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Im Anhang mein Herz

Im Anhang mein Herz

Titel: Im Anhang mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Schön
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erste Mal Schluss gemacht habe und unsere ersten Briefe und Mails weggeworfen habe? Marlene, gute Nacht.

    Donnerstag 8. Dezember, 11.04, zu Hause
    Was wirst du wohl heute tun?
    Ich werde um eins zum Spital fahren. Bis dahin die Wohnung aufräumen. Nach dem Spital vielleicht auf einen Weihnachtsmarkt schauen. Am Abend dir schreiben.
    Lass es dir gut gehen, Marlene!
    Viele Küsse
    Artur

    11.18
    Du meinst also, ausreichend Überblick zu haben, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
    Aber sehen wir nicht nur einen kleinen Ausschnitt der Welt?
    Wir werten den ganzen Tag lang, handeln unser ganzes Leben nach subjektiven Wertungen und setzen mit Handlungen Ungerechtigkeiten in die Welt.
    Das muss so sein. Es geht nicht anders. Weil wir nur Menschen sind.
    Liebe Grüße,
    Artur
    PS Leider ruft die Wohnung nach mir. Die Schmutzwäsche von drei Wochen, das Geschirr von drei Wochen. Peinlich, ich weiß.

    11.31
    Ich habe deine Mail, danke! Wir haben wieder um genau dieselbe Uhrzeit geschrieben.

    18.34
    Zwar wollte ich deine letzten Mails beantworten und hatte mir noch vieles andere zu schreiben vorgenommen, aber nach dem Besuch, der bedrückend war, kann ich es nicht. Wie lange das noch so weitergehen soll. Ich hoffe, nicht mehr lange.
    Bitte ruf mich nicht an. Nach dem Schlafen wird es wieder besser sein.
    Friedliche Grüße. Gute Nacht.
    Artur
    PS Ich habe mich so gefreut, dass du dich auch noch erinnerst.

    23.00
    Wie ich darauf komme? Bitte, gerne. Nun, ich kenne die Frauen, glaube ich, ziemlich gut. Es war ganz einfach also. Dass du trotzdem eine gute Ehe zu führen vermagst, will ich ja nicht abstreiten, aber du siehst dich auch nach anderen Männern um. So ist das eben.
    Als dein jetziges Projekt begonnen hatte, warst du plötzlich ganz anders. Du sagtest, jetzt würde es dir nichts mehr ausmachen, Schluss mit mir zu machen. Kurze Zeit später hast du von ihm erzählt. Da er mich nicht interessiert hat, habe ich zunächst nicht so aufgepasst und kann mich daher nicht mehr so genau erinnern, was es war. Ich will es auch gar nicht wissen.
    Als du dann aus dem Urlaub zurück gekommen bist und auf mich einen völlig unerwarteten, ganz anderen Eindruck gemacht hast, wie es sonst nach keinem Urlaub war – du hattest dich aufgeregt, dass ich eine Mail von der Rückkunft erwartet hatte, so wie du es sonst immer gemacht hast, einmal sogar am Anrufbeantworter, das soll ja jetzt kein Vorwurf sein, ich versuche nur zu erklären, weil du mich gefragt hast –, da überlegte ich: Was kann denn wohl der Grund für diese Veränderung sein? Dann kam mir in den Sinn, dass im Allgemeinen, und warum sollte es also gerade bei dir anders sein, ein anderer Mann dahintersteckt. Und da man von jemandem, der einen beschäftigt, öfter spricht als von anderen Leuten, brauchte ich ja nur aufzupassen, um zu erfahren, wer es ist.
    Du hast aber recht, ich sollte es nicht ernst nehmen. Genauso gut könnte ich mich über das Brausen eines Wasserfalls ärgern oder darüber, wie schnell die Zeit vergeht. So ist die Welt eben.

    23.58
    Im Klub hat man meinen Text völlig verdreht. Jetzt ist es absolut nicht mehr meiner. Mir fällt dazu nur schwachsinnig ein. Das nächste Mal können sie sich die Ankündigungen selbst schreiben.
    Morgen muss ich auf die Bank. Ein Kredit ist endlich ausbezahlt. So bekomme ich ein Sparbuch frei.
    Freitag, 9. Dezember, 4.16, zu Hause
    Danke für deine Mühe!
    Nein, ich ärgere mich nicht mehr.

    5.34
    Was ich nicht verstehe, ist, dass diesem Lästermaul das Thema nicht zu langweilig wird. Es muss irgendein persönlicher Hass gegen den Klub dahinterstecken. Ich lösche seine Mails ab jetzt ungelesen.

    10.29
    Das Problem ist, dass ich mich viel zu sehr mit Oma identifiziere. Sodass die Erlebnisse gestern besonders schrecklich waren. Ich musste in einer Lade mit Gebissteilen wühlen, die von zum Teil bereits verstorbenen Patienten und Patientinnen stammten, um Omas verlorenes Gebiss wieder zu finden, von dem ich ja nicht wusste, wodurch es sich von den anderen unterschied. Es wurde mir wirklich schlecht davon. Ich übertreibe nicht. Einem Zahnarzt würde das sicher leichter fallen.
    Als ich in der Nacht aufwachte, war ich Oma, die nicht in die Grube hinunter will. Das erzählte sie mir beim letzten Mal. Und dass ihr Gebetbuch nicht gut genug sei, weil die Gebete anders aussehen würden, als sie diese in Erinnerung habe. Niemand will, dass ich die richtigen Gebete habe, beklagte sie sich.
    Ich habe angerufen bei der

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