch, das du mir geliehen hast, ist wirk lich nichts für mich. Ich lese es nicht weiter.
Der vom anderen Menschen geliebte Mensch blüht auf.
Prima für ihn.
Und wegen deines Besuchs: In den Weihnachtsferien wäre es für mich viel zu spät. Ha st du nicht früher einmal Zeit?
Ich kann dir auch versprechen, dass an diesem Tag nichts sein wird, was dich stören könnte, sondern, es wird nur um den Computer gehen und dass du überhaupt einmal herkommst, was ich – trotz enger Verbundenheit , deine Worte, – für ein Wunder halten würde.
Z udem du für so vieles andere, natürlich viel Wichtigeres, genügend Zeit hast. Aber du kannst schließlich nicht jedermann besuchen.
Es stimmt doch, was in deinem Buch steht: Der ungeliebte Mensch benimmt sich böse. Nichts leichter als das.
Artur
Donnerstag, 9. Dezember, 10.02
Betreff: Liebe Marlene,
hast du meine Mail von heute früh erhalten? Ich hatte Schwierigkeiten zu Hause mit dem Senden und auch beim Empfangen.
Jetzt mache ich mir Sorgen. Hoffentlich hast du nichts Wichtiges gesandt, wann du kommst oder so.
Hier im Büro ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Es wird darum gestritten, ob das Fenster auf oder zu sein soll. Jemand telefoniert stundenlang sehr laut privat. Die Rollo ist kaputt, sodass zu viel Licht auf meinem Bildschirm ist und ich Kopfweh davon gekriegt habe.
A.
Donnerstag, 9. Dezember, 10.39
Betreff: Ja
die Arbeit kommt au ch noch dazu. Momentan zu viel.
Schön ist es auch für mich, von dir etwas zu lesen, danke. Bei mir war es so, ich hatte nur einen kleinen Kreis und eine Lok von der Kleinbahn. Hatte ich von der Oma bekommen.
Ich gehe heute nicht essen, damit alles fertig wird.
Erna hat mir zwei Mails ge schickt. Aber ich ignoriere sie heute wieder einmal. Bald wird sie mir soundso über den Weg laufen.
Artur
Donnerstag, 9. Dezember, 12.40
Betreff: Erna
Gerade habe ich sie am Gang getroffen, sie sagte: Ich entschuldige mich für Montag.
Ich sagte: Ist schon klar.
Komisch, jetzt bin ich ihr überhaupt nicht mehr böse.
Also bis sechzehn Uhr. Und ich freue mich schon auf
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