Im Anhang mein Herz
verhindern.
Wenn dir ein betrunkener Obdachloser entgegenkommt, denke ich heute: Das könnte genauso gut ich sein.
Auch dieser Mann hat nicht vermutet, so zu enden. Er hatte seine Träume und Ideale. Er hatte wie du seinen ersten Schultag, spielte, freute sich auf seine erste Verabredung. Er war ahnungslos. Er verlor.
S onntag, 11. Dezember, 10.54, zu Hause
Von Grieg höre ich gern In der Halle des Bergkönigs aus Peer Gynt.
10.58
Nun ja. Ich betrachte es als meine Pflicht, mich zu freuen, wenn meine Töchter mich einladen. Also werde ich mich freuen.
11.09
Du hattest es mir erzählt im Zusammenhang mit dem Vergleich der idealen Ehe und der realistischen Ehe, bei der man trotz Fehler zusammenhält, dass ihr Krisen hattet.
Als Ehekrise kann man meine Zuneigung zu dir aber nicht bezeichnen. Eine Krise wäre es dann gewesen, wenn du meine Liebe erwidert hättest. Umso mehr, wenn gleichzeitig das Gefühl für deinen Mann abgenommen hätte. Das war und ist ja zum Glück keineswegs der Fall. Daher bin ich nicht bedrohlich für deine Ehe.
18.03
Lustig, auf die Idee, mir den Wert von Menschen vor Gott zu überlegen, bin ich nie gekommen. Es ging mir nur darum, ob sie für mich wichtig genug sind, oder ob ich mit ihnen nur meine Zeit verschwende und mich lieber anderen Personen zuwende, was ja eine Wertung durch mich voraussetzt, ob bewusst oder unbewusst.
Dass vor Gott jemand nicht wertvoll sei, spräche ja gegen die Definition Gottes. Er hat eben so viel Ressourcen, Zeit und Gefühle, dass er alle Menschen gleich lieben kann. Wir Menschen haben im Gegensatz dazu nur endlich viel von allem zur Verfügung und können daher wahrscheinlich sogar nur einen einzigen Menschen ganz besonders lieben.
Aber, wie gesagt, ich überlege wirklich keine Sekunde, wie ich als Gott über die Menschen zu befinden hätte. So ein absurder Gedanke.
Ich wünsche dir eine gute Nacht.
Und mir wünsche ich, dass ich dich bald begleiten darf und du so großzügig bist, dich nicht darüber zu ärgern. Vielleicht kann ich dir auch schon den Prospekt geben.
Der Besuch heute Nachmittag war wieder anstrengend.
Danach habe ich eine halbe Stunde geschlafen.
Jetzt geht es wieder. Muss ja.
Zärtliche Küsse,
Artur
18.56
Jetzt brennen drei Kerzen und ich schreibe gerade zwölf Weihnachtskarten bei der Musik zu den vier Elementen .
An mehr Leute habe ich nicht zu schreiben.
19.53
Der Liebe Gott liebt alle. Auch die Sadisten, die ihre Kinder mit brennenden Zigaretten traktieren, Adolf Hitler, Josef Stalin, alle Frauenmörder und alle, die kein Mensch braucht.
20.50
Warum hassen wir Adolf Hitler, wenn ihn Gott doch liebt? Du hast einmal gesagt, du würdest für meine Oma beten. Sie habe es nötig. Adolf Hitler hat es doch viel nötiger, oder nicht?
22.38
Da bin ich anderer Meinung. Diese Angelegenheiten gehören auf internationaler Ebene behandelt, finde ich. Strahlender Atommüll kennt keine politischen Grenzen.
22.42
Wofür leistet jemand mehr, wenn er dann erst so viel mehr Steuer zahlen muss. Zur Bestrafung seiner Leistung.
Montag, 12. Dezember, 9.18
Betreff: Sonne!
Liebste Marlenelein!
Danke, ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen und einen erfolgreichen Tag.
Es ist herrliche Sonne.
Und wenn du am Nachmittag wieder im Büro bist, dann frage ich dich, ob ich mitfahren darf.
Und wenn nicht heute, dann morgen.
Und wenn nicht morgen, dann sehe ich dich am Donnerstag!
Später sende ich dir noch etwas. Ja, die vorige Mail war doppelt geforwardet, hast recht.
Mein Boss verwirrte mich mit seinem bösen Blick. Ich bin derzeit sowieso leicht zu verwirren. Da kann er gar nichts dafür, muss ich gerechterweise sagen.
Man bemüht sich.
Artur
PS Man bemüht sich sehr!
Montag, 12. Dezember, 17.17
Betreff: PC
Ich habe jetzt endlich den Prospekt und eine Preisliste für dich. Man kann sich die Kosten der Zusammenstellung nun leicht ausrechnen. Anbei ist auch unsere Liste.
Artur
Montag, 12. Dezember, 18.42, zu Hause
Gute Nacht, Liebling!
18.43
Eine Benachrichtigung ist gekommen. Das Paket hat Dreikommafünf Kilogramm.
Artur
18.55
Dann werde ich dich ja vorher sehen können!
19.03
Woher wollen denn sie das wissen? Theologie ist eine Wissenschaft, schön und gut, aber das heißt doch nicht, dass diese Leute den Gott schnell mal fragen Hm, wie haben Sie das gemeint?
Die lesen doch aus Geschichten, die mal ein Märchenerzähler erfunden hat, heraus, was sie wollen.
In sich konsistent muss ihr
Weitere Kostenlose Bücher